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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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I. Land- und Forstwirthschaft.
besten Shibu liefert, insbesondere, wenn dazu die kleinen Früchte des
Shinano-gaki (Diospyros Lotus L.) verwendet werden.

Durch nochmaliges Einweichen des Rückstandes und Auspressen des-
selben erhält man eine zweite Qualität. Der milchige Saft färbt sich an der
Luft bald dunkler und überzieht sich an der Oberfläche mit einer dünnen
Haut. Wie Shibu in den Handel kommt, stellt er eine hell- oder dunkel-
graue Flüssigkeit dar, in welcher kleine, feste Partikel in grosser Menge
suspendiert sind. Dieselbe zeigt gegen Lackmuspapier saure Reaction
und gibt mit Gelatinlösung reichliche Mengen des bekannten, flockigen
Präcipitats der Gerbsäure. Ihr Geruch ist eigenartig unangenehm.

Diese Flüssigkeit findet zahlreiche Verwendungen. Sie stärkt
Holz, Papier, Fischnetze und andere Gegenstände und macht sie
widerstandsfähiger gegen mancherlei schädliche Einflüsse. In einer
Probe Shibu, welche Ishikawa untersuchte, befanden sich 64,6 Gramm
per Liter feste Bestandtheile, davon mehr als die Hälfte Tannin.

Papier, welches mit Shibu getränkt wurde, erhält dadurch andere
Eigenschaften, als bei Anwendung sonstiger Gerbstoffe. Die Wirkung
(grössere Festigkeit, dunkle Farbe) ist daher nicht etwaigem Vor-
handensein von Albumin und der Bildung einer Art Leder zuzu-
schreiben. Während der Versuche wurden nämlich folgende That-
sachen constatiert, welche eine Erklärung andeuten:

1) Shibu schwärzt sich nur, wenn er in Berührung mit der Luft
kommt, und verhält sich demnach in dieser Beziehung, wie japa-
nischer Lack.

2) In flachen Gefässen der Luft ausgesetzt, bildet sich eine zähe
Haut darüber, welche in Wasser und Alkohol fast ganz unlöslich ist.

3) Wird die erste Haut beseitigt, so bildet sich eine neue, doch
viel langsamer und schwächer, und so fort.

4) Von der suspendierten Substanz sinken die gröberen Theile zu
Boden, die andern bleiben in der Lösung vertheilt. Sie stellen demnach
wahrscheinlich eine Art Gummi resinae dar, dem auch die Bildung der
Haut und die dunkelbraune Farbe zuzuschreiben ist, welche mit Shibu
behandelte Gegenstände immer annehmen und die auf einer Oxydation
des Gummi zu beruhen scheint. Der unangenehme Geruch des Shibu
rührt dagegen wohl grösstentheils von Buttersäure her.

Zum Schlusse mögen den vorstehenden Notizen über japanische
Farbstoffe noch einige Bemerkungen über die Verwendung des
Saflors,
sowie über sonstige Kunstgriffe beim Färben folgen.

Von den zwei Farben, welche die getrockneten und in kleine
Kuchen gepressten Kronenblätter der Saflorblüthen enthalten, wird die
gelbe nicht verwendet, die rothe aber wegen ihrer Schönheit und der

I. Land- und Forstwirthschaft.
besten Shibu liefert, insbesondere, wenn dazu die kleinen Früchte des
Shinano-gaki (Diospyros Lotus L.) verwendet werden.

Durch nochmaliges Einweichen des Rückstandes und Auspressen des-
selben erhält man eine zweite Qualität. Der milchige Saft färbt sich an der
Luft bald dunkler und überzieht sich an der Oberfläche mit einer dünnen
Haut. Wie Shibu in den Handel kommt, stellt er eine hell- oder dunkel-
graue Flüssigkeit dar, in welcher kleine, feste Partikel in grosser Menge
suspendiert sind. Dieselbe zeigt gegen Lackmuspapier saure Reaction
und gibt mit Gelatinlösung reichliche Mengen des bekannten, flockigen
Präcipitats der Gerbsäure. Ihr Geruch ist eigenartig unangenehm.

Diese Flüssigkeit findet zahlreiche Verwendungen. Sie stärkt
Holz, Papier, Fischnetze und andere Gegenstände und macht sie
widerstandsfähiger gegen mancherlei schädliche Einflüsse. In einer
Probe Shibu, welche Ishikawa untersuchte, befanden sich 64,6 Gramm
per Liter feste Bestandtheile, davon mehr als die Hälfte Tannin.

Papier, welches mit Shibu getränkt wurde, erhält dadurch andere
Eigenschaften, als bei Anwendung sonstiger Gerbstoffe. Die Wirkung
(grössere Festigkeit, dunkle Farbe) ist daher nicht etwaigem Vor-
handensein von Albumin und der Bildung einer Art Leder zuzu-
schreiben. Während der Versuche wurden nämlich folgende That-
sachen constatiert, welche eine Erklärung andeuten:

1) Shibu schwärzt sich nur, wenn er in Berührung mit der Luft
kommt, und verhält sich demnach in dieser Beziehung, wie japa-
nischer Lack.

2) In flachen Gefässen der Luft ausgesetzt, bildet sich eine zähe
Haut darüber, welche in Wasser und Alkohol fast ganz unlöslich ist.

3) Wird die erste Haut beseitigt, so bildet sich eine neue, doch
viel langsamer und schwächer, und so fort.

4) Von der suspendierten Substanz sinken die gröberen Theile zu
Boden, die andern bleiben in der Lösung vertheilt. Sie stellen demnach
wahrscheinlich eine Art Gummi resinae dar, dem auch die Bildung der
Haut und die dunkelbraune Farbe zuzuschreiben ist, welche mit Shibu
behandelte Gegenstände immer annehmen und die auf einer Oxydation
des Gummi zu beruhen scheint. Der unangenehme Geruch des Shibu
rührt dagegen wohl grösstentheils von Buttersäure her.

Zum Schlusse mögen den vorstehenden Notizen über japanische
Farbstoffe noch einige Bemerkungen über die Verwendung des
Saflors,
sowie über sonstige Kunstgriffe beim Färben folgen.

Von den zwei Farben, welche die getrockneten und in kleine
Kuchen gepressten Kronenblätter der Saflorblüthen enthalten, wird die
gelbe nicht verwendet, die rothe aber wegen ihrer Schönheit und der

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[214/0236] I. Land- und Forstwirthschaft. besten Shibu liefert, insbesondere, wenn dazu die kleinen Früchte des Shinano-gaki (Diospyros Lotus L.) verwendet werden. Durch nochmaliges Einweichen des Rückstandes und Auspressen des- selben erhält man eine zweite Qualität. Der milchige Saft färbt sich an der Luft bald dunkler und überzieht sich an der Oberfläche mit einer dünnen Haut. Wie Shibu in den Handel kommt, stellt er eine hell- oder dunkel- graue Flüssigkeit dar, in welcher kleine, feste Partikel in grosser Menge suspendiert sind. Dieselbe zeigt gegen Lackmuspapier saure Reaction und gibt mit Gelatinlösung reichliche Mengen des bekannten, flockigen Präcipitats der Gerbsäure. Ihr Geruch ist eigenartig unangenehm. Diese Flüssigkeit findet zahlreiche Verwendungen. Sie stärkt Holz, Papier, Fischnetze und andere Gegenstände und macht sie widerstandsfähiger gegen mancherlei schädliche Einflüsse. In einer Probe Shibu, welche Ishikawa untersuchte, befanden sich 64,6 Gramm per Liter feste Bestandtheile, davon mehr als die Hälfte Tannin. Papier, welches mit Shibu getränkt wurde, erhält dadurch andere Eigenschaften, als bei Anwendung sonstiger Gerbstoffe. Die Wirkung (grössere Festigkeit, dunkle Farbe) ist daher nicht etwaigem Vor- handensein von Albumin und der Bildung einer Art Leder zuzu- schreiben. Während der Versuche wurden nämlich folgende That- sachen constatiert, welche eine Erklärung andeuten: 1) Shibu schwärzt sich nur, wenn er in Berührung mit der Luft kommt, und verhält sich demnach in dieser Beziehung, wie japa- nischer Lack. 2) In flachen Gefässen der Luft ausgesetzt, bildet sich eine zähe Haut darüber, welche in Wasser und Alkohol fast ganz unlöslich ist. 3) Wird die erste Haut beseitigt, so bildet sich eine neue, doch viel langsamer und schwächer, und so fort. 4) Von der suspendierten Substanz sinken die gröberen Theile zu Boden, die andern bleiben in der Lösung vertheilt. Sie stellen demnach wahrscheinlich eine Art Gummi resinae dar, dem auch die Bildung der Haut und die dunkelbraune Farbe zuzuschreiben ist, welche mit Shibu behandelte Gegenstände immer annehmen und die auf einer Oxydation des Gummi zu beruhen scheint. Der unangenehme Geruch des Shibu rührt dagegen wohl grösstentheils von Buttersäure her. Zum Schlusse mögen den vorstehenden Notizen über japanische Farbstoffe noch einige Bemerkungen über die Verwendung des Saflors, sowie über sonstige Kunstgriffe beim Färben folgen. Von den zwei Farben, welche die getrockneten und in kleine Kuchen gepressten Kronenblätter der Saflorblüthen enthalten, wird die gelbe nicht verwendet, die rothe aber wegen ihrer Schönheit und der

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/236>, abgerufen am 24.11.2024.