streuen. Nach dem Trocknen entfernt man die Schablonen, gibt dem Ganzen einen Anstrich von einem Gemisch aus Ro-iro und etwas Seshime-urushi und reibt nun die mit Perlmutter bestreuten Stellen zum erstenmal sorgfältig mit Magnolienholzkohle ab. Es folgt ein zweiter Anstrich mit demselben Lackfirniss, hierauf wiederum das Abschleifen und endlich die Politur. Die einfachere Arbeit bei gleichmässiger Ver- theilung der Perlmutter über die ganze Fläche schlägt denselben Gang ein. Das prächtige grüne und violette Schillern der kleinen Perlmutter- stückchen auf den damit gezierten Lackwaaren hängt von der ver- schiedenen Lage derselben zum Licht und der ungleichen Ueberdeckung mit Transparentlack ab.
2) Shari-nashi-ji, d. h. Zinn (staub)-Birngrund. Der Zinnstaub (oder statt dessen Bronzepulver) wird mit einem kleinen Siebe gleichmässig oder in Streifen und Figuren auf den noch feuchten Anstrich von Naka-nuri (siehe 10. Operation der Grundierung) gestreut und nach dem Trocknen mit einem Anstrich von Se-shime überdeckt. Er nimmt hierdurch, wie aufgestreutes Pulver eines Edelmetalls, eine braune Farbe an. Der Goldgrund wird mit dem Alter heller gelb und glänzender, das eingestreute Zinn oder Bronzepulver dagegen trüber und matter, wie man dies an vielen der gewöhnlichen japanischen Lackwaaren leicht beobachten kann. Es versteht sich von selbst, dass auch hier mit dem Aufstreuen des Metallpulvers die Arbeit noch nicht beendet ist, sondern ein Anstrich mit Transparentlack und das Polieren folgen müssen.
3) Einfache Lackwaaren, geziert durch Einlegearbeit. Ich reihe diese Gruppe den vorhergehenden an, weil ihre Ausführung eben- falls wohl Geschick, aber ebensowenig wie die früheren wirklich künst- lerisches Talent erfordert. Auch kommt dabei Edelmetall gar nicht, oder nur ausnahmsweise zur Anwendung. Es gehören hierher vor allem die eingelegten Perlmutterarbeiten, Ao-gai-zaiku, bei Ca- binetten, Kästchen, Dosen etc., welche in Menge nach Europa kommen und vornehmlich in Nagasaki angefertigt werden. Doch pflegt man auch die feinsten Lackarbeiten vielfach mit Perlmutter, Elfenbein und Edelmetallen stellenweise zu incrustieren und damit Reliefs von Blu- men und andern Naturgegenständen zu schaffen.
Dieser Zweig der Lackindustrie ist schon alt, wie Gegenstände in den holländischen, Dresdener und andern Sammlungen beweisen. Das gewöhnliche Ao-gai kommt von der glatten Innenseite der Haliotis- Schalen, deren jede nur eine dünne Platte liefert; das feinere oder Ma-gai Ao-gai, d. h. Ao-gai-Nachahmung, ist das Product grosser Trochus und kommt vornehmlich von den Riukiu-Inseln. Beide Sorten
Rein, Japan. II. 28
3. Lackindustrie.
streuen. Nach dem Trocknen entfernt man die Schablonen, gibt dem Ganzen einen Anstrich von einem Gemisch aus Rô-iro und etwas Seshime-urushi und reibt nun die mit Perlmutter bestreuten Stellen zum erstenmal sorgfältig mit Magnolienholzkohle ab. Es folgt ein zweiter Anstrich mit demselben Lackfirniss, hierauf wiederum das Abschleifen und endlich die Politur. Die einfachere Arbeit bei gleichmässiger Ver- theilung der Perlmutter über die ganze Fläche schlägt denselben Gang ein. Das prächtige grüne und violette Schillern der kleinen Perlmutter- stückchen auf den damit gezierten Lackwaaren hängt von der ver- schiedenen Lage derselben zum Licht und der ungleichen Ueberdeckung mit Transparentlack ab.
2) Shari-nashi-ji, d. h. Zinn (staub)-Birngrund. Der Zinnstaub (oder statt dessen Bronzepulver) wird mit einem kleinen Siebe gleichmässig oder in Streifen und Figuren auf den noch feuchten Anstrich von Naka-nuri (siehe 10. Operation der Grundierung) gestreut und nach dem Trocknen mit einem Anstrich von Se-shime überdeckt. Er nimmt hierdurch, wie aufgestreutes Pulver eines Edelmetalls, eine braune Farbe an. Der Goldgrund wird mit dem Alter heller gelb und glänzender, das eingestreute Zinn oder Bronzepulver dagegen trüber und matter, wie man dies an vielen der gewöhnlichen japanischen Lackwaaren leicht beobachten kann. Es versteht sich von selbst, dass auch hier mit dem Aufstreuen des Metallpulvers die Arbeit noch nicht beendet ist, sondern ein Anstrich mit Transparentlack und das Polieren folgen müssen.
3) Einfache Lackwaaren, geziert durch Einlegearbeit. Ich reihe diese Gruppe den vorhergehenden an, weil ihre Ausführung eben- falls wohl Geschick, aber ebensowenig wie die früheren wirklich künst- lerisches Talent erfordert. Auch kommt dabei Edelmetall gar nicht, oder nur ausnahmsweise zur Anwendung. Es gehören hierher vor allem die eingelegten Perlmutterarbeiten, Ao-gai-zaiku, bei Ca- binetten, Kästchen, Dosen etc., welche in Menge nach Europa kommen und vornehmlich in Nagasaki angefertigt werden. Doch pflegt man auch die feinsten Lackarbeiten vielfach mit Perlmutter, Elfenbein und Edelmetallen stellenweise zu incrustieren und damit Reliefs von Blu- men und andern Naturgegenständen zu schaffen.
Dieser Zweig der Lackindustrie ist schon alt, wie Gegenstände in den holländischen, Dresdener und andern Sammlungen beweisen. Das gewöhnliche Ao-gai kommt von der glatten Innenseite der Haliotis- Schalen, deren jede nur eine dünne Platte liefert; das feinere oder Ma-gai Ao-gai, d. h. Ao-gai-Nachahmung, ist das Product grosser Trochus und kommt vornehmlich von den Riukiu-Inseln. Beide Sorten
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3. Lackindustrie.
streuen. Nach dem Trocknen entfernt man die Schablonen, gibt dem
Ganzen einen Anstrich von einem Gemisch aus Rô-iro und etwas
Seshime-urushi und reibt nun die mit Perlmutter bestreuten Stellen zum
erstenmal sorgfältig mit Magnolienholzkohle ab. Es folgt ein zweiter
Anstrich mit demselben Lackfirniss, hierauf wiederum das Abschleifen
und endlich die Politur. Die einfachere Arbeit bei gleichmässiger Ver-
theilung der Perlmutter über die ganze Fläche schlägt denselben Gang
ein. Das prächtige grüne und violette Schillern der kleinen Perlmutter-
stückchen auf den damit gezierten Lackwaaren hängt von der ver-
schiedenen Lage derselben zum Licht und der ungleichen Ueberdeckung
mit Transparentlack ab.
2) Shari-nashi-ji, d. h. Zinn (staub)-Birngrund. Der
Zinnstaub (oder statt dessen Bronzepulver) wird mit einem kleinen
Siebe gleichmässig oder in Streifen und Figuren auf den noch feuchten
Anstrich von Naka-nuri (siehe 10. Operation der Grundierung) gestreut
und nach dem Trocknen mit einem Anstrich von Se-shime überdeckt.
Er nimmt hierdurch, wie aufgestreutes Pulver eines Edelmetalls, eine
braune Farbe an. Der Goldgrund wird mit dem Alter heller gelb und
glänzender, das eingestreute Zinn oder Bronzepulver dagegen trüber
und matter, wie man dies an vielen der gewöhnlichen japanischen
Lackwaaren leicht beobachten kann. Es versteht sich von selbst, dass
auch hier mit dem Aufstreuen des Metallpulvers die Arbeit noch nicht
beendet ist, sondern ein Anstrich mit Transparentlack und das Polieren
folgen müssen.
3) Einfache Lackwaaren, geziert durch Einlegearbeit. Ich
reihe diese Gruppe den vorhergehenden an, weil ihre Ausführung eben-
falls wohl Geschick, aber ebensowenig wie die früheren wirklich künst-
lerisches Talent erfordert. Auch kommt dabei Edelmetall gar nicht,
oder nur ausnahmsweise zur Anwendung. Es gehören hierher vor allem
die eingelegten Perlmutterarbeiten, Ao-gai-zaiku, bei Ca-
binetten, Kästchen, Dosen etc., welche in Menge nach Europa kommen
und vornehmlich in Nagasaki angefertigt werden. Doch pflegt man
auch die feinsten Lackarbeiten vielfach mit Perlmutter, Elfenbein und
Edelmetallen stellenweise zu incrustieren und damit Reliefs von Blu-
men und andern Naturgegenständen zu schaffen.
Dieser Zweig der Lackindustrie ist schon alt, wie Gegenstände in
den holländischen, Dresdener und andern Sammlungen beweisen. Das
gewöhnliche Ao-gai kommt von der glatten Innenseite der Haliotis-
Schalen, deren jede nur eine dünne Platte liefert; das feinere oder
Ma-gai Ao-gai, d. h. Ao-gai-Nachahmung, ist das Product grosser
Trochus und kommt vornehmlich von den Riukiu-Inseln. Beide Sorten
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/461>, abgerufen am 22.11.2024.
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