Reineck, Johann: Zwei Predigten: Gehalten in der Bischöflichen hohen Stifts-Kirchen zu Halberstadt. Halberstadt, 1613.Bestallungen / sitzen oben am Brett / es muß alles durch sie bestalt vnd verrichtet werden / Lieber GOTT wie wirds da zugehen? Zuforderst wann auch dis noch hinzu kömpt / daß das Böse nicht gestrafft / die Vbelthäter nicht außgerottet / vnd die Gottlosen nicht vertilget werden; Sondern die Oberkeit sihet durch die Finger / vnd lesset allerhand Sünde vnd Schande vngestrafft hingehen / vnd die Oberhand gewinnen. Die trewen Landsassen werden nicht allein gar wenig respectiret, sondern offtmahls gedrückt / vnnd die Schmaltzfedern jhnen also gerupfft / daß sie fast gar nicht bleiben können. Fromme Diener hats gar wenig zu Hofe: dem Frommen wiederfehret auch wenig Gnade; sondern die Gottlosen Harpyae reissens alles hinweg; Es ist keine gleiche Wage des Rechtens; Die Person des Grossen wird angesehen; der Gottlose herfürgezogen; die Armen / die Wittwen / die Wäisen / werden vnterdrückt vnd haben keinen Erretter: Man gebraucht auch wenig Vorsichtigkeit / sondern plumpet vnvorsichtig vnnd vnbedachtsam in eine Sache hinein / vnd füret den Karren so weit / daß man weder hinter sich / noch vor sich kommen kan. Trewe / Glaube vnd Auffrichtigkeit ist auch gar wenig verhanden; sondern es ist in der jtzigen newen Politica eitel simuliren vnnd dissimuliren, welches auff gut Deutsch anders nichts heisset / alß Falschheit vnd Vntrewe; daß man sich freundlich vnd auffrichtig stellet / vnd inmittelst böse Tücke im Hertzen hat. Lieber GOTT / wo es so zugehet / was kan da für ein Regiment sey? Salust. in bel. Jugurth. Gloss. Eccles. 21.Wie kan da Fried vnd Einigkeit seyn? Friede ernehrt; Vnfriede verzehrt: Durch Einigkeit wird ein geringes Gut groß vnd vermehret; Durch Vneinigkeit aber ein grosses Gut klein vnnd verheret: Wie kan das Regiment bestehen / da die Festung des Os. 89, 15.Throns / daß ist / Gerechtigkeit vnd Gerichte auß dem Lande hinweg Ps. 85, 11.ist? Wie können Güte vnnd Trewe daselbst einander begeg- Bestallungen / sitzen oben am Brett / es muß alles durch sie bestalt vnd verrichtet werden / Lieber GOTT wie wirds da zugehen? Zuforderst wann auch dis noch hinzu kömpt / daß das Böse nicht gestrafft / die Vbelthäter nicht außgerottet / vnd die Gottlosen nicht vertilget werden; Sondern die Oberkeit sihet durch die Finger / vnd lesset allerhand Sünde vnd Schande vngestrafft hingehen / vnd die Oberhand gewinnen. Die trewen Landsassen werden nicht allein gar wenig respectiret, sondern offtmahls gedrückt / vnnd die Schmaltzfedern jhnen also gerupfft / daß sie fast gar nicht bleiben können. Fromme Diener hats gar wenig zu Hofe: dem Frommen wiederfehret auch wenig Gnade; sondern die Gottlosen Harpyae reissens alles hinweg; Es ist keine gleiche Wage des Rechtens; Die Person des Grossen wird angesehen; der Gottlose herfürgezogen; die Armen / die Wittwen / die Wäisen / werden vnterdrückt vnd haben keinen Erretter: Man gebraucht auch wenig Vorsichtigkeit / sondern plumpet vnvorsichtig vnnd vnbedachtsam in eine Sache hinein / vnd füret den Karren so weit / daß man weder hinter sich / noch vor sich kommen kan. Trewe / Glaube vnd Auffrichtigkeit ist auch gar wenig verhanden; sondern es ist in der jtzigen newen Politica eitel simuliren vnnd dissimuliren, welches auff gut Deutsch anders nichts heisset / alß Falschheit vnd Vntrewe; daß man sich freundlich vnd auffrichtig stellet / vnd inmittelst böse Tücke im Hertzen hat. Lieber GOTT / wo es so zugehet / was kan da für ein Regiment sey? Salust. in bel. Jugurth. Gloss. Eccles. 21.Wie kan da Fried vnd Einigkeit seyn? Friede ernehrt; Vnfriede verzehrt: Durch Einigkeit wird ein geringes Gut groß vnd vermehret; Durch Vneinigkeit aber ein grosses Gut klein vnnd verheret: Wie kan das Regiment bestehen / da die Festung des Os. 89, 15.Throns / daß ist / Gerechtigkeit vnd Gerichte auß dem Lande hinweg Ps. 85, 11.ist? Wie können Güte vnnd Trewe daselbst einander begeg- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0036"/> Bestallungen / sitzen oben am Brett / es muß alles durch sie bestalt vnd verrichtet werden / Lieber GOTT wie wirds da zugehen?</p> <p>Zuforderst wann auch dis noch hinzu kömpt / daß das Böse nicht gestrafft / die Vbelthäter nicht außgerottet / vnd die Gottlosen nicht vertilget werden; Sondern die Oberkeit sihet durch die Finger / vnd lesset allerhand Sünde vnd Schande vngestrafft hingehen / vnd die Oberhand gewinnen.</p> <p>Die trewen Landsassen werden nicht allein gar wenig respectiret, sondern offtmahls gedrückt / vnnd die Schmaltzfedern jhnen also gerupfft / daß sie fast gar nicht bleiben können.</p> <p>Fromme Diener hats gar wenig zu Hofe: dem Frommen wiederfehret auch wenig Gnade; sondern die Gottlosen Harpyae reissens alles hinweg; Es ist keine gleiche Wage des Rechtens; Die Person des Grossen wird angesehen; der Gottlose herfürgezogen; die Armen / die Wittwen / die Wäisen / werden vnterdrückt vnd haben keinen Erretter: Man gebraucht auch wenig Vorsichtigkeit / sondern plumpet vnvorsichtig vnnd vnbedachtsam in eine Sache hinein / vnd füret den Karren so weit / daß man weder hinter sich / noch vor sich kommen kan.</p> <p>Trewe / Glaube vnd Auffrichtigkeit ist auch gar wenig verhanden; sondern es ist in der jtzigen newen Politica eitel simuliren vnnd dissimuliren, welches auff gut Deutsch anders nichts heisset / alß Falschheit vnd Vntrewe; daß man sich freundlich vnd auffrichtig stellet / vnd inmittelst böse Tücke im Hertzen hat.</p> <p>Lieber GOTT / wo es so zugehet / was kan da für ein Regiment sey?</p> <note place="left">Salust. <hi rendition="#i">in bel. Jugurth. Gloss. Eccles. 21.</hi></note> <p>Wie kan da Fried vnd Einigkeit seyn? Friede ernehrt; Vnfriede verzehrt: Durch Einigkeit wird ein geringes Gut groß vnd vermehret; Durch Vneinigkeit aber ein grosses Gut klein vnnd verheret: Wie kan das Regiment bestehen / da die Festung des <note place="left"><hi rendition="#i">Os. 89, 15.</hi></note>Throns / daß ist / Gerechtigkeit vnd Gerichte auß dem Lande hinweg <note place="left"><hi rendition="#i">Ps. 85, 11.</hi></note>ist? Wie können Güte vnnd Trewe daselbst einander begeg- </p> </div> </body> </text> </TEI> [0036]
Bestallungen / sitzen oben am Brett / es muß alles durch sie bestalt vnd verrichtet werden / Lieber GOTT wie wirds da zugehen?
Zuforderst wann auch dis noch hinzu kömpt / daß das Böse nicht gestrafft / die Vbelthäter nicht außgerottet / vnd die Gottlosen nicht vertilget werden; Sondern die Oberkeit sihet durch die Finger / vnd lesset allerhand Sünde vnd Schande vngestrafft hingehen / vnd die Oberhand gewinnen.
Die trewen Landsassen werden nicht allein gar wenig respectiret, sondern offtmahls gedrückt / vnnd die Schmaltzfedern jhnen also gerupfft / daß sie fast gar nicht bleiben können.
Fromme Diener hats gar wenig zu Hofe: dem Frommen wiederfehret auch wenig Gnade; sondern die Gottlosen Harpyae reissens alles hinweg; Es ist keine gleiche Wage des Rechtens; Die Person des Grossen wird angesehen; der Gottlose herfürgezogen; die Armen / die Wittwen / die Wäisen / werden vnterdrückt vnd haben keinen Erretter: Man gebraucht auch wenig Vorsichtigkeit / sondern plumpet vnvorsichtig vnnd vnbedachtsam in eine Sache hinein / vnd füret den Karren so weit / daß man weder hinter sich / noch vor sich kommen kan.
Trewe / Glaube vnd Auffrichtigkeit ist auch gar wenig verhanden; sondern es ist in der jtzigen newen Politica eitel simuliren vnnd dissimuliren, welches auff gut Deutsch anders nichts heisset / alß Falschheit vnd Vntrewe; daß man sich freundlich vnd auffrichtig stellet / vnd inmittelst böse Tücke im Hertzen hat.
Lieber GOTT / wo es so zugehet / was kan da für ein Regiment sey?
Wie kan da Fried vnd Einigkeit seyn? Friede ernehrt; Vnfriede verzehrt: Durch Einigkeit wird ein geringes Gut groß vnd vermehret; Durch Vneinigkeit aber ein grosses Gut klein vnnd verheret: Wie kan das Regiment bestehen / da die Festung des Throns / daß ist / Gerechtigkeit vnd Gerichte auß dem Lande hinweg ist? Wie können Güte vnnd Trewe daselbst einander begeg-
Os. 89, 15.
Ps. 85, 11.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI.
(2013-02-15T13:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss. Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription.
(2013-02-15T13:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |