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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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3. Lackindustrie.
Pinsel geschoben werden. Zur Aufbewahrung dient 2) der Fude-
tate
oder Pinselträger; zum Auftragen der feinen breiigen Farben
dient weiter 3) eine kleine Palette aus Schildpatt oder Büffelhorn,
Tsuno-ban genannt (III 8), welche über den Daumen der linken
Hand geschoben wird, 4) verwendet man je nach der grösseren oder
kleineren Fläche eines frischen Lackanstrichs, welche man mit irgend
einem Pulver gleichmässig bestreuen will, verschiedene kleine Nashi-
ji-tsutsu
, Staubsiebe, oder Tsutsu-furui, Röhrensiebe, indem man
Federkiele oder Bambusröhren schräg durchschneidet und über den
Durchschnitt als kleines Sieb ein poröses Gewebe aus Seide oder einem
andern Stoff klebt, wie Taf. IV, Fig. 1 zu sehen ist. 5) Tafel IV,
Fig. 2 stellt ein Stäbchen dar, dessen eines Ende einen Tai-ki oder
kleinen Fischzahn (von Serranus marginalis, dem Tai) trägt, den man
zum Polieren von einspringenden Kanten und anderen Furchen benutzt,
in welche die zugespitzte Kohle nicht reicht. 6) Tafel IV, Fig. 3 ist
die Abbildung eines Yanagi-yoji oder Weidenholzpinsels, wie ihn
die Japaner allgemein als Zahnbürste benutzen. Dieser Pinsel dient zum
Abkehren eines überflüssig aufgestreuten Pulvers, während das spitze
Stielende, oder ein besonders zugespitztes Stäbchen, 7) der Hirame-
fude
, zum Aufpicken und Uebertragen kleiner Goldblatt- oder Perlmut-
terblättchen auf eine frische Lackschicht verwendet wird, 8) Unter
Ke-bo (IV 5) versteht man langhaarige Pinsel aus Hirsch- oder Pferde-
haar, welche dazu dienen, irgend welchen Staub von dem lackierten
Gegenstand abzukehren. 9) Tafel III, Fig. 9 stellt einen Saji oder
Löffel dar, der dazu dient, den Gold- oder Silberstaub in das Röhrensieb
einzutragen. Der Rücken kann zugleich statt eines Spatels zum Auf-
tragen von einzelnen Grundierungsschichten auf concave Flächen be-
nutzt werden.

Unter den Stoffen, aus denen die zu lackierenden Gegenstände an-
gefertigt werden, steht das Holz (Ki) oben an. Vornehmlich benutzt man
Nadelhölzer für Lackwaaren und hält das Hi-no-ki oder Holz der Re-
tinispora obtusa weitaus für das beste, weil es weiss, astknotenrein und
wenig harzreich ist. Ihm zunächst stehen Sawara (Retinispora pisi-
fera), Hiba (Thujopsis dolabrata), dann folgen Tannen, Kiefern und die
Cryptomeria. Das Holz des Ho-no-ki (Magnolia hypoleuca) zeichnet
sich durch Feinkörnigkeit und Elasticität aus. Aus ihm bestehen zum
Beispiel die dünnen Seitenwände der beliebten, leichten elliptischen
Brodkörbchen, welche vornehmlich in Shidzuoka und Niigata verfertigt
werden. Auch das leichte Holz des Kiri (Paulownia imperialis) wird zu
Lackwaaren ziemlich viel verwendet. Mehrere andere durch grössere
Zähigkeit und Festigkeit sich auszeichnende Laubhölzer, wie Keyaki

3. Lackindustrie.
Pinsel geschoben werden. Zur Aufbewahrung dient 2) der Fude-
tate
oder Pinselträger; zum Auftragen der feinen breiigen Farben
dient weiter 3) eine kleine Palette aus Schildpatt oder Büffelhorn,
Tsuno-ban genannt (III 8), welche über den Daumen der linken
Hand geschoben wird, 4) verwendet man je nach der grösseren oder
kleineren Fläche eines frischen Lackanstrichs, welche man mit irgend
einem Pulver gleichmässig bestreuen will, verschiedene kleine Nashi-
ji-tsutsu
, Staubsiebe, oder Tsutsu-furui, Röhrensiebe, indem man
Federkiele oder Bambusröhren schräg durchschneidet und über den
Durchschnitt als kleines Sieb ein poröses Gewebe aus Seide oder einem
andern Stoff klebt, wie Taf. IV, Fig. 1 zu sehen ist. 5) Tafel IV,
Fig. 2 stellt ein Stäbchen dar, dessen eines Ende einen Tai-ki oder
kleinen Fischzahn (von Serranus marginalis, dem Tai) trägt, den man
zum Polieren von einspringenden Kanten und anderen Furchen benutzt,
in welche die zugespitzte Kohle nicht reicht. 6) Tafel IV, Fig. 3 ist
die Abbildung eines Yanagi-yôji oder Weidenholzpinsels, wie ihn
die Japaner allgemein als Zahnbürste benutzen. Dieser Pinsel dient zum
Abkehren eines überflüssig aufgestreuten Pulvers, während das spitze
Stielende, oder ein besonders zugespitztes Stäbchen, 7) der Hirame-
fude
, zum Aufpicken und Uebertragen kleiner Goldblatt- oder Perlmut-
terblättchen auf eine frische Lackschicht verwendet wird, 8) Unter
Ké-bo (IV 5) versteht man langhaarige Pinsel aus Hirsch- oder Pferde-
haar, welche dazu dienen, irgend welchen Staub von dem lackierten
Gegenstand abzukehren. 9) Tafel III, Fig. 9 stellt einen Saji oder
Löffel dar, der dazu dient, den Gold- oder Silberstaub in das Röhrensieb
einzutragen. Der Rücken kann zugleich statt eines Spatels zum Auf-
tragen von einzelnen Grundierungsschichten auf concave Flächen be-
nutzt werden.

Unter den Stoffen, aus denen die zu lackierenden Gegenstände an-
gefertigt werden, steht das Holz (Ki) oben an. Vornehmlich benutzt man
Nadelhölzer für Lackwaaren und hält das Hi-no-ki oder Holz der Re-
tinispora obtusa weitaus für das beste, weil es weiss, astknotenrein und
wenig harzreich ist. Ihm zunächst stehen Sawara (Retinispora pisi-
fera), Hiba (Thujopsis dolabrata), dann folgen Tannen, Kiefern und die
Cryptomeria. Das Holz des Ho-no-ki (Magnolia hypoleuca) zeichnet
sich durch Feinkörnigkeit und Elasticität aus. Aus ihm bestehen zum
Beispiel die dünnen Seitenwände der beliebten, leichten elliptischen
Brodkörbchen, welche vornehmlich in Shidzuoka und Niigata verfertigt
werden. Auch das leichte Holz des Kiri (Paulownia imperialis) wird zu
Lackwaaren ziemlich viel verwendet. Mehrere andere durch grössere
Zähigkeit und Festigkeit sich auszeichnende Laubhölzer, wie Keyaki

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[421/0449] 3. Lackindustrie. Pinsel geschoben werden. Zur Aufbewahrung dient 2) der Fude- tate oder Pinselträger; zum Auftragen der feinen breiigen Farben dient weiter 3) eine kleine Palette aus Schildpatt oder Büffelhorn, Tsuno-ban genannt (III 8), welche über den Daumen der linken Hand geschoben wird, 4) verwendet man je nach der grösseren oder kleineren Fläche eines frischen Lackanstrichs, welche man mit irgend einem Pulver gleichmässig bestreuen will, verschiedene kleine Nashi- ji-tsutsu, Staubsiebe, oder Tsutsu-furui, Röhrensiebe, indem man Federkiele oder Bambusröhren schräg durchschneidet und über den Durchschnitt als kleines Sieb ein poröses Gewebe aus Seide oder einem andern Stoff klebt, wie Taf. IV, Fig. 1 zu sehen ist. 5) Tafel IV, Fig. 2 stellt ein Stäbchen dar, dessen eines Ende einen Tai-ki oder kleinen Fischzahn (von Serranus marginalis, dem Tai) trägt, den man zum Polieren von einspringenden Kanten und anderen Furchen benutzt, in welche die zugespitzte Kohle nicht reicht. 6) Tafel IV, Fig. 3 ist die Abbildung eines Yanagi-yôji oder Weidenholzpinsels, wie ihn die Japaner allgemein als Zahnbürste benutzen. Dieser Pinsel dient zum Abkehren eines überflüssig aufgestreuten Pulvers, während das spitze Stielende, oder ein besonders zugespitztes Stäbchen, 7) der Hirame- fude, zum Aufpicken und Uebertragen kleiner Goldblatt- oder Perlmut- terblättchen auf eine frische Lackschicht verwendet wird, 8) Unter Ké-bo (IV 5) versteht man langhaarige Pinsel aus Hirsch- oder Pferde- haar, welche dazu dienen, irgend welchen Staub von dem lackierten Gegenstand abzukehren. 9) Tafel III, Fig. 9 stellt einen Saji oder Löffel dar, der dazu dient, den Gold- oder Silberstaub in das Röhrensieb einzutragen. Der Rücken kann zugleich statt eines Spatels zum Auf- tragen von einzelnen Grundierungsschichten auf concave Flächen be- nutzt werden. Unter den Stoffen, aus denen die zu lackierenden Gegenstände an- gefertigt werden, steht das Holz (Ki) oben an. Vornehmlich benutzt man Nadelhölzer für Lackwaaren und hält das Hi-no-ki oder Holz der Re- tinispora obtusa weitaus für das beste, weil es weiss, astknotenrein und wenig harzreich ist. Ihm zunächst stehen Sawara (Retinispora pisi- fera), Hiba (Thujopsis dolabrata), dann folgen Tannen, Kiefern und die Cryptomeria. Das Holz des Ho-no-ki (Magnolia hypoleuca) zeichnet sich durch Feinkörnigkeit und Elasticität aus. Aus ihm bestehen zum Beispiel die dünnen Seitenwände der beliebten, leichten elliptischen Brodkörbchen, welche vornehmlich in Shidzuoka und Niigata verfertigt werden. Auch das leichte Holz des Kiri (Paulownia imperialis) wird zu Lackwaaren ziemlich viel verwendet. Mehrere andere durch grössere Zähigkeit und Festigkeit sich auszeichnende Laubhölzer, wie Keyaki

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/449>, abgerufen am 01.11.2024.