Das Stichblatt, Tsuba, ist so alt wie das Schwert. Es bildet eine etwa einen Millimeter dicke, kreisförmige, meist aber ovale Metall- platte von ungefähr 6 cm Durchmesser mit einer Oeffnung in der Mitte für den Durchgang der Schwertklinge. Eine zweite Oeffnung zur Seite diente zur Einfügung eines geraden Messers, des Ko-dzuka, dessen Klinge in einer äusseren Furche der Scheide mit einer Grube zur Auf- nahme der Spitze zu liegen kam. Oft zeigt das Stichblatt noch eine dritte Durchbrechung auf der entgegengesetzten Seite des eben er- wähnten, welche zur Aufnahme des Ko-gai, eines noch viel kleineren Messers bestimmt ist.
Sa ya, die Schwertscheide, wurde in der Regel aus dem Holze des Ho-no-ki (Magnolia hypoleuca) dargestellt und durch Lacküberzüge geschützt und ausgeschmückt. Der grösste Luxus entwickelte sich jedoch von der Zeit der Ashikaga-Shogune im 15. Jahrhundert an in der Metallverzierung des Stichblattes, Griffes und des Stiels vom Ko- dzuka. Dieser Zweig des Kunstgewerbes hat, wie W. Anderson be- tont, Japan Tausende geschickter Arbeiter und Dutzende berühmter Meister gegeben. *)
Es wurde schon pg. 509 hervorgehoben, dass die Eisenindustrie, soweit sie die Ausrüstung des Kriegers betrifft, mit den Kämpfen der Taira und Minamoto (Bd. I, pg. 264 ff.) ihren grossen Aufschwung nahm. Geschickte Schwertfeger gelangten zu hochgeachteter gesell- schaftlicher Stellung und erwarben sich mit ihren Schwertern unsterb- lichen Ruhm. Kioto, Ozaka und Kamakura waren die Hauptsitze derselben, in späteren Jahrhunderten auch Okayama in Bizen, Sakai in Idzumi, Seki in Mino und Tokio.
Masamune, welcher um das Jahr 1290 in Kamakura lebte, wird besonders hochgestellt. **) Sein Name erlangte adjektivische Bedeu- tung im Sinne vollkommenster Leistung und wurde später dem be- rühmten Bildschnitzer Jocho zu Nara in Yamato beigelegt, eine Aus- zeichnung, deren sich auch dessen Nachfolger noch 6 Generationen hindurch erfreuten. ***)
*) Murray's Handbook of Japan. 2. ed. pg. 115.
**) Wer über die Geschichte der japanischen Schwerter sich mehr unterrichten will, den verweise ich auf folgende Abhandlungen:
1) The Sword of Japan, by Thos. Mc Clatchie, in Transactions of the As. Soc. of Japan. Vol. 2. 1874. pg. 63 ff. 2) Die Japanischen Schwerter, von G. Müller-Beeck, Zeitschrift für Ethno- logie. 14. Bd. 1882. pg. 30 ff. 3) Das Japanische Schwert, von G. Hütterott. Mittheil. der deutsch. Gesell- schaft Ostasiens. 33. Heft 1885.
***) Siehe W. Anderson in Satow & Hawes: "A Handbook for Travellers in Ja- dan." 2. ed. London 1884. pg. [103].
III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Das Stichblatt, Tsuba, ist so alt wie das Schwert. Es bildet eine etwa einen Millimeter dicke, kreisförmige, meist aber ovale Metall- platte von ungefähr 6 cm Durchmesser mit einer Oeffnung in der Mitte für den Durchgang der Schwertklinge. Eine zweite Oeffnung zur Seite diente zur Einfügung eines geraden Messers, des Ko-dzuka, dessen Klinge in einer äusseren Furche der Scheide mit einer Grube zur Auf- nahme der Spitze zu liegen kam. Oft zeigt das Stichblatt noch eine dritte Durchbrechung auf der entgegengesetzten Seite des eben er- wähnten, welche zur Aufnahme des Kô-gai, eines noch viel kleineren Messers bestimmt ist.
Sa ya, die Schwertscheide, wurde in der Regel aus dem Holze des Ho-no-ki (Magnolia hypoleuca) dargestellt und durch Lacküberzüge geschützt und ausgeschmückt. Der grösste Luxus entwickelte sich jedoch von der Zeit der Ashikaga-Shôgune im 15. Jahrhundert an in der Metallverzierung des Stichblattes, Griffes und des Stiels vom Ko- dzuka. Dieser Zweig des Kunstgewerbes hat, wie W. Anderson be- tont, Japan Tausende geschickter Arbeiter und Dutzende berühmter Meister gegeben. *)
Es wurde schon pg. 509 hervorgehoben, dass die Eisenindustrie, soweit sie die Ausrüstung des Kriegers betrifft, mit den Kämpfen der Taira und Minamoto (Bd. I, pg. 264 ff.) ihren grossen Aufschwung nahm. Geschickte Schwertfeger gelangten zu hochgeachteter gesell- schaftlicher Stellung und erwarben sich mit ihren Schwertern unsterb- lichen Ruhm. Kiôto, Ôzaka und Kamakura waren die Hauptsitze derselben, in späteren Jahrhunderten auch Okayama in Bizen, Sakai in Idzumi, Seki in Mino und Tôkio.
Masamune, welcher um das Jahr 1290 in Kamakura lebte, wird besonders hochgestellt. **) Sein Name erlangte adjektivische Bedeu- tung im Sinne vollkommenster Leistung und wurde später dem be- rühmten Bildschnitzer Jôchô zu Nara in Yamato beigelegt, eine Aus- zeichnung, deren sich auch dessen Nachfolger noch 6 Generationen hindurch erfreuten. ***)
*) Murray’s Handbook of Japan. 2. ed. pg. 115.
**) Wer über die Geschichte der japanischen Schwerter sich mehr unterrichten will, den verweise ich auf folgende Abhandlungen:
1) The Sword of Japan, by Thos. Mc Clatchie, in Transactions of the As. Soc. of Japan. Vol. 2. 1874. pg. 63 ff. 2) Die Japanischen Schwerter, von G. Müller-Beeck, Zeitschrift für Ethno- logie. 14. Bd. 1882. pg. 30 ff. 3) Das Japanische Schwert, von G. Hütterott. Mittheil. der deutsch. Gesell- schaft Ostasiens. 33. Heft 1885.
***) Siehe W. Anderson in Satow & Hawes: »A Handbook for Travellers in Ja- dan.« 2. ed. London 1884. pg. [103].
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III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Das Stichblatt, Tsuba, ist so alt wie das Schwert. Es bildet
eine etwa einen Millimeter dicke, kreisförmige, meist aber ovale Metall-
platte von ungefähr 6 cm Durchmesser mit einer Oeffnung in der Mitte
für den Durchgang der Schwertklinge. Eine zweite Oeffnung zur Seite
diente zur Einfügung eines geraden Messers, des Ko-dzuka, dessen
Klinge in einer äusseren Furche der Scheide mit einer Grube zur Auf-
nahme der Spitze zu liegen kam. Oft zeigt das Stichblatt noch eine
dritte Durchbrechung auf der entgegengesetzten Seite des eben er-
wähnten, welche zur Aufnahme des Kô-gai, eines noch viel kleineren
Messers bestimmt ist.
Sa ya, die Schwertscheide, wurde in der Regel aus dem Holze
des Ho-no-ki (Magnolia hypoleuca) dargestellt und durch Lacküberzüge
geschützt und ausgeschmückt. Der grösste Luxus entwickelte sich
jedoch von der Zeit der Ashikaga-Shôgune im 15. Jahrhundert an in
der Metallverzierung des Stichblattes, Griffes und des Stiels vom Ko-
dzuka. Dieser Zweig des Kunstgewerbes hat, wie W. Anderson be-
tont, Japan Tausende geschickter Arbeiter und Dutzende berühmter
Meister gegeben. *)
Es wurde schon pg. 509 hervorgehoben, dass die Eisenindustrie,
soweit sie die Ausrüstung des Kriegers betrifft, mit den Kämpfen der
Taira und Minamoto (Bd. I, pg. 264 ff.) ihren grossen Aufschwung
nahm. Geschickte Schwertfeger gelangten zu hochgeachteter gesell-
schaftlicher Stellung und erwarben sich mit ihren Schwertern unsterb-
lichen Ruhm. Kiôto, Ôzaka und Kamakura waren die Hauptsitze
derselben, in späteren Jahrhunderten auch Okayama in Bizen, Sakai
in Idzumi, Seki in Mino und Tôkio.
Masamune, welcher um das Jahr 1290 in Kamakura lebte, wird
besonders hochgestellt. **) Sein Name erlangte adjektivische Bedeu-
tung im Sinne vollkommenster Leistung und wurde später dem be-
rühmten Bildschnitzer Jôchô zu Nara in Yamato beigelegt, eine Aus-
zeichnung, deren sich auch dessen Nachfolger noch 6 Generationen
hindurch erfreuten. ***)
*) Murray’s Handbook of Japan. 2. ed. pg. 115.
**) Wer über die Geschichte der japanischen Schwerter sich mehr unterrichten
will, den verweise ich auf folgende Abhandlungen:
1) The Sword of Japan, by Thos. Mc Clatchie, in Transactions of the As.
Soc. of Japan. Vol. 2. 1874. pg. 63 ff.
2) Die Japanischen Schwerter, von G. Müller-Beeck, Zeitschrift für Ethno-
logie. 14. Bd. 1882. pg. 30 ff.
3) Das Japanische Schwert, von G. Hütterott. Mittheil. der deutsch. Gesell-
schaft Ostasiens. 33. Heft 1885.
***) Siehe W. Anderson in Satow & Hawes: »A Handbook for Travellers in Ja-
dan.« 2. ed. London 1884. pg. [103].
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/562>, abgerufen am 22.11.2024.
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