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Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

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XXIX. Die Schrifft saget/ daß die Sünde der Gerechtfertigten von GOtt geworffen werden in die tieffe des Meers Michaeae 7. v. 19. und will auch GOtt an Deren Sünde und Ungerechtigkeiten nimmermehr gedencken Ezech. 18. v. 22. So bleiben ja keine Sünde bey den Gerechtfertigten.

Antwort. Das folget eben/ als wann man sagen wolte: Dieser Dieb hat gestohlen/ weilen er aber einen Fuß-Fall gethan/ mit Versprechung sich zu besseren/ erlanget er Gnade / und will der Richter seines Diebstalls nicht gedencken: Ergo so ist solcher Diebstall an sich keine Sünde/ und könte ihn der Richter nicht aufknüpffen lassen/ wann er nach der Schärffe mit ihm verfahren wolte. Summa/ GOtt wirfft unsere Sünden ins tieffe Meer/ und auch GOtt (der doch nichts vergessen kan) vergist derselbigen/ in dem er um seines Sohnes Willen unsere Sünden gnädigst überstehet/ als wann er sie nicht wüste.

XXX Joannes spricht von Christo: Siehe das ist das Lamm GOttes/ so da hinnimmt die Sünde der Welt. Joh. I. v. 29. So seynd ja bey den Gerechtfertigten keine Sünde mehr/ weilen sie Christus hat weggenommen.

Antwort. Christus hat die Sünde der Welt hinweggenommen/ indem er deren Last und Bezahlung auff seinen unschuldigen Rücken zu tragen auffgenommen Esa. 35. v. 6. und muß auch noch Christus immerhin von den Gerechtfertigten die Sünde hinwegnehmen/ indem er täglich für ihre Ubertretungen dem himmlischen Vater seine Verdiensten darstellet: Daraus dann freylich folget/ daß auch bey den Gerechtfertigten Sünde seyn müssen: Dann wo nichts ist/ kann man keine Sünde hinwegnehmen.

XXXI. S. Petrus spricht: Daß die Sünden der Gerechtfertigten vertilget werden Act. 3. v. 19. So haben ja die Gerechtfertigten keine Sünde.

Antwort. Bey den Gerechtfertigten werden immerhin neue und neue Sünden vertilget: Folgens haben sie auch immerhin Sünde: Dann wo nichts ist/ kan man nichts vertilgen.

XXXII. David spricht: Der Gerechtfertigte werde gewäschen und weisser als der Schnee Ps. 51. v. 9. so spricht auch S. Paulus I. Cor. 6. v. II. Ihr seyet Diebe/ abgöttisch &c. gewesen: Aber ihr seyet abgewaschen und geheiliget. So muß ja in der Seelen des Gerechtfertigten sich befinden die eingegossene Qvalität der Heiligmachenden Gnade / wodurch die Sünden werden abgewaschen/ und die Seele gantz vollkommen werden kan ohne eintzige Macul.

Antwort. Die Heiligmachende Gnade ist nur ein stoltzes Gedicht der Papisten. Und wozu um GOttes Willen nutzet doch selbige/ als nur/ (nach eigener Lehr der Papisten /) daß GOtt seinen Zorn gegen den Sünder fahren lasse/ und ihn zu seiner Freundschafft auffnehme? Hierzu bedarff ja GOtt keines solchen ertichteten Gauckel-Wercks in der Seelen: Sondern wann GOtt die Verdiensten Christi/ und den von Christo für den Sünder erlegten Preiß gnädigst annimmt/ dann ist die Freundschafft mit dem Sünder schon geschlossen. Ist demnach das Bad/ wodurch die Seele des Gerechtfertigten gewaschen wird/ das theure Bluht Christi: Welches obschon es nicht wesentlich und inniglich die Seele berühret/ so ist es doch durch seine Krafft sittlicher oder moralischer Weise in allen gerechtfertigten Seelen: Und weilen auch die Gerechtfertigten immerhin des Waschens nöhtig haben/ so haben sie auch immerhin Sünde/ und ruffen immerfort mit dem David: Wasche mich von meinen heimlichen Sünden/ oder verzeihe mir die verborgene Fehler Ps. 19. v. 13.

XXIX. Die Schrifft saget/ daß die Sünde der Gerechtfertigten von GOtt geworffen werden in die tieffe des Meers Michaeae 7. v. 19. und will auch GOtt an Deren Sünde und Ungerechtigkeiten nimmermehr gedencken Ezech. 18. v. 22. So bleiben ja keine Sünde bey den Gerechtfertigten.

Antwort. Das folget eben/ als wann man sagen wolte: Dieser Dieb hat gestohlen/ weilen er aber einen Fuß-Fall gethan/ mit Versprechung sich zu besseren/ erlanget er Gnade / und will der Richter seines Diebstalls nicht gedencken: Ergo so ist solcher Diebstall an sich keine Sünde/ und könte ihn der Richter nicht aufknüpffen lassen/ wann er nach der Schärffe mit ihm verfahren wolte. Summa/ GOtt wirfft unsere Sünden ins tieffe Meer/ und auch GOtt (der doch nichts vergessen kan) vergist derselbigen/ in dem er um seines Sohnes Willen unsere Sünden gnädigst überstehet/ als wann er sie nicht wüste.

XXX Joannes spricht von Christo: Siehe das ist das Lamm GOttes/ so da hinnimmt die Sünde der Welt. Joh. I. v. 29. So seynd ja bey den Gerechtfertigten keine Sünde mehr/ weilen sie Christus hat weggenommen.

Antwort. Christus hat die Sünde der Welt hinweggenommen/ indem er deren Last und Bezahlung auff seinen unschuldigen Rücken zu tragen auffgenommen Esa. 35. v. 6. und muß auch noch Christus immerhin von den Gerechtfertigten die Sünde hinwegnehmen/ indem er täglich für ihre Ubertretungen dem himmlischen Vater seine Verdiensten darstellet: Daraus dann freylich folget/ daß auch bey den Gerechtfertigten Sünde seyn müssen: Dann wo nichts ist/ kann man keine Sünde hinwegnehmen.

XXXI. S. Petrus spricht: Daß die Sünden der Gerechtfertigten vertilget werden Act. 3. v. 19. So haben ja die Gerechtfertigten keine Sünde.

Antwort. Bey den Gerechtfertigten werden immerhin neue und neue Sünden vertilget: Folgens haben sie auch immerhin Sünde: Dann wo nichts ist/ kan man nichts vertilgen.

XXXII. David spricht: Der Gerechtfertigte werde gewäschen und weisser als der Schnee Ps. 51. v. 9. so spricht auch S. Paulus I. Cor. 6. v. II. Ihr seyet Diebe/ abgöttisch &c. gewesen: Aber ihr seyet abgewaschen und geheiliget. So muß ja in der Seelen des Gerechtfertigten sich befinden die eingegossene Qvalität der Heiligmachenden Gnade / wodurch die Sünden werden abgewaschen/ und die Seele gantz vollkommen werden kan ohne eintzige Macul.

Antwort. Die Heiligmachende Gnade ist nur ein stoltzes Gedicht der Papisten. Und wozu um GOttes Willen nutzet doch selbige/ als nur/ (nach eigener Lehr der Papisten /) daß GOtt seinen Zorn gegen den Sünder fahren lasse/ und ihn zu seiner Freundschafft auffnehme? Hierzu bedarff ja GOtt keines solchen ertichteten Gauckel-Wercks in der Seelen: Sondern wann GOtt die Verdiensten Christi/ und den von Christo für den Sünder erlegten Preiß gnädigst annimmt/ dann ist die Freundschafft mit dem Sünder schon geschlossen. Ist demnach das Bad/ wodurch die Seele des Gerechtfertigten gewaschen wird/ das theure Bluht Christi: Welches obschon es nicht wesentlich und inniglich die Seele berühret/ so ist es doch durch seine Krafft sittlicher oder moralischer Weise in allen gerechtfertigten Seelen: Und weilen auch die Gerechtfertigten immerhin des Waschens nöhtig haben/ so haben sie auch immerhin Sünde/ und ruffen immerfort mit dem David: Wasche mich von meinen heimlichen Sünden/ oder verzeihe mir die verborgene Fehler Ps. 19. v. 13.

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        <p>Antwort. Das folget eben/ als wann man sagen wolte: Dieser Dieb hat gestohlen/ weilen            er aber einen Fuß-Fall gethan/ mit Versprechung sich zu besseren/ erlanget er Gnade /            und will der Richter seines Diebstalls nicht gedencken: Ergo so ist solcher Diebstall an            sich keine Sünde/ und könte ihn der Richter nicht aufknüpffen lassen/ wann er nach der            Schärffe mit ihm verfahren wolte. Summa/ GOtt wirfft unsere Sünden ins tieffe Meer/ und            auch GOtt (der doch nichts vergessen kan) vergist derselbigen/ in dem er um seines Sohnes            Willen unsere Sünden gnädigst überstehet/ als wann er sie nicht wüste.</p>
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        <p>XXXII. David spricht: Der Gerechtfertigte werde gewäschen und weisser als der Schnee Ps.            51. v. 9. so spricht auch S. Paulus I. Cor. 6. v. II. Ihr seyet Diebe/ abgöttisch &amp;c.            gewesen: Aber ihr seyet abgewaschen und geheiliget. So muß ja in der Seelen des            Gerechtfertigten sich befinden die eingegossene Qvalität der Heiligmachenden Gnade /            wodurch die Sünden werden abgewaschen/ und die Seele gantz vollkommen werden kan ohne            eintzige Macul.</p>
        <p>Antwort. Die Heiligmachende Gnade ist nur ein stoltzes Gedicht der Papisten. Und wozu um            GOttes Willen nutzet doch selbige/ als nur/ (nach eigener Lehr der Papisten /) daß GOtt            seinen Zorn gegen den Sünder fahren lasse/ und ihn zu seiner Freundschafft auffnehme?            Hierzu bedarff ja GOtt keines solchen ertichteten Gauckel-Wercks in der Seelen: Sondern            wann GOtt die Verdiensten Christi/ und den von Christo für den Sünder erlegten Preiß            gnädigst annimmt/ dann ist die Freundschafft mit dem Sünder schon geschlossen. Ist            demnach das Bad/ wodurch die Seele des Gerechtfertigten gewaschen wird/ das theure Bluht            Christi: Welches obschon es nicht wesentlich und inniglich die Seele berühret/ so ist es            doch durch seine Krafft sittlicher oder moralischer Weise in allen gerechtfertigten            Seelen: Und weilen auch die Gerechtfertigten immerhin des Waschens nöhtig haben/ so haben            sie auch immerhin Sünde/ und ruffen immerfort mit dem David: Wasche mich von meinen            heimlichen Sünden/ oder verzeihe mir die verborgene Fehler Ps. 19. v. 13.</p>
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[273/0293] XXIX. Die Schrifft saget/ daß die Sünde der Gerechtfertigten von GOtt geworffen werden in die tieffe des Meers Michaeae 7. v. 19. und will auch GOtt an Deren Sünde und Ungerechtigkeiten nimmermehr gedencken Ezech. 18. v. 22. So bleiben ja keine Sünde bey den Gerechtfertigten. Antwort. Das folget eben/ als wann man sagen wolte: Dieser Dieb hat gestohlen/ weilen er aber einen Fuß-Fall gethan/ mit Versprechung sich zu besseren/ erlanget er Gnade / und will der Richter seines Diebstalls nicht gedencken: Ergo so ist solcher Diebstall an sich keine Sünde/ und könte ihn der Richter nicht aufknüpffen lassen/ wann er nach der Schärffe mit ihm verfahren wolte. Summa/ GOtt wirfft unsere Sünden ins tieffe Meer/ und auch GOtt (der doch nichts vergessen kan) vergist derselbigen/ in dem er um seines Sohnes Willen unsere Sünden gnädigst überstehet/ als wann er sie nicht wüste. XXX Joannes spricht von Christo: Siehe das ist das Lamm GOttes/ so da hinnimmt die Sünde der Welt. Joh. I. v. 29. So seynd ja bey den Gerechtfertigten keine Sünde mehr/ weilen sie Christus hat weggenommen. Antwort. Christus hat die Sünde der Welt hinweggenommen/ indem er deren Last und Bezahlung auff seinen unschuldigen Rücken zu tragen auffgenommen Esa. 35. v. 6. und muß auch noch Christus immerhin von den Gerechtfertigten die Sünde hinwegnehmen/ indem er täglich für ihre Ubertretungen dem himmlischen Vater seine Verdiensten darstellet: Daraus dann freylich folget/ daß auch bey den Gerechtfertigten Sünde seyn müssen: Dann wo nichts ist/ kann man keine Sünde hinwegnehmen. XXXI. S. Petrus spricht: Daß die Sünden der Gerechtfertigten vertilget werden Act. 3. v. 19. So haben ja die Gerechtfertigten keine Sünde. Antwort. Bey den Gerechtfertigten werden immerhin neue und neue Sünden vertilget: Folgens haben sie auch immerhin Sünde: Dann wo nichts ist/ kan man nichts vertilgen. XXXII. David spricht: Der Gerechtfertigte werde gewäschen und weisser als der Schnee Ps. 51. v. 9. so spricht auch S. Paulus I. Cor. 6. v. II. Ihr seyet Diebe/ abgöttisch &c. gewesen: Aber ihr seyet abgewaschen und geheiliget. So muß ja in der Seelen des Gerechtfertigten sich befinden die eingegossene Qvalität der Heiligmachenden Gnade / wodurch die Sünden werden abgewaschen/ und die Seele gantz vollkommen werden kan ohne eintzige Macul. Antwort. Die Heiligmachende Gnade ist nur ein stoltzes Gedicht der Papisten. Und wozu um GOttes Willen nutzet doch selbige/ als nur/ (nach eigener Lehr der Papisten /) daß GOtt seinen Zorn gegen den Sünder fahren lasse/ und ihn zu seiner Freundschafft auffnehme? Hierzu bedarff ja GOtt keines solchen ertichteten Gauckel-Wercks in der Seelen: Sondern wann GOtt die Verdiensten Christi/ und den von Christo für den Sünder erlegten Preiß gnädigst annimmt/ dann ist die Freundschafft mit dem Sünder schon geschlossen. Ist demnach das Bad/ wodurch die Seele des Gerechtfertigten gewaschen wird/ das theure Bluht Christi: Welches obschon es nicht wesentlich und inniglich die Seele berühret/ so ist es doch durch seine Krafft sittlicher oder moralischer Weise in allen gerechtfertigten Seelen: Und weilen auch die Gerechtfertigten immerhin des Waschens nöhtig haben/ so haben sie auch immerhin Sünde/ und ruffen immerfort mit dem David: Wasche mich von meinen heimlichen Sünden/ oder verzeihe mir die verborgene Fehler Ps. 19. v. 13.

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Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/293>, abgerufen am 22.11.2024.