der Rüstung des Kriegers der eiserne Brustpanzer, jap. Oke-gawa (wörtlich: Fass-Rinde), das Panzerhemd oder Kusari-katabira aus Draht- geflecht verdrängt hatte. Es wurde dann mehr und mehr Sitte, diese Brustpanzer, sowie Helme durch Silber- und Goldeinlage zu verzieren, ähnlich, wie in Europa, vornehmlich in Spanien, während des Mittel- alters Rüstungen und Waffen oft auf das kostbarste durch Tauschier- arbeit ausgestattet wurden. Die feinsten japanischen Rüstungen stammen aus der Zeit des Taiko-sama, also aus der zweiten Hälfte des 16. Jahr- hunderts.
Ueberraschender als die Tauschierarbeit auf schmiedeeisernen Panzern und Waffen ist ihre direkte Anwendung auf gusseiserne Tetsu- bin, Vasen und andere Gegenstände. Es liegt auf der Hand, dass das gegossene Eisen seiner Härte und Sprödigkeit wegen nicht sofort mit Hammer, Meissel und Stichel bearbeitet werden kann. Die Art, wie man durch Reduktion des Kohlenstoffgehaltes diese Eigenschaften mil- dert, haben Lehmann und Wagener in Kioto beobachtet. *) Es ist ein eigenthümlicher Entkohlungsprocess, durch welchen die Oberfläche der Kessel oder Töpfe eine dem weichen Eisen oder Stahl ähnliche Struktur erhält und hernach in derselben Weise behandelt werden kann, wie bei Zogan-Arbeit auf Schmiedeeisen.
Der Process zur Entkohlung der Oberfläche wird Yakeru (Bren- nen) genannt und in primitiven Vorrichtungen ausgeführt. Als Oefen dienen alte beschädigte Reiskochtöpfe, denen man den Boden aus- schlägt. Dann werden diese mit einem feuerbeständigen Thon (Oka- saki-tsuchi und Sand zu gleichen Theilen gemischt) im Innern ausge- kleidet, so dass ein cylindrischer Raum von der Weite der Boden- öffnung frei bleibt. Der so zubereitete Kama oder Kochtopf wird umgekehrt auf eine, aus derselben feuerfesten Masse gefertigte, 3--4 cm dicke Platte gestellt, die als Rost dient und zu dem Ende siebartig durchlöchert ist. Um der Platte eine grössere Haltbarkeit zu geben, ist sie von einem Eisenbande umgeben. Die Löcher haben eine Weite von etwa 1,5 cm. Um der Luft freien Zutritt zu gewähren, werden unter den Rand der Platte einige Steine gelegt. Sodann stellt man den zu brennenden Tetsu-bin, der vorher sorgfältig von Gusssand und Staub gereinigt wurde, in den Kama, unmittelbar auf die Rostplatte.
Die Grössenverhältnisse zwischen Kama und Tetsu-bin müssen derart sein, dass rings um den letzteren ein Raum von mindestens 5 cm frei bleibt. Dieser frei bleibende Raum wird sodann mit bester
*) Ich verdanke den freundlichen Mittheilungen dieser Herren (Ingenieur Leh- mann und Dr. Wagener, beide jetzt in Tokio) die hier gegebenen Notizen.
7. Metallindustrie.
der Rüstung des Kriegers der eiserne Brustpanzer, jap. Oke-gawa (wörtlich: Fass-Rinde), das Panzerhemd oder Kusari-katabira aus Draht- geflecht verdrängt hatte. Es wurde dann mehr und mehr Sitte, diese Brustpanzer, sowie Helme durch Silber- und Goldeinlage zu verzieren, ähnlich, wie in Europa, vornehmlich in Spanien, während des Mittel- alters Rüstungen und Waffen oft auf das kostbarste durch Tauschier- arbeit ausgestattet wurden. Die feinsten japanischen Rüstungen stammen aus der Zeit des Taiko-sama, also aus der zweiten Hälfte des 16. Jahr- hunderts.
Ueberraschender als die Tauschierarbeit auf schmiedeeisernen Panzern und Waffen ist ihre direkte Anwendung auf gusseiserne Tetsu- bin, Vasen und andere Gegenstände. Es liegt auf der Hand, dass das gegossene Eisen seiner Härte und Sprödigkeit wegen nicht sofort mit Hammer, Meissel und Stichel bearbeitet werden kann. Die Art, wie man durch Reduktion des Kohlenstoffgehaltes diese Eigenschaften mil- dert, haben Lehmann und Wagener in Kiôto beobachtet. *) Es ist ein eigenthümlicher Entkohlungsprocess, durch welchen die Oberfläche der Kessel oder Töpfe eine dem weichen Eisen oder Stahl ähnliche Struktur erhält und hernach in derselben Weise behandelt werden kann, wie bei Zogan-Arbeit auf Schmiedeeisen.
Der Process zur Entkohlung der Oberfläche wird Yakeru (Bren- nen) genannt und in primitiven Vorrichtungen ausgeführt. Als Oefen dienen alte beschädigte Reiskochtöpfe, denen man den Boden aus- schlägt. Dann werden diese mit einem feuerbeständigen Thon (Oka- saki-tsuchi und Sand zu gleichen Theilen gemischt) im Innern ausge- kleidet, so dass ein cylindrischer Raum von der Weite der Boden- öffnung frei bleibt. Der so zubereitete Kama oder Kochtopf wird umgekehrt auf eine, aus derselben feuerfesten Masse gefertigte, 3—4 cm dicke Platte gestellt, die als Rost dient und zu dem Ende siebartig durchlöchert ist. Um der Platte eine grössere Haltbarkeit zu geben, ist sie von einem Eisenbande umgeben. Die Löcher haben eine Weite von etwa 1,5 cm. Um der Luft freien Zutritt zu gewähren, werden unter den Rand der Platte einige Steine gelegt. Sodann stellt man den zu brennenden Tetsu-bin, der vorher sorgfältig von Gusssand und Staub gereinigt wurde, in den Kama, unmittelbar auf die Rostplatte.
Die Grössenverhältnisse zwischen Kama und Tetsu-bin müssen derart sein, dass rings um den letzteren ein Raum von mindestens 5 cm frei bleibt. Dieser frei bleibende Raum wird sodann mit bester
*) Ich verdanke den freundlichen Mittheilungen dieser Herren (Ingenieur Leh- mann und Dr. Wagener, beide jetzt in Tôkio) die hier gegebenen Notizen.
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7. Metallindustrie.
der Rüstung des Kriegers der eiserne Brustpanzer, jap. Oke-gawa
(wörtlich: Fass-Rinde), das Panzerhemd oder Kusari-katabira aus Draht-
geflecht verdrängt hatte. Es wurde dann mehr und mehr Sitte, diese
Brustpanzer, sowie Helme durch Silber- und Goldeinlage zu verzieren,
ähnlich, wie in Europa, vornehmlich in Spanien, während des Mittel-
alters Rüstungen und Waffen oft auf das kostbarste durch Tauschier-
arbeit ausgestattet wurden. Die feinsten japanischen Rüstungen stammen
aus der Zeit des Taiko-sama, also aus der zweiten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts.
Ueberraschender als die Tauschierarbeit auf schmiedeeisernen
Panzern und Waffen ist ihre direkte Anwendung auf gusseiserne Tetsu-
bin, Vasen und andere Gegenstände. Es liegt auf der Hand, dass das
gegossene Eisen seiner Härte und Sprödigkeit wegen nicht sofort mit
Hammer, Meissel und Stichel bearbeitet werden kann. Die Art, wie
man durch Reduktion des Kohlenstoffgehaltes diese Eigenschaften mil-
dert, haben Lehmann und Wagener in Kiôto beobachtet. *) Es ist
ein eigenthümlicher Entkohlungsprocess, durch welchen die Oberfläche
der Kessel oder Töpfe eine dem weichen Eisen oder Stahl ähnliche
Struktur erhält und hernach in derselben Weise behandelt werden
kann, wie bei Zogan-Arbeit auf Schmiedeeisen.
Der Process zur Entkohlung der Oberfläche wird Yakeru (Bren-
nen) genannt und in primitiven Vorrichtungen ausgeführt. Als Oefen
dienen alte beschädigte Reiskochtöpfe, denen man den Boden aus-
schlägt. Dann werden diese mit einem feuerbeständigen Thon (Oka-
saki-tsuchi und Sand zu gleichen Theilen gemischt) im Innern ausge-
kleidet, so dass ein cylindrischer Raum von der Weite der Boden-
öffnung frei bleibt. Der so zubereitete Kama oder Kochtopf wird
umgekehrt auf eine, aus derselben feuerfesten Masse gefertigte, 3—4 cm
dicke Platte gestellt, die als Rost dient und zu dem Ende siebartig
durchlöchert ist. Um der Platte eine grössere Haltbarkeit zu geben,
ist sie von einem Eisenbande umgeben. Die Löcher haben eine Weite
von etwa 1,5 cm. Um der Luft freien Zutritt zu gewähren, werden
unter den Rand der Platte einige Steine gelegt. Sodann stellt man
den zu brennenden Tetsu-bin, der vorher sorgfältig von Gusssand und
Staub gereinigt wurde, in den Kama, unmittelbar auf die Rostplatte.
Die Grössenverhältnisse zwischen Kama und Tetsu-bin müssen
derart sein, dass rings um den letzteren ein Raum von mindestens
5 cm frei bleibt. Dieser frei bleibende Raum wird sodann mit bester
*) Ich verdanke den freundlichen Mittheilungen dieser Herren (Ingenieur Leh-
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/567>, abgerufen am 22.11.2024.
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