Mit steigendem Luxus des Hofes und der Kuge's, während die Fujiwara das Regiment führten, entwickelte sich auch die feinere Lackindustrie in Kioto mehr und mehr. Die zunehmende Ausbildung der Feudalherrschaft brachte sie dann auch nach den Daimiositzen, vornehmlich aber blühte sie ausser zu Kioto in Sakai und Kamakura. Im XI. und XII. Jahrhundert war es zu Kioto Sitte, dass der Hofadel (Kuge) die Ochsenkarren, auf denen er nach seinem Vorrecht ausfuhr, mit Goldlack schmücken liess. Einen neuen Aufschwung nahm die Lackindustrie zu Kioto zu Anfang des XV. Jahrhunderts, als Ashikaga Yoshimitsu im Vollgenuss seiner Macht einen alles Dagewesene über- bietenden Glanz entfaltete; doch blieb man bis zur Mitte des Jahr- hunderts (Zeit des Ashikaga Yoshimasa) der chinesischen Methode treu und hielt alle Verzierungen, welche vornehmlich in der Darstellung blühender Pflanzen bestanden, in derselben Fläche -- Hira-makiye.
Ein weiterer grosser Fortschritt zeigt sich nun von dieser Zeit an. In der Wahl der Decorationsmotive entwickelt man mehr Freiheit, ge- sellt zu den verschiedensten Naturgegenständen auch Landschaften und belebt sie durch ein neues Element von hoher Bedeutung, nämlich durch die Einführung des Taka-makiye bei erhabener Goldlackarbeit. Diese Decoration en bas-relief (raised lacquer) zeichnet neben manchem Andern noch heute die japanische Lackwaare vor der chinesischen, z. B. der von Canton, wesentlich aus.
Die Glanzzeit der alten japanischen Lackierkunst war unstreitig das Ende des 17. Jahrhunderts, die Periode des prunkliebenden Shogun Tokugawa Tsunayoshi (1681--1709) oder Jokenin, wie sein posthumer Name lautet. Goldlackgegenstände (Kästchen, Schachteln, Schreib- zeuge etc.) aus dieser Zeit sind wahre Meisterwerke, deren Anfertigung einen Arbeiter oft mehrere Jahre in Anspruch nahm, deren Verzierungen mit überraschender Geduld, Sorgfalt, Feinheit und Naturtreue ausge- führt wurde, deren Preise aber heutigen Tages auch entsprechend hoch sind, denn der hohen künstlerischen Vollendung mancher Stücke ent- spricht der Reichthum des angewandten Goldes.
Um diese Periode und ihre Industrie recht zu verstehen, müssen wir uns vergegenwärtigen, dass das Land um jene Zeit fast ganz ab- geschlossen und auf sich angewiesen, dass die Herrschaft der Toku- gawa-Shogune fest begründet und gegen keinen Feind mehr zu ver- theidigen war. So konnten sich Iyeyasu's Nachfolger in Yedo unge- stört einem verfeinerten Lebensgenuss hingeben, und da ihnen das Mark des Landes zufloss und Sado's Minen noch reiche Erträge an Gold und Silber lieferten und der Preis des ersteren den des letzteren nur um das 4--5fache überstieg, so kam es nicht auf die Zeit, noch
3: Lackindustrie.
Mit steigendem Luxus des Hofes und der Kuge’s, während die Fujiwara das Regiment führten, entwickelte sich auch die feinere Lackindustrie in Kiôto mehr und mehr. Die zunehmende Ausbildung der Feudalherrschaft brachte sie dann auch nach den Daimiôsitzen, vornehmlich aber blühte sie ausser zu Kiôto in Sakai und Kamakura. Im XI. und XII. Jahrhundert war es zu Kiôto Sitte, dass der Hofadel (Kuge) die Ochsenkarren, auf denen er nach seinem Vorrecht ausfuhr, mit Goldlack schmücken liess. Einen neuen Aufschwung nahm die Lackindustrie zu Kiôto zu Anfang des XV. Jahrhunderts, als Ashikaga Yoshimitsu im Vollgenuss seiner Macht einen alles Dagewesene über- bietenden Glanz entfaltete; doch blieb man bis zur Mitte des Jahr- hunderts (Zeit des Ashikaga Yoshimasa) der chinesischen Methode treu und hielt alle Verzierungen, welche vornehmlich in der Darstellung blühender Pflanzen bestanden, in derselben Fläche — Hira-makiye.
Ein weiterer grosser Fortschritt zeigt sich nun von dieser Zeit an. In der Wahl der Decorationsmotive entwickelt man mehr Freiheit, ge- sellt zu den verschiedensten Naturgegenständen auch Landschaften und belebt sie durch ein neues Element von hoher Bedeutung, nämlich durch die Einführung des Taka-makiye bei erhabener Goldlackarbeit. Diese Decoration en bas-relief (raised lacquer) zeichnet neben manchem Andern noch heute die japanische Lackwaare vor der chinesischen, z. B. der von Canton, wesentlich aus.
Die Glanzzeit der alten japanischen Lackierkunst war unstreitig das Ende des 17. Jahrhunderts, die Periode des prunkliebenden Shôgun Tokugawa Tsunayoshi (1681—1709) oder Jôkenin, wie sein posthumer Name lautet. Goldlackgegenstände (Kästchen, Schachteln, Schreib- zeuge etc.) aus dieser Zeit sind wahre Meisterwerke, deren Anfertigung einen Arbeiter oft mehrere Jahre in Anspruch nahm, deren Verzierungen mit überraschender Geduld, Sorgfalt, Feinheit und Naturtreue ausge- führt wurde, deren Preise aber heutigen Tages auch entsprechend hoch sind, denn der hohen künstlerischen Vollendung mancher Stücke ent- spricht der Reichthum des angewandten Goldes.
Um diese Periode und ihre Industrie recht zu verstehen, müssen wir uns vergegenwärtigen, dass das Land um jene Zeit fast ganz ab- geschlossen und auf sich angewiesen, dass die Herrschaft der Toku- gawa-Shôgune fest begründet und gegen keinen Feind mehr zu ver- theidigen war. So konnten sich Iyeyasu’s Nachfolger in Yedo unge- stört einem verfeinerten Lebensgenuss hingeben, und da ihnen das Mark des Landes zufloss und Sadô’s Minen noch reiche Erträge an Gold und Silber lieferten und der Preis des ersteren den des letzteren nur um das 4—5fache überstieg, so kam es nicht auf die Zeit, noch
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3: Lackindustrie.
Mit steigendem Luxus des Hofes und der Kuge’s, während die
Fujiwara das Regiment führten, entwickelte sich auch die feinere
Lackindustrie in Kiôto mehr und mehr. Die zunehmende Ausbildung
der Feudalherrschaft brachte sie dann auch nach den Daimiôsitzen,
vornehmlich aber blühte sie ausser zu Kiôto in Sakai und Kamakura.
Im XI. und XII. Jahrhundert war es zu Kiôto Sitte, dass der Hofadel
(Kuge) die Ochsenkarren, auf denen er nach seinem Vorrecht ausfuhr,
mit Goldlack schmücken liess. Einen neuen Aufschwung nahm die
Lackindustrie zu Kiôto zu Anfang des XV. Jahrhunderts, als Ashikaga
Yoshimitsu im Vollgenuss seiner Macht einen alles Dagewesene über-
bietenden Glanz entfaltete; doch blieb man bis zur Mitte des Jahr-
hunderts (Zeit des Ashikaga Yoshimasa) der chinesischen Methode treu
und hielt alle Verzierungen, welche vornehmlich in der Darstellung
blühender Pflanzen bestanden, in derselben Fläche — Hira-makiye.
Ein weiterer grosser Fortschritt zeigt sich nun von dieser Zeit an.
In der Wahl der Decorationsmotive entwickelt man mehr Freiheit, ge-
sellt zu den verschiedensten Naturgegenständen auch Landschaften und
belebt sie durch ein neues Element von hoher Bedeutung, nämlich
durch die Einführung des Taka-makiye bei erhabener Goldlackarbeit.
Diese Decoration en bas-relief (raised lacquer) zeichnet neben manchem
Andern noch heute die japanische Lackwaare vor der chinesischen,
z. B. der von Canton, wesentlich aus.
Die Glanzzeit der alten japanischen Lackierkunst war unstreitig
das Ende des 17. Jahrhunderts, die Periode des prunkliebenden Shôgun
Tokugawa Tsunayoshi (1681—1709) oder Jôkenin, wie sein posthumer
Name lautet. Goldlackgegenstände (Kästchen, Schachteln, Schreib-
zeuge etc.) aus dieser Zeit sind wahre Meisterwerke, deren Anfertigung
einen Arbeiter oft mehrere Jahre in Anspruch nahm, deren Verzierungen
mit überraschender Geduld, Sorgfalt, Feinheit und Naturtreue ausge-
führt wurde, deren Preise aber heutigen Tages auch entsprechend hoch
sind, denn der hohen künstlerischen Vollendung mancher Stücke ent-
spricht der Reichthum des angewandten Goldes.
Um diese Periode und ihre Industrie recht zu verstehen, müssen
wir uns vergegenwärtigen, dass das Land um jene Zeit fast ganz ab-
geschlossen und auf sich angewiesen, dass die Herrschaft der Toku-
gawa-Shôgune fest begründet und gegen keinen Feind mehr zu ver-
theidigen war. So konnten sich Iyeyasu’s Nachfolger in Yedo unge-
stört einem verfeinerten Lebensgenuss hingeben, und da ihnen das
Mark des Landes zufloss und Sadô’s Minen noch reiche Erträge an
Gold und Silber lieferten und der Preis des ersteren den des letzteren
nur um das 4—5fache überstieg, so kam es nicht auf die Zeit, noch
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/475>, abgerufen am 22.11.2024.
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