zeichnen. Kiku (Chrysanthemum), das formen- und farbenreiche Lieb- lingskind der Herbstflora Japans und Chinas, ist hart und leicht zu cultivieren. Zahlreich und höchst mannigfaltig, wie bei uns die Astern, sind nach Farbe, Grösse und Form der Blüthen die Spielarten, welche eine alte Cultur ausgebildet hat. Viele Gärtner haben daraus eine Specialität gemacht und sind dafür weit bekannt. So ziehen z. B. bei Tokio namentlich die Kikubeete des Ortes Sugamo am Nakasendo Anfang November viele Bewunderer an. Beliebt, wie in der Natur, ist Kiku-no-hana auch in der Kunst, ein Decorationsmotiv, zumal in der Keramik, das an Häufigkeit der Verwendung keinem andern nachsteht.
Das Regierungswappen, genannt Kiku-no-hana-mon (Bd. I. pg. 366) stellt eine radförmig ausgebreitete Chrysanthemumblüthe mit 16 abgerundeten Blumenblättern dar, welche von einem kleinen cen- tralen Kreise ausgehen und an ihren äusseren Enden durch 16 klei- nere Bogen verbunden sind. Es ist Sinnbild der Sonne und kaiser- liches Abzeichen auf Cocarden, Bannern, Documenten und Münzen. Nach Europa wurden im Jahre 1784 eine Anzahl Spielarten von Kiku aus Indien und China gebracht; sie haben hier jedoch die Astern und andere beliebte Herbstblumen nicht aus dem Felde geschlagen.
Gegen Ende October und Anfang November, wenn der rauhere Monsun des Winters schon von Norden her herrscht und das Vege- tationsbild der Landschaft in Feld und Wald bereits einen ganz anderen Charakter angenommen hat, begibt sich der japanische Naturfreund zum letzten Mal ins Freie, um sich am Beschauen der Momiji (Acer poly- morphum S. & Z.) zu erfreuen. Am meisten gerühmt und besungen wurden die Ahorne vom Tatsuta-gawa, die Tatsuta-momiji beim Orte Tatzuta in Yamato. Die Momiji in ihrem bunten oder einfach rothen Herbstkleide bilden auch von den japanischen Künstlern häufig angewandte, beliebte Vorwürfe. In den Gärten haben ausser ihnen auch Dodan (Enkianthus japonicus Hooker), Azalien und andere Gewächse vor dem Laubfall den schönsten Farbenwechsel ihrer Blätter vorge- nommen. Noch viel mannichfaltiger und farbenbunter erscheint das Herbstkleid des Laubwaldes, dem selbst das vielgerühmte des atlan- tischen Waldgebietes von Nordamerika nicht gleichkommt (s. auch Bd. I. pg. 155). Ist dasselbe verschwunden und die Winterruhe eingetreten, so weist der japanische Blüthenkalender auf eine beschränkte Zahl prächtiger Zierpflanzen hin, die meist auch nach Europa verpflanzt wurden und hier zum Theil weit grössere Werthschätzung und Ver- breitung gefunden haben, als in ihrer ostasiatischen Heimat. Es sind dies vornehmlich Yatsu-de (Aralia japonica Thunb.), Hiragi (Olea
7. Gartenbau.
zeichnen. Kiku (Chrysanthemum), das formen- und farbenreiche Lieb- lingskind der Herbstflora Japans und Chinas, ist hart und leicht zu cultivieren. Zahlreich und höchst mannigfaltig, wie bei uns die Astern, sind nach Farbe, Grösse und Form der Blüthen die Spielarten, welche eine alte Cultur ausgebildet hat. Viele Gärtner haben daraus eine Specialität gemacht und sind dafür weit bekannt. So ziehen z. B. bei Tôkio namentlich die Kikubeete des Ortes Sugamo am Nakasendô Anfang November viele Bewunderer an. Beliebt, wie in der Natur, ist Kiku-no-hana auch in der Kunst, ein Decorationsmotiv, zumal in der Keramik, das an Häufigkeit der Verwendung keinem andern nachsteht.
Das Regierungswappen, genannt Kiku-no-hana-mon (Bd. I. pg. 366) stellt eine radförmig ausgebreitete Chrysanthemumblüthe mit 16 abgerundeten Blumenblättern dar, welche von einem kleinen cen- tralen Kreise ausgehen und an ihren äusseren Enden durch 16 klei- nere Bogen verbunden sind. Es ist Sinnbild der Sonne und kaiser- liches Abzeichen auf Cocarden, Bannern, Documenten und Münzen. Nach Europa wurden im Jahre 1784 eine Anzahl Spielarten von Kiku aus Indien und China gebracht; sie haben hier jedoch die Astern und andere beliebte Herbstblumen nicht aus dem Felde geschlagen.
Gegen Ende October und Anfang November, wenn der rauhere Monsun des Winters schon von Norden her herrscht und das Vege- tationsbild der Landschaft in Feld und Wald bereits einen ganz anderen Charakter angenommen hat, begibt sich der japanische Naturfreund zum letzten Mal ins Freie, um sich am Beschauen der Momiji (Acer poly- morphum S. & Z.) zu erfreuen. Am meisten gerühmt und besungen wurden die Ahorne vom Tatsuta-gawa, die Tatsuta-momiji beim Orte Tatzuta in Yamato. Die Momiji in ihrem bunten oder einfach rothen Herbstkleide bilden auch von den japanischen Künstlern häufig angewandte, beliebte Vorwürfe. In den Gärten haben ausser ihnen auch Dôdan (Enkianthus japonicus Hooker), Azalien und andere Gewächse vor dem Laubfall den schönsten Farbenwechsel ihrer Blätter vorge- nommen. Noch viel mannichfaltiger und farbenbunter erscheint das Herbstkleid des Laubwaldes, dem selbst das vielgerühmte des atlan- tischen Waldgebietes von Nordamerika nicht gleichkommt (s. auch Bd. I. pg. 155). Ist dasselbe verschwunden und die Winterruhe eingetreten, so weist der japanische Blüthenkalender auf eine beschränkte Zahl prächtiger Zierpflanzen hin, die meist auch nach Europa verpflanzt wurden und hier zum Theil weit grössere Werthschätzung und Ver- breitung gefunden haben, als in ihrer ostasiatischen Heimat. Es sind dies vornehmlich Yatsu-de (Aralia japonica Thunb.), Hiragi (Olea
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7. Gartenbau.
zeichnen. Kiku (Chrysanthemum), das formen- und farbenreiche Lieb-
lingskind der Herbstflora Japans und Chinas, ist hart und leicht zu
cultivieren. Zahlreich und höchst mannigfaltig, wie bei uns die Astern,
sind nach Farbe, Grösse und Form der Blüthen die Spielarten, welche
eine alte Cultur ausgebildet hat. Viele Gärtner haben daraus eine
Specialität gemacht und sind dafür weit bekannt. So ziehen z. B. bei
Tôkio namentlich die Kikubeete des Ortes Sugamo am Nakasendô
Anfang November viele Bewunderer an. Beliebt, wie in der Natur,
ist Kiku-no-hana auch in der Kunst, ein Decorationsmotiv, zumal
in der Keramik, das an Häufigkeit der Verwendung keinem andern
nachsteht.
Das Regierungswappen, genannt Kiku-no-hana-mon (Bd. I.
pg. 366) stellt eine radförmig ausgebreitete Chrysanthemumblüthe mit
16 abgerundeten Blumenblättern dar, welche von einem kleinen cen-
tralen Kreise ausgehen und an ihren äusseren Enden durch 16 klei-
nere Bogen verbunden sind. Es ist Sinnbild der Sonne und kaiser-
liches Abzeichen auf Cocarden, Bannern, Documenten und Münzen.
Nach Europa wurden im Jahre 1784 eine Anzahl Spielarten von Kiku
aus Indien und China gebracht; sie haben hier jedoch die Astern und
andere beliebte Herbstblumen nicht aus dem Felde geschlagen.
Gegen Ende October und Anfang November, wenn der rauhere
Monsun des Winters schon von Norden her herrscht und das Vege-
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Charakter angenommen hat, begibt sich der japanische Naturfreund zum
letzten Mal ins Freie, um sich am Beschauen der Momiji (Acer poly-
morphum S. & Z.) zu erfreuen. Am meisten gerühmt und besungen
wurden die Ahorne vom Tatsuta-gawa, die Tatsuta-momiji beim
Orte Tatzuta in Yamato. Die Momiji in ihrem bunten oder einfach
rothen Herbstkleide bilden auch von den japanischen Künstlern häufig
angewandte, beliebte Vorwürfe. In den Gärten haben ausser ihnen auch
Dôdan (Enkianthus japonicus Hooker), Azalien und andere Gewächse
vor dem Laubfall den schönsten Farbenwechsel ihrer Blätter vorge-
nommen. Noch viel mannichfaltiger und farbenbunter erscheint das
Herbstkleid des Laubwaldes, dem selbst das vielgerühmte des atlan-
tischen Waldgebietes von Nordamerika nicht gleichkommt (s. auch Bd. I.
pg. 155). Ist dasselbe verschwunden und die Winterruhe eingetreten,
so weist der japanische Blüthenkalender auf eine beschränkte Zahl
prächtiger Zierpflanzen hin, die meist auch nach Europa verpflanzt
wurden und hier zum Theil weit grössere Werthschätzung und Ver-
breitung gefunden haben, als in ihrer ostasiatischen Heimat. Es sind
dies vornehmlich Yatsu-de (Aralia japonica Thunb.), Hiragi (Olea
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/349>, abgerufen am 22.11.2024.
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