verschiedenen Wurzelgewächsen und anderen mehr bepflanzt, über der gelbgrünen Reisflur sich abheben, wie in unsern Gärten die einzelnen Blumenbeete über dem wohlgepflegten Rasen. --
Bei der nun folgenden Gruppierung und Betrachtung der japani- schen Feldgewächse bin ich im Allgemeinen der natürlichen Einthei- lung des Pflanzenbaues in den meisten unserer landwirthschaftlichen Lehrbücher gefolgt. Da die erste und wichtigste Aufgabe des Acker- baues die Beschaffung menschlicher Nahrung ist und dieselbe vorwie- gend durch die Halm-, Hülsen- und Hackfrüchte gewonnen wird, so gehen diese Gruppen naturgemäss allen andern Feldfrüchten voraus und hat ihr Anbau die älteste Geschichte. Ihnen reihen sich Gemüse und sonstige Küchenkräuter an, welche zum Theil, wie Melonen- und Laucharten, ebenfalls seit Jahrtausenden angebaut werden. Hieran schliessen sich, -- wenn auch nicht bezüglich der Gewinnung, so doch hinsichtlich der Verwendung, -- Adlerfarren, Pilze, Algen und Algen- präparate an, ferner die essbaren Früchte, welche der Obstbau und der Wald liefern, und endlich die Nahrungs- und Genussmittel, welche wie Sake, Shoyu, Tofu und andere aus Getreide und Hülsenfrüchten fabrikmässig gewonnen werden. Die nun folgende Abtheilung der Handelsgewächse umfasst die Stimulanten und Droguen, sowie die Oel-, Textil- und Farbpflanzen.
Verschiedene der zum Theil hochwichtigen Repräsentanten dieser Gruppe, wie Oelsaaten, Flachs, Hanf und Tabak, gedeihen in Japan und auch noch auf Yezo ganz vortrefflich. Man wird desshalb bei Erweiterung und rationellem Betrieb des Ackerbaues ihre Cultur in erster Linie ins Auge fassen müssen. Im Getreidebau ist die Ein- führung besserer Saat an Stelle der gebräuchlichen für Weizen und Gerste geboten, da diese im Laufe der Zeit entschieden degenerirt sind, indem sie leichtere Körner und dürftigere Erträge liefern, als bei uns. Sie fallen eben im japanischen Haushalte dem Reis gegenüber weni- ger ins Gewicht, wesshalb ihrer Cultur nicht die gleiche Aufmerksam- keit zugewandt wurde.
Reis, Hülsenfrüchte, Fische und Eier spielten in der Ernährung des Japaners immer die grösste Rolle, wobei der stärkereiche Reis durch die Proteinmenge der andern zweckmässig ergänzt, in den Gebirgsgegenden aber vornehmlich durch verschiedene Hirsearten er- setzt wurde. In diesem Verhältniss hat auch die Neuzeit keine we- sentliche Aenderung bewirkt.
Der Japaner lernte gleich seinem westlichen Nachbar, dem Chi- nesen, Brot und verwandte Backwaaren erst durch die Portugiesen ken- nen. Von ihnen adoptirte er auch die Benennungen pan und Kasutera
1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
verschiedenen Wurzelgewächsen und anderen mehr bepflanzt, über der gelbgrünen Reisflur sich abheben, wie in unsern Gärten die einzelnen Blumenbeete über dem wohlgepflegten Rasen. —
Bei der nun folgenden Gruppierung und Betrachtung der japani- schen Feldgewächse bin ich im Allgemeinen der natürlichen Einthei- lung des Pflanzenbaues in den meisten unserer landwirthschaftlichen Lehrbücher gefolgt. Da die erste und wichtigste Aufgabe des Acker- baues die Beschaffung menschlicher Nahrung ist und dieselbe vorwie- gend durch die Halm-, Hülsen- und Hackfrüchte gewonnen wird, so gehen diese Gruppen naturgemäss allen andern Feldfrüchten voraus und hat ihr Anbau die älteste Geschichte. Ihnen reihen sich Gemüse und sonstige Küchenkräuter an, welche zum Theil, wie Melonen- und Laucharten, ebenfalls seit Jahrtausenden angebaut werden. Hieran schliessen sich, — wenn auch nicht bezüglich der Gewinnung, so doch hinsichtlich der Verwendung, — Adlerfarren, Pilze, Algen und Algen- präparate an, ferner die essbaren Früchte, welche der Obstbau und der Wald liefern, und endlich die Nahrungs- und Genussmittel, welche wie Sake, Shôyu, Tôfu und andere aus Getreide und Hülsenfrüchten fabrikmässig gewonnen werden. Die nun folgende Abtheilung der Handelsgewächse umfasst die Stimulanten und Droguen, sowie die Oel-, Textil- und Farbpflanzen.
Verschiedene der zum Theil hochwichtigen Repräsentanten dieser Gruppe, wie Oelsaaten, Flachs, Hanf und Tabak, gedeihen in Japan und auch noch auf Yezo ganz vortrefflich. Man wird desshalb bei Erweiterung und rationellem Betrieb des Ackerbaues ihre Cultur in erster Linie ins Auge fassen müssen. Im Getreidebau ist die Ein- führung besserer Saat an Stelle der gebräuchlichen für Weizen und Gerste geboten, da diese im Laufe der Zeit entschieden degenerirt sind, indem sie leichtere Körner und dürftigere Erträge liefern, als bei uns. Sie fallen eben im japanischen Haushalte dem Reis gegenüber weni- ger ins Gewicht, wesshalb ihrer Cultur nicht die gleiche Aufmerksam- keit zugewandt wurde.
Reis, Hülsenfrüchte, Fische und Eier spielten in der Ernährung des Japaners immer die grösste Rolle, wobei der stärkereiche Reis durch die Proteïnmenge der andern zweckmässig ergänzt, in den Gebirgsgegenden aber vornehmlich durch verschiedene Hirsearten er- setzt wurde. In diesem Verhältniss hat auch die Neuzeit keine we- sentliche Aenderung bewirkt.
Der Japaner lernte gleich seinem westlichen Nachbar, dem Chi- nesen, Brot und verwandte Backwaaren erst durch die Portugiesen ken- nen. Von ihnen adoptirte er auch die Benennungen pan und Kasutera
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0061"n="41"/><fwplace="top"type="header">1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.</fw><lb/>
verschiedenen Wurzelgewächsen und anderen mehr bepflanzt, über der<lb/>
gelbgrünen Reisflur sich abheben, wie in unsern Gärten die einzelnen<lb/>
Blumenbeete über dem wohlgepflegten Rasen. —</p><lb/><p>Bei der nun folgenden Gruppierung und Betrachtung der japani-<lb/>
schen Feldgewächse bin ich im Allgemeinen der natürlichen Einthei-<lb/>
lung des Pflanzenbaues in den meisten unserer landwirthschaftlichen<lb/>
Lehrbücher gefolgt. Da die erste und wichtigste Aufgabe des Acker-<lb/>
baues die Beschaffung menschlicher Nahrung ist und dieselbe vorwie-<lb/>
gend durch die Halm-, Hülsen- und Hackfrüchte gewonnen wird, so<lb/>
gehen diese Gruppen naturgemäss allen andern Feldfrüchten voraus<lb/>
und hat ihr Anbau die älteste Geschichte. Ihnen reihen sich Gemüse<lb/>
und sonstige Küchenkräuter an, welche zum Theil, wie Melonen- und<lb/>
Laucharten, ebenfalls seit Jahrtausenden angebaut werden. Hieran<lb/>
schliessen sich, — wenn auch nicht bezüglich der Gewinnung, so doch<lb/>
hinsichtlich der Verwendung, — Adlerfarren, Pilze, Algen und Algen-<lb/>
präparate an, ferner die essbaren Früchte, welche der Obstbau und<lb/>
der Wald liefern, und endlich die Nahrungs- und Genussmittel, welche<lb/>
wie Sake, Shôyu, Tôfu und andere aus Getreide und Hülsenfrüchten<lb/>
fabrikmässig gewonnen werden. Die nun folgende Abtheilung der<lb/><hirendition="#g">Handelsgewächse</hi> umfasst die Stimulanten und Droguen, sowie die<lb/>
Oel-, Textil- und Farbpflanzen.</p><lb/><p>Verschiedene der zum Theil hochwichtigen Repräsentanten dieser<lb/>
Gruppe, wie Oelsaaten, Flachs, Hanf und Tabak, gedeihen in Japan<lb/>
und auch noch auf Yezo ganz vortrefflich. Man wird desshalb bei<lb/>
Erweiterung und rationellem Betrieb des Ackerbaues ihre Cultur in<lb/>
erster Linie ins Auge fassen müssen. Im Getreidebau ist die Ein-<lb/>
führung besserer Saat an Stelle der gebräuchlichen für Weizen und<lb/>
Gerste geboten, da diese im Laufe der Zeit entschieden degenerirt sind,<lb/>
indem sie leichtere Körner und dürftigere Erträge liefern, als bei uns.<lb/>
Sie fallen eben im japanischen Haushalte dem Reis gegenüber weni-<lb/>
ger ins Gewicht, wesshalb ihrer Cultur nicht die gleiche Aufmerksam-<lb/>
keit zugewandt wurde.</p><lb/><p>Reis, Hülsenfrüchte, Fische und Eier spielten in der Ernährung<lb/>
des Japaners immer die grösste Rolle, wobei der stärkereiche Reis<lb/>
durch die Proteïnmenge der andern zweckmässig ergänzt, in den<lb/>
Gebirgsgegenden aber vornehmlich durch verschiedene Hirsearten er-<lb/>
setzt wurde. In diesem Verhältniss hat auch die Neuzeit keine we-<lb/>
sentliche Aenderung bewirkt.</p><lb/><p>Der Japaner lernte gleich seinem westlichen Nachbar, dem Chi-<lb/>
nesen, Brot und verwandte Backwaaren erst durch die Portugiesen ken-<lb/>
nen. Von ihnen adoptirte er auch die Benennungen pan und Kasutera<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[41/0061]
1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
verschiedenen Wurzelgewächsen und anderen mehr bepflanzt, über der
gelbgrünen Reisflur sich abheben, wie in unsern Gärten die einzelnen
Blumenbeete über dem wohlgepflegten Rasen. —
Bei der nun folgenden Gruppierung und Betrachtung der japani-
schen Feldgewächse bin ich im Allgemeinen der natürlichen Einthei-
lung des Pflanzenbaues in den meisten unserer landwirthschaftlichen
Lehrbücher gefolgt. Da die erste und wichtigste Aufgabe des Acker-
baues die Beschaffung menschlicher Nahrung ist und dieselbe vorwie-
gend durch die Halm-, Hülsen- und Hackfrüchte gewonnen wird, so
gehen diese Gruppen naturgemäss allen andern Feldfrüchten voraus
und hat ihr Anbau die älteste Geschichte. Ihnen reihen sich Gemüse
und sonstige Küchenkräuter an, welche zum Theil, wie Melonen- und
Laucharten, ebenfalls seit Jahrtausenden angebaut werden. Hieran
schliessen sich, — wenn auch nicht bezüglich der Gewinnung, so doch
hinsichtlich der Verwendung, — Adlerfarren, Pilze, Algen und Algen-
präparate an, ferner die essbaren Früchte, welche der Obstbau und
der Wald liefern, und endlich die Nahrungs- und Genussmittel, welche
wie Sake, Shôyu, Tôfu und andere aus Getreide und Hülsenfrüchten
fabrikmässig gewonnen werden. Die nun folgende Abtheilung der
Handelsgewächse umfasst die Stimulanten und Droguen, sowie die
Oel-, Textil- und Farbpflanzen.
Verschiedene der zum Theil hochwichtigen Repräsentanten dieser
Gruppe, wie Oelsaaten, Flachs, Hanf und Tabak, gedeihen in Japan
und auch noch auf Yezo ganz vortrefflich. Man wird desshalb bei
Erweiterung und rationellem Betrieb des Ackerbaues ihre Cultur in
erster Linie ins Auge fassen müssen. Im Getreidebau ist die Ein-
führung besserer Saat an Stelle der gebräuchlichen für Weizen und
Gerste geboten, da diese im Laufe der Zeit entschieden degenerirt sind,
indem sie leichtere Körner und dürftigere Erträge liefern, als bei uns.
Sie fallen eben im japanischen Haushalte dem Reis gegenüber weni-
ger ins Gewicht, wesshalb ihrer Cultur nicht die gleiche Aufmerksam-
keit zugewandt wurde.
Reis, Hülsenfrüchte, Fische und Eier spielten in der Ernährung
des Japaners immer die grösste Rolle, wobei der stärkereiche Reis
durch die Proteïnmenge der andern zweckmässig ergänzt, in den
Gebirgsgegenden aber vornehmlich durch verschiedene Hirsearten er-
setzt wurde. In diesem Verhältniss hat auch die Neuzeit keine we-
sentliche Aenderung bewirkt.
Der Japaner lernte gleich seinem westlichen Nachbar, dem Chi-
nesen, Brot und verwandte Backwaaren erst durch die Portugiesen ken-
nen. Von ihnen adoptirte er auch die Benennungen pan und Kasutera
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/61>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.