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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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III. Kunstgewerbe und Verwandtes.

Sind auch die Verluste bei diesen liegenden Brennöfen keines-
wegs so hoch, wie man annehmen sollte, so bieten doch die Gallerie-
öfen Europas mit ihren Etagefeuerungen und bequemen Vorrichtungen
zur Bestimmung und Regulierung der nöthigen Hitze ausserordentliche
Vorteile. Was auf langem empirischen Wege von den Chinesen und
Japanern erreicht wurde, Resultate, die mehr der Zufall herbeiführte,
das lässt sich hier und mit Hülfe der Chemie zielbewusst in kürzester
Zeit erproben. Hierher rechne ich unter Anderm die Versuche mit
neuen Materialien und Massen, mit Glasuren und Farben.

Die Farben, welche man in Japan zur Decoration der Thonwaaren
benutzt, sind die nämlichen, welche wir auch gebrauchen; ja sie
werden jetzt grösstenteils aus Europa bezogen. Wenn nichts desto-
weniger verschiedene derselben z. B. das Blau aus Kobaltoxyd und
das Roth aus Kolkothar intensiver, lebhafter und wirksamer erscheinen,
so liegt dies teils in der verschiedenen Beschaffenheit der Unterlage,
Art des Auftragens und Hitze des Einbrennens, vornehmlich aber da-
ran, dass sie länger, sorgfältiger und feiner vor dem Gebrauch zer-
rieben werden.

Die gewöhnlichsten Gefässe, welche die japanische Keramik liefert,
sind: Wan, die Schale, Obertasse, Cha-wan, die Theeschale, der
Theenapf, Temmoki, die grosse Schale, Choku, die kleine, halb-
kugelige zum Sake-Trinken, Sake-dzuki, die flache Sake-Schale,
Domburi, der grössere halbkugelförmige oder cylindrische Napf,
Hachi, der Napf, die Bowle, Shiu-ro, das Becken zum Hände-
wärmen, Midzu-bachi, das Wasserbecken z. B. für Goldfische, Koro,
das Räuchergefäss, der Räuchertopf, Hana-ike, die Blumenvase, Uye-
ki-bachi
, der Blumentopf, Tokkuri, die Flasche, Cha-bin, Cha-
dashi
, der Theetopf, Kibisho und Shiusu, ein kleiner Theetopf
aus Porzellan oder Steingut mit geradem, hohlem Griff aus demselben
Material gegenüber der Ausflussstelle, Do-bin, ein irdener Theetopf
mit Bambus- oder Rotanghenkel, Kuwashi-ire, die Zuckerdose, Bon-
bonniere, Tsubo, die ei- oder urnenförmige Deckelvase, Cha-tsubo,
oder Cha-ire, die Theedose, Deckelvase zum Aufbewahren des Thees,
Kame, ein grosser Tsubo, Tane-tsubo, die Urne zum Aufbewahren
von Sämereien. Shita-tsuki, die Untertasse, Sara, Teller, Schüssel.

Ferner liefert die Kunsttöpferei Oki-mono oder Nippsachen
mancherlei Art, Nachbildungen von Vögeln, wie Hahn und Henne, und
andern Thieren, von menschlichen Figuren und vor allem auch viele
Ningio oder Puppen. Insbesondere ist ein Stadtteil von Kioto auf
der Südseite nach Fushimi hin durch seine umfangreiche Puppen-
industrie bemerkenswerth. In der ordinären Töpferei sind zu den

III. Kunstgewerbe und Verwandtes.

Sind auch die Verluste bei diesen liegenden Brennöfen keines-
wegs so hoch, wie man annehmen sollte, so bieten doch die Gallerie-
öfen Europas mit ihren Etagefeuerungen und bequemen Vorrichtungen
zur Bestimmung und Regulierung der nöthigen Hitze ausserordentliche
Vorteile. Was auf langem empirischen Wege von den Chinesen und
Japanern erreicht wurde, Resultate, die mehr der Zufall herbeiführte,
das lässt sich hier und mit Hülfe der Chemie zielbewusst in kürzester
Zeit erproben. Hierher rechne ich unter Anderm die Versuche mit
neuen Materialien und Massen, mit Glasuren und Farben.

Die Farben, welche man in Japan zur Decoration der Thonwaaren
benutzt, sind die nämlichen, welche wir auch gebrauchen; ja sie
werden jetzt grösstenteils aus Europa bezogen. Wenn nichts desto-
weniger verschiedene derselben z. B. das Blau aus Kobaltoxyd und
das Roth aus Kolkothar intensiver, lebhafter und wirksamer erscheinen,
so liegt dies teils in der verschiedenen Beschaffenheit der Unterlage,
Art des Auftragens und Hitze des Einbrennens, vornehmlich aber da-
ran, dass sie länger, sorgfältiger und feiner vor dem Gebrauch zer-
rieben werden.

Die gewöhnlichsten Gefässe, welche die japanische Keramik liefert,
sind: Wan, die Schale, Obertasse, Cha-wan, die Theeschale, der
Theenapf, Temmoki, die grosse Schale, Choku, die kleine, halb-
kugelige zum Sake-Trinken, Sake-dzuki, die flache Sake-Schale,
Domburi, der grössere halbkugelförmige oder cylindrische Napf,
Hachi, der Napf, die Bowle, Shiu-ro, das Becken zum Hände-
wärmen, Midzu-bachi, das Wasserbecken z. B. für Goldfische, Koro,
das Räuchergefäss, der Räuchertopf, Hana-ike, die Blumenvase, Uye-
ki-bachi
, der Blumentopf, Tokkuri, die Flasche, Cha-bin, Cha-
dashi
, der Theetopf, Kibisho und Shiusu, ein kleiner Theetopf
aus Porzellan oder Steingut mit geradem, hohlem Griff aus demselben
Material gegenüber der Ausflussstelle, Do-bin, ein irdener Theetopf
mit Bambus- oder Rotanghenkel, Kuwashi-ire, die Zuckerdose, Bon-
bonnière, Tsubo, die ei- oder urnenförmige Deckelvase, Cha-tsubo,
oder Cha-ire, die Theedose, Deckelvase zum Aufbewahren des Thees,
Kame, ein grosser Tsubo, Tane-tsubo, die Urne zum Aufbewahren
von Sämereien. Shita-tsuki, die Untertasse, Sara, Teller, Schüssel.

Ferner liefert die Kunsttöpferei Oki-mono oder Nippsachen
mancherlei Art, Nachbildungen von Vögeln, wie Hahn und Henne, und
andern Thieren, von menschlichen Figuren und vor allem auch viele
Ningiô oder Puppen. Insbesondere ist ein Stadtteil von Kiôto auf
der Südseite nach Fushimi hin durch seine umfangreiche Puppen-
industrie bemerkenswerth. In der ordinären Töpferei sind zu den

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[558/0608] III. Kunstgewerbe und Verwandtes. Sind auch die Verluste bei diesen liegenden Brennöfen keines- wegs so hoch, wie man annehmen sollte, so bieten doch die Gallerie- öfen Europas mit ihren Etagefeuerungen und bequemen Vorrichtungen zur Bestimmung und Regulierung der nöthigen Hitze ausserordentliche Vorteile. Was auf langem empirischen Wege von den Chinesen und Japanern erreicht wurde, Resultate, die mehr der Zufall herbeiführte, das lässt sich hier und mit Hülfe der Chemie zielbewusst in kürzester Zeit erproben. Hierher rechne ich unter Anderm die Versuche mit neuen Materialien und Massen, mit Glasuren und Farben. Die Farben, welche man in Japan zur Decoration der Thonwaaren benutzt, sind die nämlichen, welche wir auch gebrauchen; ja sie werden jetzt grösstenteils aus Europa bezogen. Wenn nichts desto- weniger verschiedene derselben z. B. das Blau aus Kobaltoxyd und das Roth aus Kolkothar intensiver, lebhafter und wirksamer erscheinen, so liegt dies teils in der verschiedenen Beschaffenheit der Unterlage, Art des Auftragens und Hitze des Einbrennens, vornehmlich aber da- ran, dass sie länger, sorgfältiger und feiner vor dem Gebrauch zer- rieben werden. Die gewöhnlichsten Gefässe, welche die japanische Keramik liefert, sind: Wan, die Schale, Obertasse, Cha-wan, die Theeschale, der Theenapf, Temmoki, die grosse Schale, Choku, die kleine, halb- kugelige zum Sake-Trinken, Sake-dzuki, die flache Sake-Schale, Domburi, der grössere halbkugelförmige oder cylindrische Napf, Hachi, der Napf, die Bowle, Shiu-ro, das Becken zum Hände- wärmen, Midzu-bachi, das Wasserbecken z. B. für Goldfische, Koro, das Räuchergefäss, der Räuchertopf, Hana-ike, die Blumenvase, Uye- ki-bachi, der Blumentopf, Tokkuri, die Flasche, Cha-bin, Cha- dashi, der Theetopf, Kibisho und Shiusu, ein kleiner Theetopf aus Porzellan oder Steingut mit geradem, hohlem Griff aus demselben Material gegenüber der Ausflussstelle, Do-bin, ein irdener Theetopf mit Bambus- oder Rotanghenkel, Kuwashi-ire, die Zuckerdose, Bon- bonnière, Tsubo, die ei- oder urnenförmige Deckelvase, Cha-tsubo, oder Cha-ire, die Theedose, Deckelvase zum Aufbewahren des Thees, Kame, ein grosser Tsubo, Tane-tsubo, die Urne zum Aufbewahren von Sämereien. Shita-tsuki, die Untertasse, Sara, Teller, Schüssel. Ferner liefert die Kunsttöpferei Oki-mono oder Nippsachen mancherlei Art, Nachbildungen von Vögeln, wie Hahn und Henne, und andern Thieren, von menschlichen Figuren und vor allem auch viele Ningiô oder Puppen. Insbesondere ist ein Stadtteil von Kiôto auf der Südseite nach Fushimi hin durch seine umfangreiche Puppen- industrie bemerkenswerth. In der ordinären Töpferei sind zu den

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 558. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/608>, abgerufen am 23.11.2024.