seiner Bebauung nach unserer Weise mit Pflug und Zugthier nichts im Wege stände und auch keine Gefahr vorläge, dass die Ackererde beim Regen etwa weggewaschen würde. Während aber hier einfache geglättete Erdwälle von 25--40 cm Breite und Höhe für den gegebenen Zweck vollständig genügen, müssen an den Thalwänden grössere Arbeiten ausgeführt werden, um die Terrassen genügend zu stützen. Da treffen wir denn Cyclopenmauern, nicht selten aus den Rollsteinen des benachbarten Flusses errichtet, oder breitere grasige Böschungen, auf denen im Süden hier und da Theesträucher, Talgbäume oder die Papiermaulbeere angepflanzt wurden.
Die hier zuletzt erwähnte Thatsache der häufig vorkommenden Terrassenanlagen für die Zwecke der Reiscultur steht nur scheinbar, nicht thatsächlich im Widerspruch mit der vorhergehenden Behauptung, dass in vielen Berichten die Ausdehnung der Terrassierung in Japan sehr übertrieben wurde, wie dies ja auch aus dem geringen Procent- satz sämmtlichen Culturlandes hervorgeht.
Da es in Japan weder geschlossene Güter, noch weidende Heerden gab und Jeder gewohnt war, die Felder und ihre Gewächse zu schonen, so fehlte die Gelegenheit, sowie jeder Grund für Absperrung irgend welcher Art durch Gräben, Mauern, Zäune und dgl., vielmehr schlossen und schliessen sich noch die einzelnen Landparcellen und ihre oft ver- schiedenartigen Culturen unmittelbar an einander an. Um in den Ebenen und Thalsohlen dem vorherrschenden Reisbau möglichst viel Land zu erhalten, reihte man die Wohnhäuser auch in den Dörfern meist an einander und schloss sie den Landstrassen an. Aus diesem Grunde ziehen sich die Dörfer und Landstädte häufig ohne bemerkens- werthe Seitengassen an der Hauptverkehrsstrasse lang hin oder liegen an den Rändern der kleineren Ebenen. Fuhrwerke kommen beim Betrieb der japanischen Landwirthschaft nicht in Anwendung, so dass schmale Landwege dem allgemeinen Verkehr von Ort zu Ort und die noch viel schmäleren Dämme vielfach zugleich statt unserer Feldwege dienen.
Der japanische Ackerbau, beschränkt, wie hervorgehoben wurde, auf nicht viel über ein Zehntel der Landesoberfläche, nährt nicht blos die sehr zahlreiche Bevölkerung, sondern gestattet in günstigen Jahren sogar noch eine nicht unbeträchtliche Ausfuhr an Reis. Es liegt nun nahe, hieraus den Schluss zu ziehen, dass sich das japanische Acker- land durch grosse natürliche Fruchtbarkeit auszeichnen müsse, wie dies auch von vielen Seiten bis in die neueste Zeit behauptet wurde, und doch ist dies keineswegs der Fall. Vielmehr hat neben der Er- fahrung auch die chemische Untersuchung des japanischen Ackerbodens
I. Land- und Forstwirthschaft.
seiner Bebauung nach unserer Weise mit Pflug und Zugthier nichts im Wege stände und auch keine Gefahr vorläge, dass die Ackererde beim Regen etwa weggewaschen würde. Während aber hier einfache geglättete Erdwälle von 25—40 cm Breite und Höhe für den gegebenen Zweck vollständig genügen, müssen an den Thalwänden grössere Arbeiten ausgeführt werden, um die Terrassen genügend zu stützen. Da treffen wir denn Cyclopenmauern, nicht selten aus den Rollsteinen des benachbarten Flusses errichtet, oder breitere grasige Böschungen, auf denen im Süden hier und da Theesträucher, Talgbäume oder die Papiermaulbeere angepflanzt wurden.
Die hier zuletzt erwähnte Thatsache der häufig vorkommenden Terrassenanlagen für die Zwecke der Reiscultur steht nur scheinbar, nicht thatsächlich im Widerspruch mit der vorhergehenden Behauptung, dass in vielen Berichten die Ausdehnung der Terrassierung in Japan sehr übertrieben wurde, wie dies ja auch aus dem geringen Procent- satz sämmtlichen Culturlandes hervorgeht.
Da es in Japan weder geschlossene Güter, noch weidende Heerden gab und Jeder gewohnt war, die Felder und ihre Gewächse zu schonen, so fehlte die Gelegenheit, sowie jeder Grund für Absperrung irgend welcher Art durch Gräben, Mauern, Zäune und dgl., vielmehr schlossen und schliessen sich noch die einzelnen Landparcellen und ihre oft ver- schiedenartigen Culturen unmittelbar an einander an. Um in den Ebenen und Thalsohlen dem vorherrschenden Reisbau möglichst viel Land zu erhalten, reihte man die Wohnhäuser auch in den Dörfern meist an einander und schloss sie den Landstrassen an. Aus diesem Grunde ziehen sich die Dörfer und Landstädte häufig ohne bemerkens- werthe Seitengassen an der Hauptverkehrsstrasse lang hin oder liegen an den Rändern der kleineren Ebenen. Fuhrwerke kommen beim Betrieb der japanischen Landwirthschaft nicht in Anwendung, so dass schmale Landwege dem allgemeinen Verkehr von Ort zu Ort und die noch viel schmäleren Dämme vielfach zugleich statt unserer Feldwege dienen.
Der japanische Ackerbau, beschränkt, wie hervorgehoben wurde, auf nicht viel über ein Zehntel der Landesoberfläche, nährt nicht blos die sehr zahlreiche Bevölkerung, sondern gestattet in günstigen Jahren sogar noch eine nicht unbeträchtliche Ausfuhr an Reis. Es liegt nun nahe, hieraus den Schluss zu ziehen, dass sich das japanische Acker- land durch grosse natürliche Fruchtbarkeit auszeichnen müsse, wie dies auch von vielen Seiten bis in die neueste Zeit behauptet wurde, und doch ist dies keineswegs der Fall. Vielmehr hat neben der Er- fahrung auch die chemische Untersuchung des japanischen Ackerbodens
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I. Land- und Forstwirthschaft.
seiner Bebauung nach unserer Weise mit Pflug und Zugthier nichts
im Wege stände und auch keine Gefahr vorläge, dass die Ackererde
beim Regen etwa weggewaschen würde. Während aber hier einfache
geglättete Erdwälle von 25—40 cm Breite und Höhe für den gegebenen
Zweck vollständig genügen, müssen an den Thalwänden grössere
Arbeiten ausgeführt werden, um die Terrassen genügend zu stützen.
Da treffen wir denn Cyclopenmauern, nicht selten aus den Rollsteinen
des benachbarten Flusses errichtet, oder breitere grasige Böschungen,
auf denen im Süden hier und da Theesträucher, Talgbäume oder die
Papiermaulbeere angepflanzt wurden.
Die hier zuletzt erwähnte Thatsache der häufig vorkommenden
Terrassenanlagen für die Zwecke der Reiscultur steht nur scheinbar,
nicht thatsächlich im Widerspruch mit der vorhergehenden Behauptung,
dass in vielen Berichten die Ausdehnung der Terrassierung in Japan
sehr übertrieben wurde, wie dies ja auch aus dem geringen Procent-
satz sämmtlichen Culturlandes hervorgeht.
Da es in Japan weder geschlossene Güter, noch weidende Heerden
gab und Jeder gewohnt war, die Felder und ihre Gewächse zu schonen,
so fehlte die Gelegenheit, sowie jeder Grund für Absperrung irgend
welcher Art durch Gräben, Mauern, Zäune und dgl., vielmehr schlossen
und schliessen sich noch die einzelnen Landparcellen und ihre oft ver-
schiedenartigen Culturen unmittelbar an einander an. Um in den
Ebenen und Thalsohlen dem vorherrschenden Reisbau möglichst viel
Land zu erhalten, reihte man die Wohnhäuser auch in den Dörfern
meist an einander und schloss sie den Landstrassen an. Aus diesem
Grunde ziehen sich die Dörfer und Landstädte häufig ohne bemerkens-
werthe Seitengassen an der Hauptverkehrsstrasse lang hin oder liegen
an den Rändern der kleineren Ebenen. Fuhrwerke kommen beim
Betrieb der japanischen Landwirthschaft nicht in Anwendung, so dass
schmale Landwege dem allgemeinen Verkehr von Ort zu Ort und die
noch viel schmäleren Dämme vielfach zugleich statt unserer Feldwege
dienen.
Der japanische Ackerbau, beschränkt, wie hervorgehoben wurde,
auf nicht viel über ein Zehntel der Landesoberfläche, nährt nicht blos
die sehr zahlreiche Bevölkerung, sondern gestattet in günstigen Jahren
sogar noch eine nicht unbeträchtliche Ausfuhr an Reis. Es liegt nun
nahe, hieraus den Schluss zu ziehen, dass sich das japanische Acker-
land durch grosse natürliche Fruchtbarkeit auszeichnen müsse, wie
dies auch von vielen Seiten bis in die neueste Zeit behauptet wurde,
und doch ist dies keineswegs der Fall. Vielmehr hat neben der Er-
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/44>, abgerufen am 21.11.2024.
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