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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

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denheit dabei. Dies Pferde-Volk schien um
so glücklicher, ie näher es der Dumheit und
Thierheit kam. Kein Bekümmernis fand bei ihnen
Statt: ihr abgesetztes Wiehern, das eine Art von
Sprache zu seyn schien, athmete blos Vergnügen;
die Stutmädcheu flohen, die Pferdmänner verfolgten
sie und fielen über sie her, iedes Paar ließ ein
unregelmässiges Wiehern der Wollust hören und
der ganze Haufe beantwortet' es sogleich. Diese öf-
fentliche Freude ward durch die fliegenden Menschen
gestört, die sich mit einemmale über ihnen zeigten.
Sobald man sie erblickte, stieß ein alter Pferd-
mann ein Wiehern des Schreckens aus. Sogleich
flohen alle Weiber in das nahe Gehölze; blos
das männliche Geschlecht blieb zurück und blickte
die Fliegenden trotzig an. Alexander stutzte über
ihre besondere Standhaftigkeit, ließ sich bald bis auf
die Erde nieder und gab ihnen Zeichen der Freund-
schaft, die sie ohne Furcht ansahen. Ungeduldig
sie in der Nähe zu sehn, ließ der iunge Herman-
tin, sich dicht neben einem iungen Pferdemann
nieder und reichte ihm Brod von Getreide dar.
Der iunge Centaur beschnoperte und kostete es,
wieherte dann und lockte eine Menge iunger Leute
seiner Nation herbei. Hermantin machte ihnen
eben dergleichen Geschenke, und streichelte sie mit
der Hand. Alexander und sein Vetter machten es
bei den Pferdmännern eben so, die aber schwerer
zu gewinnen waren; aber bald folgte eine sol-
che Veriraulichkeit, daß auf ein algemeines Wie-
hern alle Stutweiber herbei kamen. Doch näher-

ten



denheit dabei. Dies Pferde-Volk ſchien um
ſo gluͤcklicher, ie naͤher es der Dumheit und
Thierheit kam. Kein Bekuͤmmernis fand bei ihnen
Statt: ihr abgeſetztes Wiehern, das eine Art von
Sprache zu ſeyn ſchien, athmete blos Vergnuͤgen;
die Stutmaͤdcheu flohen, die Pferdmaͤnner verfolgten
ſie und fielen uͤber ſie her, iedes Paar ließ ein
unregelmaͤſſiges Wiehern der Wolluſt hoͤren und
der ganze Haufe beantwortet’ es ſogleich. Dieſe oͤf-
fentliche Freude ward durch die fliegenden Menſchen
geſtoͤrt, die ſich mit einemmale uͤber ihnen zeigten.
Sobald man ſie erblickte, ſtieß ein alter Pferd-
mann ein Wiehern des Schreckens aus. Sogleich
flohen alle Weiber in das nahe Gehoͤlze; blos
das maͤnnliche Geſchlecht blieb zuruͤck und blickte
die Fliegenden trotzig an. Alexander ſtutzte uͤber
ihre beſondere Standhaftigkeit, ließ ſich bald bis auf
die Erde nieder und gab ihnen Zeichen der Freund-
ſchaft, die ſie ohne Furcht anſahen. Ungeduldig
ſie in der Naͤhe zu ſehn, ließ der iunge Herman-
tin, ſich dicht neben einem iungen Pferdemann
nieder und reichte ihm Brod von Getreide dar.
Der iunge Centaur beſchnoperte und koſtete es,
wieherte dann und lockte eine Menge iunger Leute
ſeiner Nation herbei. Hermantin machte ihnen
eben dergleichen Geſchenke, und ſtreichelte ſie mit
der Hand. Alexander und ſein Vetter machten es
bei den Pferdmaͤnnern eben ſo, die aber ſchwerer
zu gewinnen waren; aber bald folgte eine ſol-
che Veriraulichkeit, daß auf ein algemeines Wie-
hern alle Stutweiber herbei kamen. Doch naͤher-

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[230/0238] denheit dabei. Dies Pferde-Volk ſchien um ſo gluͤcklicher, ie naͤher es der Dumheit und Thierheit kam. Kein Bekuͤmmernis fand bei ihnen Statt: ihr abgeſetztes Wiehern, das eine Art von Sprache zu ſeyn ſchien, athmete blos Vergnuͤgen; die Stutmaͤdcheu flohen, die Pferdmaͤnner verfolgten ſie und fielen uͤber ſie her, iedes Paar ließ ein unregelmaͤſſiges Wiehern der Wolluſt hoͤren und der ganze Haufe beantwortet’ es ſogleich. Dieſe oͤf- fentliche Freude ward durch die fliegenden Menſchen geſtoͤrt, die ſich mit einemmale uͤber ihnen zeigten. Sobald man ſie erblickte, ſtieß ein alter Pferd- mann ein Wiehern des Schreckens aus. Sogleich flohen alle Weiber in das nahe Gehoͤlze; blos das maͤnnliche Geſchlecht blieb zuruͤck und blickte die Fliegenden trotzig an. Alexander ſtutzte uͤber ihre beſondere Standhaftigkeit, ließ ſich bald bis auf die Erde nieder und gab ihnen Zeichen der Freund- ſchaft, die ſie ohne Furcht anſahen. Ungeduldig ſie in der Naͤhe zu ſehn, ließ der iunge Herman- tin, ſich dicht neben einem iungen Pferdemann nieder und reichte ihm Brod von Getreide dar. Der iunge Centaur beſchnoperte und koſtete es, wieherte dann und lockte eine Menge iunger Leute ſeiner Nation herbei. Hermantin machte ihnen eben dergleichen Geſchenke, und ſtreichelte ſie mit der Hand. Alexander und ſein Vetter machten es bei den Pferdmaͤnnern eben ſo, die aber ſchwerer zu gewinnen waren; aber bald folgte eine ſol- che Veriraulichkeit, daß auf ein algemeines Wie- hern alle Stutweiber herbei kamen. Doch naͤher- ten

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Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/238>, abgerufen am 24.11.2024.