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Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

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Die vierte Frage.

Ob der ledige Stand/ sonderlich was da betrifft die Rechtfertigung und Vollkommenheit für GOtt/ Heiliger seye/ und dem Menschen mehr Gnade erwerbe/ als der eheliche?

DIe Päbstiche Ehe-Verbieter erheben den ledigen Stand dermassen/ daß sie den Ehelichen Stand eben dardurch zum Höchsten verunglimpffen. Was aber unsers Theils die rechtschaffene Meinung hievon belanget/ so verdammen wir den ledigen Stand gantz und gar nicht: Sondern sagen/ daß in dem/ was die Rechtfertigung und eigentlich die himmlische Seeligkeit betrifft/ weder eine eheliche Persohn wegen des ehelichen Standes/ noch eine ledige wegen des ledigen Standes an sich selbst/ für Gottes Gericht einigen Fürzug habe: Sondern wir Glauben/ das die ledigen und ehelichen/ einer wie der Ander/ durch den Glauben an Christum GOtt angenehm und gefällig werden/ und das weder der/ so im ledigen Stand/ noch auch der/ so im ehelichen Stand lebt/ weder mit dem ledigen/ noch mit dem ehelichen Stand an sich selbst/ etwas verdienen oder erwerben könne/ und folgens weder der eine/ noch der ander Stand an sich bey GOtt den Vorzug habe. Und solches beweisen wir also:

Dann Erstlich: So haben die Heiligen Gottes/ wie oben gemeldet/ im Ehe-Stand gelebt / haben auch in demselbigen Kinder gezeuget/ und seynd dannoch gantz lieb/ werht und angenehm gewesen für den Augen Gottes.

Zum Anderen: Demnach wir weder durch den ledigen Stand/ noch durch sonst irgend ein ander Werck/ sondern allein durch den Glauben gerecht werden/ so wird demnach weder der Ledige noch der Eheliche Stand weder mehr noch weniger uns für GOtt rechtfertigen und angenehm machen.

Zum Dritten: So redet der Apostel Paulus dermassen bescheidentlich so wohl von dem Ledigen/ als auch dem Ehelichen Stand/ das er keinem dißfals etwas bevorgibt/ oder auch zu einiger Verkleinerung etwas abspricht: Dann also schreibt er. I. Cor. 7. darvon: Es ist besser freyen dann Brunst leyden. Item Bist du an ein Weibgebunden/ so suche nicht loß zu werde. Item So du aber freyest/ sündigest du nicht/ und so eine Jungfrau freyet / sündiget sie nicht. Item so aber jemand sich läst düncken/ es wolle sich nicht schicken mit seiner Jungfrauen/ weilen sie eben wohlmanbahr ist/ und es will nicht anders seyn / so thue er was er will/ er sündiget nicht/ er lasse sie freyen. Item. welcher seine Jungfrau verheyrahtet der thut wohl/ welcher sie aber nicht verheyrahtet/ der thut besser: Nicht zwar/ als ob der Ledige Stand an sich selbst GOtt besser gefiehle/ als der Eheliche: Dann es erklärt sich der H. Paulus daselbsten v. 26. da er spricht: Der ledige Stand seye Gut um der gegenwärtigen Noht willen/ und wegen der anstehenden Beträngnüssen selbiger Zeit: Bey welchem Zustand es dann freylich viel nützlicher war ledig als ehelich zu seyn/ wegen der gar beschwerlichen Verfolgungen/ in welchen sich ohne Zweifel eine ledige Person viel bequemer durchhelffen konte/ als eben eine verehelichte. Drum wird auch eine solche Person seliger oder Glükseliger/ und von vielen Beschwernüssen entlediget genennet: Wie dann auch solche verehelichte (wie Paulus daselbsten spricht v. 28.) Leibliche Trübsal haben werden/ deren die Ledige können müssig gehen/ und folgens zeitlich seliger seyn als die verehlichte. Setzet derowegen auch Paulus hinzu v. 32. ich wolte daß ihr ohne Sorge wäret. Item solches sage ich zu eurem besten/ nicht daß ich euch einen Strick an den Halß werffe

Die vierte Frage.

Ob der ledige Stand/ sonderlich was da betrifft die Rechtfertigung und Vollkommenheit für GOtt/ Heiliger seye/ und dem Menschen mehr Gnade erwerbe/ als der eheliche?

DIe Päbstiche Ehe-Verbieter erheben den ledigen Stand dermassen/ daß sie den Ehelichen Stand eben dardurch zum Höchsten verunglimpffen. Was aber unsers Theils die rechtschaffene Meinung hievon belanget/ so verdam̃en wir den ledigen Stand gantz und gar nicht: Sondern sagen/ daß in dem/ was die Rechtfertigung und eigentlich die himmlische Seeligkeit betrifft/ weder eine eheliche Persohn wegen des ehelichen Standes/ noch eine ledige wegen des ledigen Standes an sich selbst/ für Gottes Gericht einigen Fürzug habe: Sondern wir Glauben/ das die ledigen und ehelichen/ einer wie der Ander/ durch den Glauben an Christum GOtt angenehm und gefällig werden/ und das weder der/ so im ledigen Stand/ noch auch der/ so im ehelichen Stand lebt/ weder mit dem ledigen/ noch mit dem ehelichen Stand an sich selbst/ etwas verdienen oder erwerben könne/ und folgens weder der eine/ noch der ander Stand an sich bey GOtt den Vorzug habe. Und solches beweisen wir also:

Dann Erstlich: So haben die Heiligen Gottes/ wie oben gemeldet/ im Ehe-Stand gelebt / haben auch in demselbigen Kinder gezeuget/ und seynd dannoch gantz lieb/ werht und angenehm gewesen für den Augen Gottes.

Zum Anderen: Demnach wir weder durch den ledigen Stand/ noch durch sonst irgend ein ander Werck/ sondern allein durch den Glauben gerecht werden/ so wird demnach weder der Ledige noch der Eheliche Stand weder mehr noch weniger uns für GOtt rechtfertigen und angenehm machen.

Zum Dritten: So redet der Apostel Paulus dermassen bescheidentlich so wohl von dem Ledigen/ als auch dem Ehelichen Stand/ das er keinem dißfals etwas bevorgibt/ oder auch zu einiger Verkleinerung etwas abspricht: Dann also schreibt er. I. Cor. 7. darvon: Es ist besser freyen dañ Brunst leyden. Item Bist du an ein Weibgebunden/ so suche nicht loß zu werde. Item So du aber freyest/ sündigest du nicht/ und so eine Jungfrau freyet / sündiget sie nicht. Item so aber jemand sich läst düncken/ es wolle sich nicht schicken mit seiner Jungfrauen/ weilen sie eben wohlmanbahr ist/ und es will nicht anders seyn / so thue er was er will/ er sündiget nicht/ er lasse sie freyen. Item. welcher seine Jungfrau verheyrahtet der thut wohl/ welcher sie aber nicht verheyrahtet/ der thut besser: Nicht zwar/ als ob der Ledige Stand an sich selbst GOtt besser gefiehle/ als der Eheliche: Dann es erklärt sich der H. Paulus daselbsten v. 26. da er spricht: Der ledige Stand seye Gut um der gegenwärtigen Noht willen/ und wegen der anstehenden Beträngnüssen selbiger Zeit: Bey welchem Zustand es dann freylich viel nützlicher war ledig als ehelich zu seyn/ wegen der gar beschwerlichen Verfolgungen/ in welchen sich ohne Zweifel eine ledige Person viel bequemer durchhelffen konte/ als eben eine verehelichte. Drum wird auch eine solche Person seliger oder Glükseliger/ und von vielen Beschwernüssen entlediget genennet: Wie dann auch solche verehelichte (wie Paulus daselbsten spricht v. 28.) Leibliche Trübsal haben werden/ deren die Ledige können müssig gehen/ und folgens zeitlich seliger seyn als die verehlichte. Setzet derowegen auch Paulus hinzu v. 32. ich wolte daß ihr ohne Sorge wäret. Item solches sage ich zu eurem besten/ nicht daß ich euch einen Strick an den Halß werffe

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[244/0264] Die vierte Frage. Ob der ledige Stand/ sonderlich was da betrifft die Rechtfertigung und Vollkommenheit für GOtt/ Heiliger seye/ und dem Menschen mehr Gnade erwerbe/ als der eheliche? DIe Päbstiche Ehe-Verbieter erheben den ledigen Stand dermassen/ daß sie den Ehelichen Stand eben dardurch zum Höchsten verunglimpffen. Was aber unsers Theils die rechtschaffene Meinung hievon belanget/ so verdam̃en wir den ledigen Stand gantz und gar nicht: Sondern sagen/ daß in dem/ was die Rechtfertigung und eigentlich die himmlische Seeligkeit betrifft/ weder eine eheliche Persohn wegen des ehelichen Standes/ noch eine ledige wegen des ledigen Standes an sich selbst/ für Gottes Gericht einigen Fürzug habe: Sondern wir Glauben/ das die ledigen und ehelichen/ einer wie der Ander/ durch den Glauben an Christum GOtt angenehm und gefällig werden/ und das weder der/ so im ledigen Stand/ noch auch der/ so im ehelichen Stand lebt/ weder mit dem ledigen/ noch mit dem ehelichen Stand an sich selbst/ etwas verdienen oder erwerben könne/ und folgens weder der eine/ noch der ander Stand an sich bey GOtt den Vorzug habe. Und solches beweisen wir also: Dann Erstlich: So haben die Heiligen Gottes/ wie oben gemeldet/ im Ehe-Stand gelebt / haben auch in demselbigen Kinder gezeuget/ und seynd dannoch gantz lieb/ werht und angenehm gewesen für den Augen Gottes. Zum Anderen: Demnach wir weder durch den ledigen Stand/ noch durch sonst irgend ein ander Werck/ sondern allein durch den Glauben gerecht werden/ so wird demnach weder der Ledige noch der Eheliche Stand weder mehr noch weniger uns für GOtt rechtfertigen und angenehm machen. Zum Dritten: So redet der Apostel Paulus dermassen bescheidentlich so wohl von dem Ledigen/ als auch dem Ehelichen Stand/ das er keinem dißfals etwas bevorgibt/ oder auch zu einiger Verkleinerung etwas abspricht: Dann also schreibt er. I. Cor. 7. darvon: Es ist besser freyen dañ Brunst leyden. Item Bist du an ein Weibgebunden/ so suche nicht loß zu werde. Item So du aber freyest/ sündigest du nicht/ und so eine Jungfrau freyet / sündiget sie nicht. Item so aber jemand sich läst düncken/ es wolle sich nicht schicken mit seiner Jungfrauen/ weilen sie eben wohlmanbahr ist/ und es will nicht anders seyn / so thue er was er will/ er sündiget nicht/ er lasse sie freyen. Item. welcher seine Jungfrau verheyrahtet der thut wohl/ welcher sie aber nicht verheyrahtet/ der thut besser: Nicht zwar/ als ob der Ledige Stand an sich selbst GOtt besser gefiehle/ als der Eheliche: Dann es erklärt sich der H. Paulus daselbsten v. 26. da er spricht: Der ledige Stand seye Gut um der gegenwärtigen Noht willen/ und wegen der anstehenden Beträngnüssen selbiger Zeit: Bey welchem Zustand es dann freylich viel nützlicher war ledig als ehelich zu seyn/ wegen der gar beschwerlichen Verfolgungen/ in welchen sich ohne Zweifel eine ledige Person viel bequemer durchhelffen konte/ als eben eine verehelichte. Drum wird auch eine solche Person seliger oder Glükseliger/ und von vielen Beschwernüssen entlediget genennet: Wie dann auch solche verehelichte (wie Paulus daselbsten spricht v. 28.) Leibliche Trübsal haben werden/ deren die Ledige können müssig gehen/ und folgens zeitlich seliger seyn als die verehlichte. Setzet derowegen auch Paulus hinzu v. 32. ich wolte daß ihr ohne Sorge wäret. Item solches sage ich zu eurem besten/ nicht daß ich euch einen Strick an den Halß werffe

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Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/264>, abgerufen am 22.11.2024.