im September nach reichen Niederschlägen der Sommer zu Ende ist, die Ernte der meisten. Eine verhältnissmässig hohe Temperatur, leichte Winde, hoher Feuchtigkeitsgehalt der Luft und häufige Regen, die jedoch ein- oder mehrmals mit wochenlanger Trockenheit abwechseln, charakterisieren den japanischen Sommer.
Der October als hervorragender Erntemonat ist im ganzen trocken und heiter. Das Wasser der schweren Septemberregen hat sich all- mählich wieder verlaufen; aber über den höchsten Berggipfeln haben die Niederschläge bereits eine feste Gestalt angenommen und verkünden die weissen Hauben, wie viele sonstige Erscheinungen in der Natur, den nahen Winter. Bäume und Sträucher in Gärten, Hainen und Wäldern zeigen zum grossen Theil ihre prächtigen Herbstkleider, eine bewundernswerthe Verschiedenheit der Farben von dem tiefsten glän- zendsten dunkelgrün der immergrünen Arten durch alle Abstufungen von mattgrün, weiss, gelb, roth und braun der blattwechselnden. Kälter werden die Nächte, bis gegen Ende des Monats mit den ersten Nachtfrösten der Uebergang rasch beendet und die Winterruhe in Wald und Feld eingekehrt ist. Die meisten Holzgewächse sind von nun ab, wenigstens im mittleren und nördlichen Japan, monatelang entblättert: der Rasen aber erscheint viel fahler und abgestorbener als bei uns.
Wie in ganz Ostasien, so ist auch in Japan der Winter die trocknere Jahreszeit, in welcher meist heiterer Himmel, hohe Baro- meterstände und niedrige Temperaturen, letztere besonders Nachts, vorherrschen, namentlich wenn der Nordmonsun mehrere Tage lang mit besonderer Stärke weht. An solchen Tagen (im Januar und Februar) treten ausnahmsweise auch in Japan jene Staubstürme ein, welche den Winter in China so unangenehm machen. Die poröse, leichte Ackerkrume wird empor gewirbelt, die Sonne verliert ihren Glanz und die Winterfrucht auf dem Felde ihren festen Halt. Dabei sinkt das Thermometer in Tokio wohl auf -- 9°C. bis -- 10°C. während der Nacht, und nähert sich selbst am Tage dem Gefrierpunkt. Nacht- fröste treten hier vom November bis März auf und beträgt die mittlere Temperatur während dieses fünf Monate langen Winters nur 5,5°C. Es ergibt sich hieraus, dass dieselbe während dieser Zeit, obgleich sie keine besonders hohen Kältegrade aufweist, doch viel zu niedrig ist, um den Pflanzenwuchs zu fördern, und dass dem entsprechend die Feldfrüchte eine lange Ruhezeit durchmachen. Die mittlere Tem- peratur vom April bis October ist 20°C. und während der vier heissesten Monate Juni bis September 23,5°C. Die höchste Tages- hitze von 34--35°C. stellt sich Ende Juli oder Anfang August ein, ist aber von keiner langen Dauer.
I. Land- und Forstwirthschaft.
im September nach reichen Niederschlägen der Sommer zu Ende ist, die Ernte der meisten. Eine verhältnissmässig hohe Temperatur, leichte Winde, hoher Feuchtigkeitsgehalt der Luft und häufige Regen, die jedoch ein- oder mehrmals mit wochenlanger Trockenheit abwechseln, charakterisieren den japanischen Sommer.
Der October als hervorragender Erntemonat ist im ganzen trocken und heiter. Das Wasser der schweren Septemberregen hat sich all- mählich wieder verlaufen; aber über den höchsten Berggipfeln haben die Niederschläge bereits eine feste Gestalt angenommen und verkünden die weissen Hauben, wie viele sonstige Erscheinungen in der Natur, den nahen Winter. Bäume und Sträucher in Gärten, Hainen und Wäldern zeigen zum grossen Theil ihre prächtigen Herbstkleider, eine bewundernswerthe Verschiedenheit der Farben von dem tiefsten glän- zendsten dunkelgrün der immergrünen Arten durch alle Abstufungen von mattgrün, weiss, gelb, roth und braun der blattwechselnden. Kälter werden die Nächte, bis gegen Ende des Monats mit den ersten Nachtfrösten der Uebergang rasch beendet und die Winterruhe in Wald und Feld eingekehrt ist. Die meisten Holzgewächse sind von nun ab, wenigstens im mittleren und nördlichen Japan, monatelang entblättert: der Rasen aber erscheint viel fahler und abgestorbener als bei uns.
Wie in ganz Ostasien, so ist auch in Japan der Winter die trocknere Jahreszeit, in welcher meist heiterer Himmel, hohe Baro- meterstände und niedrige Temperaturen, letztere besonders Nachts, vorherrschen, namentlich wenn der Nordmonsun mehrere Tage lang mit besonderer Stärke weht. An solchen Tagen (im Januar und Februar) treten ausnahmsweise auch in Japan jene Staubstürme ein, welche den Winter in China so unangenehm machen. Die poröse, leichte Ackerkrume wird empor gewirbelt, die Sonne verliert ihren Glanz und die Winterfrucht auf dem Felde ihren festen Halt. Dabei sinkt das Thermometer in Tôkio wohl auf — 9°C. bis — 10°C. während der Nacht, und nähert sich selbst am Tage dem Gefrierpunkt. Nacht- fröste treten hier vom November bis März auf und beträgt die mittlere Temperatur während dieses fünf Monate langen Winters nur 5,5°C. Es ergibt sich hieraus, dass dieselbe während dieser Zeit, obgleich sie keine besonders hohen Kältegrade aufweist, doch viel zu niedrig ist, um den Pflanzenwuchs zu fördern, und dass dem entsprechend die Feldfrüchte eine lange Ruhezeit durchmachen. Die mittlere Tem- peratur vom April bis October ist 20°C. und während der vier heissesten Monate Juni bis September 23,5°C. Die höchste Tages- hitze von 34—35°C. stellt sich Ende Juli oder Anfang August ein, ist aber von keiner langen Dauer.
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[14/0034]
I. Land- und Forstwirthschaft.
im September nach reichen Niederschlägen der Sommer zu Ende ist,
die Ernte der meisten. Eine verhältnissmässig hohe Temperatur,
leichte Winde, hoher Feuchtigkeitsgehalt der Luft und häufige Regen,
die jedoch ein- oder mehrmals mit wochenlanger Trockenheit abwechseln,
charakterisieren den japanischen Sommer.
Der October als hervorragender Erntemonat ist im ganzen trocken
und heiter. Das Wasser der schweren Septemberregen hat sich all-
mählich wieder verlaufen; aber über den höchsten Berggipfeln haben
die Niederschläge bereits eine feste Gestalt angenommen und verkünden
die weissen Hauben, wie viele sonstige Erscheinungen in der Natur,
den nahen Winter. Bäume und Sträucher in Gärten, Hainen und
Wäldern zeigen zum grossen Theil ihre prächtigen Herbstkleider, eine
bewundernswerthe Verschiedenheit der Farben von dem tiefsten glän-
zendsten dunkelgrün der immergrünen Arten durch alle Abstufungen
von mattgrün, weiss, gelb, roth und braun der blattwechselnden.
Kälter werden die Nächte, bis gegen Ende des Monats mit den ersten
Nachtfrösten der Uebergang rasch beendet und die Winterruhe in Wald
und Feld eingekehrt ist. Die meisten Holzgewächse sind von nun ab,
wenigstens im mittleren und nördlichen Japan, monatelang entblättert:
der Rasen aber erscheint viel fahler und abgestorbener als bei uns.
Wie in ganz Ostasien, so ist auch in Japan der Winter die
trocknere Jahreszeit, in welcher meist heiterer Himmel, hohe Baro-
meterstände und niedrige Temperaturen, letztere besonders Nachts,
vorherrschen, namentlich wenn der Nordmonsun mehrere Tage lang
mit besonderer Stärke weht. An solchen Tagen (im Januar und
Februar) treten ausnahmsweise auch in Japan jene Staubstürme ein,
welche den Winter in China so unangenehm machen. Die poröse,
leichte Ackerkrume wird empor gewirbelt, die Sonne verliert ihren
Glanz und die Winterfrucht auf dem Felde ihren festen Halt. Dabei
sinkt das Thermometer in Tôkio wohl auf — 9°C. bis — 10°C. während
der Nacht, und nähert sich selbst am Tage dem Gefrierpunkt. Nacht-
fröste treten hier vom November bis März auf und beträgt die mittlere
Temperatur während dieses fünf Monate langen Winters nur 5,5°C.
Es ergibt sich hieraus, dass dieselbe während dieser Zeit, obgleich
sie keine besonders hohen Kältegrade aufweist, doch viel zu niedrig
ist, um den Pflanzenwuchs zu fördern, und dass dem entsprechend
die Feldfrüchte eine lange Ruhezeit durchmachen. Die mittlere Tem-
peratur vom April bis October ist 20°C. und während der vier
heissesten Monate Juni bis September 23,5°C. Die höchste Tages-
hitze von 34—35°C. stellt sich Ende Juli oder Anfang August ein,
ist aber von keiner langen Dauer.
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/34>, abgerufen am 21.11.2024.
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