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Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

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Dritter Irrthum.

Wegen eigener Gnugthuung in dem vermeinten Sacrament der Buß.

ES erfordert auch die päbstische Kirche bey ihrem Sacrament der nicht nur Buß Christi / sondern des Menschen eigene Gnugthuung/ welche der Priester/ so die Beicht anhöret/ dem Beicht-Kind auferlegt/ und ihn beredet/ daß zwar durch das Sacrament der Beicht gemeiniglich den Zorn GOttes/ oder reatus culpae seye aufgehoben: Aber die Schuldigkeit zu büssen oder reatus poenae und eigne Gnugthuung durch gebührende Straffe bleibe noch rückständig/ und müsse demnach der beichtende durch die auferlegte Buß GOtt wegen der begangenen Sünden ein Gnügen leisten. Daß aber dieses ein handgreifflicher Irrthum seye / erhellet aus folgenden.

Dann erstlich streitet diese Meinung ebenfalls wieder die einige Gnugthuung Christi / wieder den Articul von der Rechtfertigung des Menschen/ so aus lauter Gnaden geschicht / wie dann auch wieder die bewuste Unvollkommenheit unsrer Wercken/ welche nicht fähig seynd für die Sünde GOtt einigen Gnügen abzustatten.

Zweytens haben wir dieser auferlegteu Buß/ weder Befehl noch Exempel in Göttlicher Schrifft: dann wo Christus die grosse Sünderin Magdalena Luc. 7. den Gichtbrüchigen Matth. 9. &c. von ihren Sünden loßgesprochen/ hat er ihnen keine besondere Last einiger Gnugthuung aufgebürdet/ so sprach er auch dem Weib so auf frischer That im Ehebruch war ergriffen ohne Auferlegung weiterer Buß nur gantz trostreich zu: Gehe hin und sündige fort nicht mehr. Joh. 8. So haben auch die Aposteln die bußfertige Sünder zu keiner eigener Gnugthuung verweisen/ noch sie hiermit belästigen wollen: sondern der H. Paulus hat so gar den Blutschändrischen Corinther, da er sich nur reumühtig eingestellet/ zu Gnaden aufgenommen.

Einrede der Papisten.

I. Es hat aber der H. Paulus den oberwehnten blutschänderischen Corinther von der Christlichen Gemein abgesondert mit höchster Beschimpffung I. Cor. 5. Ist dis dann nicht einer Gnugthuung für die Sünde so ihm Paulus auferlegt?

Antwort. Dis war eine Gnugthuung für der Christlichen Gemeine so dieser Corinther mit seiner Blutschand hatte geärgert. Für GOtt aber gilt keine Gnugthuung/ als nur die Gnugthuung Christi/ welche wann der Sünder durch den wahren Glauben/ das ist/ mit glaubiger Hertzens-Andacht und vertraulicher Zuversicht hat ergriffen mit Bereitwilligkeit hinfüro einen Gottgefälligen Wandel zu führen/ so bleibt für GOtt nichts übrig weder die Schuld noch die Straffe: sondern GOtt spricht: Es sol aller seiner Ubertretung/ so er begangen hat/ nicht gedacht werden. Ezech. 18. v. 22.

II. Strafft doch GOtt oftermahls den Sünder mit zeitlicher Straffe: dis ist ja ein Zeichen/ daß der Sünder hierdurch GOtt müsse gnug thuen.

Antwort. Nach Lehr Suarezii und anderer päbstischen Theolog. in Imam 2dae könte Gott ja wohl einen unschuldigen Menschen ohne einige Schuld und Verbrechen mit ewiger Straffe peinigen und martyren/ nur hierdurch seine Ober-

Dritter Irrthum.

Wegen eigener Gnugthuung in dem vermeinten Sacrament der Buß.

ES erfordert auch die päbstische Kirche bey ihrem Sacrament der nicht nur Buß Christi / sondern des Menschen eigene Gnugthuung/ welche der Priester/ so die Beicht anhöret/ dem Beicht-Kind auferlegt/ und ihn beredet/ daß zwar durch das Sacrament der Beicht gemeiniglich den Zorn GOttes/ oder reatus culpae seye aufgehoben: Aber die Schuldigkeit zu büssen oder reatus poenae und eigne Gnugthuung durch gebührende Straffe bleibe noch rückständig/ und müsse demnach der beichtende durch die auferlegte Buß GOtt wegen der begangenen Sünden ein Gnügen leisten. Daß aber dieses ein handgreifflicher Irrthum seye / erhellet aus folgenden.

Dann erstlich streitet diese Meinung ebenfalls wieder die einige Gnugthuung Christi / wieder den Articul von der Rechtfertigung des Menschen/ so aus lauter Gnaden geschicht / wie dann auch wieder die bewuste Unvollkommenheit unsrer Wercken/ welche nicht fähig seynd für die Sünde GOtt einigen Gnügen abzustatten.

Zweytens haben wir dieser auferlegteu Buß/ weder Befehl noch Exempel in Göttlicher Schrifft: dann wo Christus die grosse Sünderin Magdalena Luc. 7. den Gichtbrüchigen Matth. 9. &c. von ihren Sünden loßgesprochen/ hat er ihnen keine besondere Last einiger Gnugthuung aufgebürdet/ so sprach er auch dem Weib so auf frischer That im Ehebruch war ergriffen ohne Auferlegung weiterer Buß nur gantz trostreich zu: Gehe hin und sündige fort nicht mehr. Joh. 8. So haben auch die Aposteln die bußfertige Sünder zu keiner eigener Gnugthuung verweisen/ noch sie hiermit belästigen wollen: sondern der H. Paulus hat so gar den Blutschändrischen Corinther, da er sich nur reumühtig eingestellet/ zu Gnaden aufgenommen.

Einrede der Papisten.

I. Es hat aber der H. Paulus den oberwehnten blutschänderischen Corinther von der Christlichen Gemein abgesondert mit höchster Beschimpffung I. Cor. 5. Ist dis dann nicht einer Gnugthuung für die Sünde so ihm Paulus auferlegt?

Antwort. Dis war eine Gnugthuung für der Christlichen Gemeine so dieser Corinther mit seiner Blutschand hatte geärgert. Für GOtt aber gilt keine Gnugthuung/ als nur die Gnugthuung Christi/ welche wann der Sünder durch den wahren Glauben/ das ist/ mit glaubiger Hertzens-Andacht und vertraulicher Zuversicht hat ergriffen mit Bereitwilligkeit hinfüro einen Gottgefälligen Wandel zu führen/ so bleibt für GOtt nichts übrig weder die Schuld noch die Straffe: sondern GOtt spricht: Es sol aller seiner Ubertretung/ so er begangen hat/ nicht gedacht werden. Ezech. 18. v. 22.

II. Strafft doch GOtt oftermahls den Sünder mit zeitlicher Straffe: dis ist ja ein Zeichen/ daß der Sünder hierdurch GOtt müsse gnug thuen.

Antwort. Nach Lehr Suarezii und anderer päbstischen Theolog. in Imam 2dae könte Gott ja wohl einen unschuldigen Menschen ohne einige Schuld und Verbrechen mit ewiger Straffe peinigen und martyren/ nur hierdurch seine Ober-

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        <p>Einrede der Papisten.</p>
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        <p>Antwort. Dis war eine Gnugthuung für der Christlichen Gemeine so dieser Corinther mit            seiner Blutschand hatte geärgert. Für GOtt aber gilt keine Gnugthuung/ als nur die            Gnugthuung Christi/ welche wann der Sünder durch den wahren Glauben/ das ist/ mit            glaubiger Hertzens-Andacht und vertraulicher Zuversicht hat ergriffen mit Bereitwilligkeit            hinfüro einen Gottgefälligen Wandel zu führen/ so bleibt für GOtt nichts übrig weder die            Schuld noch die Straffe: sondern GOtt spricht: Es sol aller seiner Ubertretung/ so er            begangen hat/ nicht gedacht werden. Ezech. 18. v. 22.</p>
        <p>II. Strafft doch GOtt oftermahls den Sünder mit zeitlicher Straffe: dis ist ja ein            Zeichen/ daß der Sünder hierdurch GOtt müsse gnug thuen.</p>
        <p>Antwort. Nach Lehr Suarezii und anderer päbstischen Theolog. in Imam 2dae könte Gott ja            wohl einen unschuldigen Menschen ohne einige Schuld und Verbrechen mit ewiger Straffe            peinigen und martyren/ nur hierdurch seine Ober-
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[38/0338] Dritter Irrthum. Wegen eigener Gnugthuung in dem vermeinten Sacrament der Buß. ES erfordert auch die päbstische Kirche bey ihrem Sacrament der nicht nur Buß Christi / sondern des Menschen eigene Gnugthuung/ welche der Priester/ so die Beicht anhöret/ dem Beicht-Kind auferlegt/ und ihn beredet/ daß zwar durch das Sacrament der Beicht gemeiniglich den Zorn GOttes/ oder reatus culpae seye aufgehoben: Aber die Schuldigkeit zu büssen oder reatus poenae und eigne Gnugthuung durch gebührende Straffe bleibe noch rückständig/ und müsse demnach der beichtende durch die auferlegte Buß GOtt wegen der begangenen Sünden ein Gnügen leisten. Daß aber dieses ein handgreifflicher Irrthum seye / erhellet aus folgenden. Dann erstlich streitet diese Meinung ebenfalls wieder die einige Gnugthuung Christi / wieder den Articul von der Rechtfertigung des Menschen/ so aus lauter Gnaden geschicht / wie dann auch wieder die bewuste Unvollkommenheit unsrer Wercken/ welche nicht fähig seynd für die Sünde GOtt einigen Gnügen abzustatten. Zweytens haben wir dieser auferlegteu Buß/ weder Befehl noch Exempel in Göttlicher Schrifft: dann wo Christus die grosse Sünderin Magdalena Luc. 7. den Gichtbrüchigen Matth. 9. &c. von ihren Sünden loßgesprochen/ hat er ihnen keine besondere Last einiger Gnugthuung aufgebürdet/ so sprach er auch dem Weib so auf frischer That im Ehebruch war ergriffen ohne Auferlegung weiterer Buß nur gantz trostreich zu: Gehe hin und sündige fort nicht mehr. Joh. 8. So haben auch die Aposteln die bußfertige Sünder zu keiner eigener Gnugthuung verweisen/ noch sie hiermit belästigen wollen: sondern der H. Paulus hat so gar den Blutschändrischen Corinther, da er sich nur reumühtig eingestellet/ zu Gnaden aufgenommen. Einrede der Papisten. I. Es hat aber der H. Paulus den oberwehnten blutschänderischen Corinther von der Christlichen Gemein abgesondert mit höchster Beschimpffung I. Cor. 5. Ist dis dann nicht einer Gnugthuung für die Sünde so ihm Paulus auferlegt? Antwort. Dis war eine Gnugthuung für der Christlichen Gemeine so dieser Corinther mit seiner Blutschand hatte geärgert. Für GOtt aber gilt keine Gnugthuung/ als nur die Gnugthuung Christi/ welche wann der Sünder durch den wahren Glauben/ das ist/ mit glaubiger Hertzens-Andacht und vertraulicher Zuversicht hat ergriffen mit Bereitwilligkeit hinfüro einen Gottgefälligen Wandel zu führen/ so bleibt für GOtt nichts übrig weder die Schuld noch die Straffe: sondern GOtt spricht: Es sol aller seiner Ubertretung/ so er begangen hat/ nicht gedacht werden. Ezech. 18. v. 22. II. Strafft doch GOtt oftermahls den Sünder mit zeitlicher Straffe: dis ist ja ein Zeichen/ daß der Sünder hierdurch GOtt müsse gnug thuen. Antwort. Nach Lehr Suarezii und anderer päbstischen Theolog. in Imam 2dae könte Gott ja wohl einen unschuldigen Menschen ohne einige Schuld und Verbrechen mit ewiger Straffe peinigen und martyren/ nur hierdurch seine Ober-

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Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/338>, abgerufen am 23.11.2024.