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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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IV. Handel und Verkehr.
Sohn schrieb, gemäss Informationen, welche der grosse Albuquerque
bei der Einnahme von Malacca im Jahre 1510 erhielt, Japaner (dort
Gore genannt) jährlich mit 2--3 Schiffen angekommen sein. Es seien
schweigsame, wahrheitsliebende Leute, welche ihr Land gewöhnlich
im Januar verlassen hätten und im August und September dahin
zurückgekehrt seien. Als Waaren derselben werden rohe und verar-
beitete Seide, Brocat, Porzellan, viel Weizen, Kupfer, Alaun und viel
Gold in Barren mit ihres Königs Stempel genannt. Die Erwähnung
von Seide und Porzellan als Ausfuhrartikel Japans in damaliger Zeit
lässt jedoch muthmaassen, dass hier vielleicht eine Verwechselung mit
Koreanern vorliegt.

Es fehlt nicht an Beispielen, dass aus Japan, zumal von der Insel
Kiushiu, gefürchtete Seeräuber kamen, welche nicht blos die Küsten
Chinas unsicher machten, sondern ihre Raubzüge auch nach den
Philippinen und dem Malayischen Archipel ausdehnten. *) Solches
geschah vornehmlich, wenn Bürgerkriege in Japan das Land ver-
wüsteten und alle Bande der Ordnung und Gesetzlichkeit lockerten,
wie z. B. gegen Ende des 14. Jahrhunderts (Siehe Band I pg. 297
u. 298), sowie zuletzt im Jahre 1600 n. Chr., bevor Iyeyasu die
weltliche Herrschaft über ganz Japan in seiner festen Hand vereinigte
und bald darauf nicht blos dem Seeraub, sondern auch dem friedlichen
direkten Verkehr der Japaner mit andern Ländern ein Ende gemacht
wurde.

Es ist gewiss bemerkenswerth, dass die drei hervorragendsten
Seereisen im Zeitalter der grossen Entdeckungen in der Absicht unter-
nommen wurden, hochgeschätzte Erzeugnisse asiatischer Länder auf
billigstem Wege Spanien, beziehungsweise Portugal, zuzuführen. Co-
lumbus
entdeckte Amerika, als er auf westlicher Fahrt die Länder
Ostasiens, insbesondere das goldreiche Zipangu (Japan) und das seiden-
reiche Cathay (China) erreichen wollte; denn nach den Schilderungen
seines Landsmanns Marco Polo und arabischer Geographen war jenes
das Eldorado der Chinesen und Araber (siehe pg. 346), während dieses
durch seine Seide von Alters her den Ruf eines reichen Landes genoss.
Vasco de Gama führte die Portugiesen um Südafrika zuerst nach
Indien und lenkte hierdurch den bisherigen Handel mit diesem produk-
tenreichen Culturlande in ganz andere Bahnen. Endlich nennen wir als
dritten epochemachenden Seefahrer dieser Periode Fernao de Ma-

*) "The men of Japan have done much mischief unto the men of China, and
many times fallen upon their coasts and put all to fire and sword." The Voyage
of John Huyghen van Linschoten to the East Indies. pg. 155. Hakluyt Soc.
London 1875.

IV. Handel und Verkehr.
Sohn schrieb, gemäss Informationen, welche der grosse Albuquerque
bei der Einnahme von Malacca im Jahre 1510 erhielt, Japaner (dort
Goré genannt) jährlich mit 2—3 Schiffen angekommen sein. Es seien
schweigsame, wahrheitsliebende Leute, welche ihr Land gewöhnlich
im Januar verlassen hätten und im August und September dahin
zurückgekehrt seien. Als Waaren derselben werden rohe und verar-
beitete Seide, Brocat, Porzellan, viel Weizen, Kupfer, Alaun und viel
Gold in Barren mit ihres Königs Stempel genannt. Die Erwähnung
von Seide und Porzellan als Ausfuhrartikel Japans in damaliger Zeit
lässt jedoch muthmaassen, dass hier vielleicht eine Verwechselung mit
Koreanern vorliegt.

Es fehlt nicht an Beispielen, dass aus Japan, zumal von der Insel
Kiushiu, gefürchtete Seeräuber kamen, welche nicht blos die Küsten
Chinas unsicher machten, sondern ihre Raubzüge auch nach den
Philippinen und dem Malayischen Archipel ausdehnten. *) Solches
geschah vornehmlich, wenn Bürgerkriege in Japan das Land ver-
wüsteten und alle Bande der Ordnung und Gesetzlichkeit lockerten,
wie z. B. gegen Ende des 14. Jahrhunderts (Siehe Band I pg. 297
u. 298), sowie zuletzt im Jahre 1600 n. Chr., bevor Iyeyasu die
weltliche Herrschaft über ganz Japan in seiner festen Hand vereinigte
und bald darauf nicht blos dem Seeraub, sondern auch dem friedlichen
direkten Verkehr der Japaner mit andern Ländern ein Ende gemacht
wurde.

Es ist gewiss bemerkenswerth, dass die drei hervorragendsten
Seereisen im Zeitalter der grossen Entdeckungen in der Absicht unter-
nommen wurden, hochgeschätzte Erzeugnisse asiatischer Länder auf
billigstem Wege Spanien, beziehungsweise Portugal, zuzuführen. Co-
lumbus
entdeckte Amerika, als er auf westlicher Fahrt die Länder
Ostasiens, insbesondere das goldreiche Zipangu (Japan) und das seiden-
reiche Cathay (China) erreichen wollte; denn nach den Schilderungen
seines Landsmanns Marco Polo und arabischer Geographen war jenes
das Eldorado der Chinesen und Araber (siehe pg. 346), während dieses
durch seine Seide von Alters her den Ruf eines reichen Landes genoss.
Vasco de Gama führte die Portugiesen um Südafrika zuerst nach
Indien und lenkte hierdurch den bisherigen Handel mit diesem produk-
tenreichen Culturlande in ganz andere Bahnen. Endlich nennen wir als
dritten epochemachenden Seefahrer dieser Periode Fernão de Ma-

*) »The men of Japan have done much mischief unto the men of China, and
many times fallen upon their coasts and put all to fire and sword.« The Voyage
of John Huyghen van Linschoten to the East Indies. pg. 155. Hakluyt Soc.
London 1875.
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[610/0670] IV. Handel und Verkehr. Sohn schrieb, gemäss Informationen, welche der grosse Albuquerque bei der Einnahme von Malacca im Jahre 1510 erhielt, Japaner (dort Goré genannt) jährlich mit 2—3 Schiffen angekommen sein. Es seien schweigsame, wahrheitsliebende Leute, welche ihr Land gewöhnlich im Januar verlassen hätten und im August und September dahin zurückgekehrt seien. Als Waaren derselben werden rohe und verar- beitete Seide, Brocat, Porzellan, viel Weizen, Kupfer, Alaun und viel Gold in Barren mit ihres Königs Stempel genannt. Die Erwähnung von Seide und Porzellan als Ausfuhrartikel Japans in damaliger Zeit lässt jedoch muthmaassen, dass hier vielleicht eine Verwechselung mit Koreanern vorliegt. Es fehlt nicht an Beispielen, dass aus Japan, zumal von der Insel Kiushiu, gefürchtete Seeräuber kamen, welche nicht blos die Küsten Chinas unsicher machten, sondern ihre Raubzüge auch nach den Philippinen und dem Malayischen Archipel ausdehnten. *) Solches geschah vornehmlich, wenn Bürgerkriege in Japan das Land ver- wüsteten und alle Bande der Ordnung und Gesetzlichkeit lockerten, wie z. B. gegen Ende des 14. Jahrhunderts (Siehe Band I pg. 297 u. 298), sowie zuletzt im Jahre 1600 n. Chr., bevor Iyeyasu die weltliche Herrschaft über ganz Japan in seiner festen Hand vereinigte und bald darauf nicht blos dem Seeraub, sondern auch dem friedlichen direkten Verkehr der Japaner mit andern Ländern ein Ende gemacht wurde. Es ist gewiss bemerkenswerth, dass die drei hervorragendsten Seereisen im Zeitalter der grossen Entdeckungen in der Absicht unter- nommen wurden, hochgeschätzte Erzeugnisse asiatischer Länder auf billigstem Wege Spanien, beziehungsweise Portugal, zuzuführen. Co- lumbus entdeckte Amerika, als er auf westlicher Fahrt die Länder Ostasiens, insbesondere das goldreiche Zipangu (Japan) und das seiden- reiche Cathay (China) erreichen wollte; denn nach den Schilderungen seines Landsmanns Marco Polo und arabischer Geographen war jenes das Eldorado der Chinesen und Araber (siehe pg. 346), während dieses durch seine Seide von Alters her den Ruf eines reichen Landes genoss. Vasco de Gama führte die Portugiesen um Südafrika zuerst nach Indien und lenkte hierdurch den bisherigen Handel mit diesem produk- tenreichen Culturlande in ganz andere Bahnen. Endlich nennen wir als dritten epochemachenden Seefahrer dieser Periode Fernão de Ma- *) »The men of Japan have done much mischief unto the men of China, and many times fallen upon their coasts and put all to fire and sword.« The Voyage of John Huyghen van Linschoten to the East Indies. pg. 155. Hakluyt Soc. London 1875.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 610. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/670>, abgerufen am 24.11.2024.