Dieselbe wird in das Jahr 724 n. Ch. verlegt und dem berühmten Bonzen Giogi (670--749 n. Ch.) in Idzumi zugeschrieben, mit dessen Namen man auch mehrere der ältesten Kunstdenkmäler der Tempel und Klöster zu Nara in Verbindung bringt. Dass er einen grossen Einfluss auf die Thonwaaren-Industrie seines Landes ausgeübt haben muss, kann man auch dem Umstande entnehmen, dass man ihren älteren Produkten den Collectivnamen Giogi-yaki gegeben hat.
Unter dem Schatz der Pagode Todaiji zu Nara befindet sich eine Sammlung schwarzer, harter irdener Gegenstände, vornehmlich Töpfe und Vasen, welche erwiesenermaassen aus der Zeit des Giogi stammen und deutliche Spuren der Drehscheibe aufweisen. Eines der interessantesten Stücke aus älterer Zeit, das schon eine grössere Fer- tigkeit auf diesem wichtigen Apparat bekundet, ist eine Vase, die in einem Grabe zu Hano in Kotsuke zusammen mit werthvollen Steinen, Bronze und Eisen gefunden wurde. Tafel 33 des Eingangs erwähnten Werkes von Ninagawa bietet eine schöne Abbildung derselben. Sie ist hartgebrannt, nach aussen schwarzblau, im Bruch röthlich. Ihre Gestalt erinnert an die unter dem Namen "Römer" bekannten Kelch- gläser, wenn man sich über der Cuppa noch einen, die Kugelform er- gänzenden Deckel denkt, der sich nach oben zu einem ziemlich weiten cylindrischen Halse gestaltet. Die Maassverhältnisse sind sehr gut ge- wählt, und ebenso bekundet die Anbringung der einfachen Wellen- und Linienornamente einen feinen Geschmack.
Zu solchen, durch die Drehscheibe bedingten Fortschritten gesellte sich nun im 8. Jahrhundert auch noch die Einführung glasig durch- scheinender Glasur. Am ältesten dürfte die Anwendung der Kochsalz- glasur auf Steinzeug sein, die ja auch in unserer deutschen Töpferei, und namentlich beim Brennen des Steinzeuges für Haushaltungszwecke viel und seit vielen Jahrhunderten im Gebrauch ist. Gefärbte, opake Glasuren schlossen sich allmählich an; doch hat das weisse Zinnemail sich nie recht eingebürgert, selbst nicht beim Cloisonne. In den folgenden Jahr- hunderten bildete die Verbreitung des Thees und der sogenannten Cha-no-yu oder ceremoniellen Theegesellschaften (an denen übrigens Damen nicht teilnahmen) einen eigenartigen Anstoss für die Töpferei. Urnenartige Deckelvasen zur Aufbewahrung der gedörrten Theeblätter des Handels, Theetöpfe und Theeschalen wurden viel verlangt; aber der Geschmack nahm eine sonderbare Richtung an, insofern man plumpen, handgeformten Gefässen den Vorzug gab, sobald sie nur die schwarze Glasur aufwiesen, welche man zur Conservierung des Thees besonders schätzte. Die erwähnten Eigenschaften fand man vor- nehmlich bei dem unter dem Namen Raku-yaki bekannten Fabrikat.
Rein, Japan. II. 35
8. Keramik.
Dieselbe wird in das Jahr 724 n. Ch. verlegt und dem berühmten Bonzen Giôgi (670—749 n. Ch.) in Idzumi zugeschrieben, mit dessen Namen man auch mehrere der ältesten Kunstdenkmäler der Tempel und Klöster zu Nara in Verbindung bringt. Dass er einen grossen Einfluss auf die Thonwaaren-Industrie seines Landes ausgeübt haben muss, kann man auch dem Umstande entnehmen, dass man ihren älteren Produkten den Collectivnamen Giôgi-yaki gegeben hat.
Unter dem Schatz der Pagode Tôdaiji zu Nara befindet sich eine Sammlung schwarzer, harter irdener Gegenstände, vornehmlich Töpfe und Vasen, welche erwiesenermaassen aus der Zeit des Giôgi stammen und deutliche Spuren der Drehscheibe aufweisen. Eines der interessantesten Stücke aus älterer Zeit, das schon eine grössere Fer- tigkeit auf diesem wichtigen Apparat bekundet, ist eine Vase, die in einem Grabe zu Hano in Kôtsuke zusammen mit werthvollen Steinen, Bronze und Eisen gefunden wurde. Tafel 33 des Eingangs erwähnten Werkes von Ninagawa bietet eine schöne Abbildung derselben. Sie ist hartgebrannt, nach aussen schwarzblau, im Bruch röthlich. Ihre Gestalt erinnert an die unter dem Namen »Römer« bekannten Kelch- gläser, wenn man sich über der Cuppa noch einen, die Kugelform er- gänzenden Deckel denkt, der sich nach oben zu einem ziemlich weiten cylindrischen Halse gestaltet. Die Maassverhältnisse sind sehr gut ge- wählt, und ebenso bekundet die Anbringung der einfachen Wellen- und Linienornamente einen feinen Geschmack.
Zu solchen, durch die Drehscheibe bedingten Fortschritten gesellte sich nun im 8. Jahrhundert auch noch die Einführung glasig durch- scheinender Glasur. Am ältesten dürfte die Anwendung der Kochsalz- glasur auf Steinzeug sein, die ja auch in unserer deutschen Töpferei, und namentlich beim Brennen des Steinzeuges für Haushaltungszwecke viel und seit vielen Jahrhunderten im Gebrauch ist. Gefärbte, opake Glasuren schlossen sich allmählich an; doch hat das weisse Zinnemail sich nie recht eingebürgert, selbst nicht beim Cloisonné. In den folgenden Jahr- hunderten bildete die Verbreitung des Thees und der sogenannten Cha-no-yu oder ceremoniellen Theegesellschaften (an denen übrigens Damen nicht teilnahmen) einen eigenartigen Anstoss für die Töpferei. Urnenartige Deckelvasen zur Aufbewahrung der gedörrten Theeblätter des Handels, Theetöpfe und Theeschalen wurden viel verlangt; aber der Geschmack nahm eine sonderbare Richtung an, insofern man plumpen, handgeformten Gefässen den Vorzug gab, sobald sie nur die schwarze Glasur aufwiesen, welche man zur Conservierung des Thees besonders schätzte. Die erwähnten Eigenschaften fand man vor- nehmlich bei dem unter dem Namen Raku-yaki bekannten Fabrikat.
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8. Keramik.
Dieselbe wird in das Jahr 724 n. Ch. verlegt und dem berühmten
Bonzen Giôgi (670—749 n. Ch.) in Idzumi zugeschrieben, mit dessen
Namen man auch mehrere der ältesten Kunstdenkmäler der Tempel und
Klöster zu Nara in Verbindung bringt. Dass er einen grossen Einfluss
auf die Thonwaaren-Industrie seines Landes ausgeübt haben muss,
kann man auch dem Umstande entnehmen, dass man ihren älteren
Produkten den Collectivnamen Giôgi-yaki gegeben hat.
Unter dem Schatz der Pagode Tôdaiji zu Nara befindet sich
eine Sammlung schwarzer, harter irdener Gegenstände, vornehmlich
Töpfe und Vasen, welche erwiesenermaassen aus der Zeit des Giôgi
stammen und deutliche Spuren der Drehscheibe aufweisen. Eines der
interessantesten Stücke aus älterer Zeit, das schon eine grössere Fer-
tigkeit auf diesem wichtigen Apparat bekundet, ist eine Vase, die in
einem Grabe zu Hano in Kôtsuke zusammen mit werthvollen Steinen,
Bronze und Eisen gefunden wurde. Tafel 33 des Eingangs erwähnten
Werkes von Ninagawa bietet eine schöne Abbildung derselben. Sie
ist hartgebrannt, nach aussen schwarzblau, im Bruch röthlich. Ihre
Gestalt erinnert an die unter dem Namen »Römer« bekannten Kelch-
gläser, wenn man sich über der Cuppa noch einen, die Kugelform er-
gänzenden Deckel denkt, der sich nach oben zu einem ziemlich weiten
cylindrischen Halse gestaltet. Die Maassverhältnisse sind sehr gut ge-
wählt, und ebenso bekundet die Anbringung der einfachen Wellen- und
Linienornamente einen feinen Geschmack.
Zu solchen, durch die Drehscheibe bedingten Fortschritten gesellte
sich nun im 8. Jahrhundert auch noch die Einführung glasig durch-
scheinender Glasur. Am ältesten dürfte die Anwendung der Kochsalz-
glasur auf Steinzeug sein, die ja auch in unserer deutschen Töpferei, und
namentlich beim Brennen des Steinzeuges für Haushaltungszwecke viel
und seit vielen Jahrhunderten im Gebrauch ist. Gefärbte, opake Glasuren
schlossen sich allmählich an; doch hat das weisse Zinnemail sich nie
recht eingebürgert, selbst nicht beim Cloisonné. In den folgenden Jahr-
hunderten bildete die Verbreitung des Thees und der sogenannten
Cha-no-yu oder ceremoniellen Theegesellschaften (an denen übrigens
Damen nicht teilnahmen) einen eigenartigen Anstoss für die Töpferei.
Urnenartige Deckelvasen zur Aufbewahrung der gedörrten Theeblätter
des Handels, Theetöpfe und Theeschalen wurden viel verlangt;
aber der Geschmack nahm eine sonderbare Richtung an, insofern man
plumpen, handgeformten Gefässen den Vorzug gab, sobald sie nur die
schwarze Glasur aufwiesen, welche man zur Conservierung des Thees
besonders schätzte. Die erwähnten Eigenschaften fand man vor-
nehmlich bei dem unter dem Namen Raku-yaki bekannten Fabrikat.
Rein, Japan. II. 35
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 545. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/595>, abgerufen am 22.11.2024.
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