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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

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-- Jch höre mit Verwunderung zu: diese
Materie, welche wir berühren, ist denn nicht der
Körper der Gottheit, wie in Europa ein gewis-
ser Spinoza behauptet hat.

Jhr habt recht, mein Sohn. Jndes sind
alle unsere Kentnisse nicht so zuverlässig, als die
bisher erwähnten; wir haben auch solche, die auf
blosse Vermuthungen beruhen und auf den übrigens
zuverlässigen Satz sich gründen, daß es in der Natur kei-
nen leeren und öden Raum giebt, sondern daß alles in
derselben mit lebenden Wesen angefüllt ist, die aber in
Ansehung ihrer Form, Substanz und Handlungsart
ganz verschieden sind. Wir vermuthen daher, daß
die Luft mit lebenden für unsere Sinne aber un-
faßlichen Wesen erfült sei, iedoch in einer gewis-
sen Höhe und über den Flug der Vögel hinaus.
Nach dem, was ich in euren Büchern gelesen habe
und ihr mir von den europäischen Grundsätzen erklärt
habt, scheint es, daß man in diesem Weltheile einige
ähnliche Begriffe gehabt habe; und daß eure Fe-
en, Genien, Geister und Gespenster etc. eine Folge
von dieser alten Meinung sei, die sich durch die
Länge verdunkelt und verlohren hat. Wir glau-
ben hier aber auch, daß diese über unsere Sinne
erhabenen Wesen, eben deshalb völlig unfähig sind,
uns wohl oder übel zu thun; daß sie uns weder
sehn noch berühren können, weil sie in unserer
Luft ersticken würden. Wir halten sie für ver-
ständiger als uns, weil ihre Organen weit zärter
sind. Unserer Meinung nach giebt es deren zwei-

erlei


— Jch hoͤre mit Verwunderung zu: dieſe
Materie, welche wir beruͤhren, iſt denn nicht der
Koͤrper der Gottheit, wie in Europa ein gewiſ-
ſer Spinoza behauptet hat.

Jhr habt recht, mein Sohn. Jndes ſind
alle unſere Kentniſſe nicht ſo zuverlaͤſſig, als die
bisher erwaͤhnten; wir haben auch ſolche, die auf
bloſſe Vermuthungen beruhen und auf den uͤbrigens
zuverlaͤſſigen Satz ſich gruͤnden, daß es in der Natur kei-
nen leeren und oͤden Raum giebt, ſondern daß alles in
derſelben mit lebenden Weſen angefuͤllt iſt, die aber in
Anſehung ihrer Form, Subſtanz und Handlungsart
ganz verſchieden ſind. Wir vermuthen daher, daß
die Luft mit lebenden fuͤr unſere Sinne aber un-
faßlichen Weſen erfuͤlt ſei, iedoch in einer gewiſ-
ſen Hoͤhe und uͤber den Flug der Voͤgel hinaus.
Nach dem, was ich in euren Buͤchern geleſen habe
und ihr mir von den europaͤiſchen Grundſaͤtzen erklaͤrt
habt, ſcheint es, daß man in dieſem Weltheile einige
aͤhnliche Begriffe gehabt habe; und daß eure Fe-
en, Genien, Geiſter und Geſpenſter ꝛc. eine Folge
von dieſer alten Meinung ſei, die ſich durch die
Laͤnge verdunkelt und verlohren hat. Wir glau-
ben hier aber auch, daß dieſe uͤber unſere Sinne
erhabenen Weſen, eben deshalb voͤllig unfaͤhig ſind,
uns wohl oder uͤbel zu thun; daß ſie uns weder
ſehn noch beruͤhren koͤnnen, weil ſie in unſerer
Luft erſticken wuͤrden. Wir halten ſie fuͤr ver-
ſtaͤndiger als uns, weil ihre Organen weit zaͤrter
ſind. Unſerer Meinung nach giebt es deren zwei-

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[315/0323] — Jch hoͤre mit Verwunderung zu: dieſe Materie, welche wir beruͤhren, iſt denn nicht der Koͤrper der Gottheit, wie in Europa ein gewiſ- ſer Spinoza behauptet hat. Jhr habt recht, mein Sohn. Jndes ſind alle unſere Kentniſſe nicht ſo zuverlaͤſſig, als die bisher erwaͤhnten; wir haben auch ſolche, die auf bloſſe Vermuthungen beruhen und auf den uͤbrigens zuverlaͤſſigen Satz ſich gruͤnden, daß es in der Natur kei- nen leeren und oͤden Raum giebt, ſondern daß alles in derſelben mit lebenden Weſen angefuͤllt iſt, die aber in Anſehung ihrer Form, Subſtanz und Handlungsart ganz verſchieden ſind. Wir vermuthen daher, daß die Luft mit lebenden fuͤr unſere Sinne aber un- faßlichen Weſen erfuͤlt ſei, iedoch in einer gewiſ- ſen Hoͤhe und uͤber den Flug der Voͤgel hinaus. Nach dem, was ich in euren Buͤchern geleſen habe und ihr mir von den europaͤiſchen Grundſaͤtzen erklaͤrt habt, ſcheint es, daß man in dieſem Weltheile einige aͤhnliche Begriffe gehabt habe; und daß eure Fe- en, Genien, Geiſter und Geſpenſter ꝛc. eine Folge von dieſer alten Meinung ſei, die ſich durch die Laͤnge verdunkelt und verlohren hat. Wir glau- ben hier aber auch, daß dieſe uͤber unſere Sinne erhabenen Weſen, eben deshalb voͤllig unfaͤhig ſind, uns wohl oder uͤbel zu thun; daß ſie uns weder ſehn noch beruͤhren koͤnnen, weil ſie in unſerer Luft erſticken wuͤrden. Wir halten ſie fuͤr ver- ſtaͤndiger als uns, weil ihre Organen weit zaͤrter ſind. Unſerer Meinung nach giebt es deren zwei- erlei

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Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/323>, abgerufen am 26.11.2024.