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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
folgt das bekannte Abschleifen mit Magnolienholzkohle und Wasser,
denen sich das Verfahren zur Erzielung des nöthigen Glanzes anschliesst.

Tafel Vb stellt die Nachahmung eines solchen Wakasanuri mit
Bronzefarben dar, die jedoch der Schönheit und dem Glanze des Ori-
ginals im Kunstgewerbe-Museum zu Berlin selbstverständlich nicht gleich-
kommt. Dieses ist jetzt 180 Jahre alt, ein flaches Schachtelkästchen von
grosser Schönheit und einem Glanze, als sei der Gegenstand frisch poliert.
Immerhin genügt die vorliegende bildliche Wiedergabe eines Theils
der Oberfläche, um daran den Arbeitsgang zu erläutern. Man wird
erkennen, wie nach Herstellung des unebenen Untergrundes Zweig-
spitzen eines Lebensbaumes (Retinispora) in die tieferen Stellen des
weichen Eiweisskittes eingedrückt und nach völligem Trocken wieder
entfernt wurden. Auch die Reihenfolge der hierauf angewandten Lack-
anstriche ist leicht wahrzunehmen, nämlich: schwarz, grünlichgelb
und roth. Dann kam die Auflegung des Goldblattes, die Ausfüllung
der Vertiefungen durch Transparentlack, das Abschleifen mit Magnolien-
holzkohle und Wasser, ein nochmaliger sehr dünner Ueberzug mit
Transparentlack und hierauf das Verfahren zur Erzielung des Glanzes,
wie es bereits für andere Fälle angegeben wurde. Demgemäss sehen
wir die Goldfolie mit natürlicher Farbe hervortreten, wo sie Erhaben-
heiten der Unterlage überspannte, dagegen in verschiedenen Abtönungen
bis braun, wo sie sich über Vertiefungen legte und mit Transparent-
lack in verschieden dicker Schicht überdeckt wurde. Wo die Ränder
der Zweigspitzen den Kitt empordrückten, folgen ebenso wie an Stelle
der abgeschliffenen Höcker auf das Gelb des Goldblattes rothe, grün-
lichgelbe und schwarze Bänder, beziehungsweise Ringe und Flecken
in der Ordnung, in welcher rückwärts schreitend die betreffenden Lack-
farbenanstriche vorausgingen.

3) Shi-tan-nuri, d. h. Sandelholzlack. Hierunter versteht man
Imitationen des rothen Sandelholzes oder Shi-tan (siehe pg. 298). Sie
werden auf folgende Weise zuwege gebracht: Nach beendigter Grun-
dierung erhält der Gegenstand einen Anstrich von Zinnoberlack. Bevor
derselbe völlig trocken ist, werden mittelst eines zugespitzten Holz-
stäbchens unterbrochene Parallellinien eingraviert. Nach dem Trocknen
folgt Glätten mit Kohle wie gewöhnlich, darauf streifenweises Auf-
tragen von Tuschfarbe und Verwaschung der Ränder, so dass rothe und
schwarze Streifen aufeinander folgen, aber die Holzähnlichkeit noch
in keiner Weise hervortritt. Es folgt nun ein dünner Anstrich mit
Se-shime und die Politurarbeit. Die Wirkung dieses Verfahrens ist
überraschend, bedarf aber zu ihrer Erzielung viel Uebung und eine ge-
schickte Hand, namentlich auch beim Abreiben mit Magnolienholzkohle.

III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
folgt das bekannte Abschleifen mit Magnolienholzkohle und Wasser,
denen sich das Verfahren zur Erzielung des nöthigen Glanzes anschliesst.

Tafel Vb stellt die Nachahmung eines solchen Wakasanuri mit
Bronzefarben dar, die jedoch der Schönheit und dem Glanze des Ori-
ginals im Kunstgewerbe-Museum zu Berlin selbstverständlich nicht gleich-
kommt. Dieses ist jetzt 180 Jahre alt, ein flaches Schachtelkästchen von
grosser Schönheit und einem Glanze, als sei der Gegenstand frisch poliert.
Immerhin genügt die vorliegende bildliche Wiedergabe eines Theils
der Oberfläche, um daran den Arbeitsgang zu erläutern. Man wird
erkennen, wie nach Herstellung des unebenen Untergrundes Zweig-
spitzen eines Lebensbaumes (Retinispora) in die tieferen Stellen des
weichen Eiweisskittes eingedrückt und nach völligem Trocken wieder
entfernt wurden. Auch die Reihenfolge der hierauf angewandten Lack-
anstriche ist leicht wahrzunehmen, nämlich: schwarz, grünlichgelb
und roth. Dann kam die Auflegung des Goldblattes, die Ausfüllung
der Vertiefungen durch Transparentlack, das Abschleifen mit Magnolien-
holzkohle und Wasser, ein nochmaliger sehr dünner Ueberzug mit
Transparentlack und hierauf das Verfahren zur Erzielung des Glanzes,
wie es bereits für andere Fälle angegeben wurde. Demgemäss sehen
wir die Goldfolie mit natürlicher Farbe hervortreten, wo sie Erhaben-
heiten der Unterlage überspannte, dagegen in verschiedenen Abtönungen
bis braun, wo sie sich über Vertiefungen legte und mit Transparent-
lack in verschieden dicker Schicht überdeckt wurde. Wo die Ränder
der Zweigspitzen den Kitt empordrückten, folgen ebenso wie an Stelle
der abgeschliffenen Höcker auf das Gelb des Goldblattes rothe, grün-
lichgelbe und schwarze Bänder, beziehungsweise Ringe und Flecken
in der Ordnung, in welcher rückwärts schreitend die betreffenden Lack-
farbenanstriche vorausgingen.

3) Shi-tan-nuri, d. h. Sandelholzlack. Hierunter versteht man
Imitationen des rothen Sandelholzes oder Shi-tan (siehe pg. 298). Sie
werden auf folgende Weise zuwege gebracht: Nach beendigter Grun-
dierung erhält der Gegenstand einen Anstrich von Zinnoberlack. Bevor
derselbe völlig trocken ist, werden mittelst eines zugespitzten Holz-
stäbchens unterbrochene Parallellinien eingraviert. Nach dem Trocknen
folgt Glätten mit Kohle wie gewöhnlich, darauf streifenweises Auf-
tragen von Tuschfarbe und Verwaschung der Ränder, so dass rothe und
schwarze Streifen aufeinander folgen, aber die Holzähnlichkeit noch
in keiner Weise hervortritt. Es folgt nun ein dünner Anstrich mit
Se-shime und die Politurarbeit. Die Wirkung dieses Verfahrens ist
überraschend, bedarf aber zu ihrer Erzielung viel Uebung und eine ge-
schickte Hand, namentlich auch beim Abreiben mit Magnolienholzkohle.

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[430/0458] III. Kunstgewerbe und Verwandtes. folgt das bekannte Abschleifen mit Magnolienholzkohle und Wasser, denen sich das Verfahren zur Erzielung des nöthigen Glanzes anschliesst. Tafel Vb stellt die Nachahmung eines solchen Wakasanuri mit Bronzefarben dar, die jedoch der Schönheit und dem Glanze des Ori- ginals im Kunstgewerbe-Museum zu Berlin selbstverständlich nicht gleich- kommt. Dieses ist jetzt 180 Jahre alt, ein flaches Schachtelkästchen von grosser Schönheit und einem Glanze, als sei der Gegenstand frisch poliert. Immerhin genügt die vorliegende bildliche Wiedergabe eines Theils der Oberfläche, um daran den Arbeitsgang zu erläutern. Man wird erkennen, wie nach Herstellung des unebenen Untergrundes Zweig- spitzen eines Lebensbaumes (Retinispora) in die tieferen Stellen des weichen Eiweisskittes eingedrückt und nach völligem Trocken wieder entfernt wurden. Auch die Reihenfolge der hierauf angewandten Lack- anstriche ist leicht wahrzunehmen, nämlich: schwarz, grünlichgelb und roth. Dann kam die Auflegung des Goldblattes, die Ausfüllung der Vertiefungen durch Transparentlack, das Abschleifen mit Magnolien- holzkohle und Wasser, ein nochmaliger sehr dünner Ueberzug mit Transparentlack und hierauf das Verfahren zur Erzielung des Glanzes, wie es bereits für andere Fälle angegeben wurde. Demgemäss sehen wir die Goldfolie mit natürlicher Farbe hervortreten, wo sie Erhaben- heiten der Unterlage überspannte, dagegen in verschiedenen Abtönungen bis braun, wo sie sich über Vertiefungen legte und mit Transparent- lack in verschieden dicker Schicht überdeckt wurde. Wo die Ränder der Zweigspitzen den Kitt empordrückten, folgen ebenso wie an Stelle der abgeschliffenen Höcker auf das Gelb des Goldblattes rothe, grün- lichgelbe und schwarze Bänder, beziehungsweise Ringe und Flecken in der Ordnung, in welcher rückwärts schreitend die betreffenden Lack- farbenanstriche vorausgingen. 3) Shi-tan-nuri, d. h. Sandelholzlack. Hierunter versteht man Imitationen des rothen Sandelholzes oder Shi-tan (siehe pg. 298). Sie werden auf folgende Weise zuwege gebracht: Nach beendigter Grun- dierung erhält der Gegenstand einen Anstrich von Zinnoberlack. Bevor derselbe völlig trocken ist, werden mittelst eines zugespitzten Holz- stäbchens unterbrochene Parallellinien eingraviert. Nach dem Trocknen folgt Glätten mit Kohle wie gewöhnlich, darauf streifenweises Auf- tragen von Tuschfarbe und Verwaschung der Ränder, so dass rothe und schwarze Streifen aufeinander folgen, aber die Holzähnlichkeit noch in keiner Weise hervortritt. Es folgt nun ein dünner Anstrich mit Se-shime und die Politurarbeit. Die Wirkung dieses Verfahrens ist überraschend, bedarf aber zu ihrer Erzielung viel Uebung und eine ge- schickte Hand, namentlich auch beim Abreiben mit Magnolienholzkohle.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/458>, abgerufen am 22.11.2024.