kommst, so wird dich doch die Gerechtigkeit des Himmels eher oder später in meine Hän- de liefern, alsdann versprech' ich dir, die ge- hörige und schnellste Strafe ... wofern du nicht bald in dich gehst und mir sogleich mei- ne Tochter wieder giebst.
Christine war über diesen Brief äußerst gerührt, doch faßte sie sich bald wieder, indem sie bedachte, wie sehr sich ihr Väter, in Ansehung Victorins und der übrigen irrte, und nach einigen vergossenen Thrä- nen suchte sie Trost in den Armen ihres Gemahls.
Es wäre unnöthig noch viel von dem Leben zu sagen, welches sie einige Jahr hindurch in diesem rei- zenden Aufenthalte führte. Jedermann betete sie an, so wohl ihrer Güte wegen -- denn nichts macht gütiger als das Unglück -- als auch des Ansehns halber, das ihr Gemal ihr mittheilte. Sie bekam drey Kinder, zwey Knaben und eine Tochter; sie stillte solche selbst, erzog sie, und fand in ihren Lieb- kosungen ein neues Glück. Sie waren alle sehr ar- tig. Und dann gab es keine zärtlichere Mutter ge- gen ihre Kinder, und keine durch sie glücklichere, als eine Frau, die von ihrem Manne angebetet wird. Victorin änderte seine Gesinungen nicht, sondern schien von Tag zu Tag mehr Zärtlichkeit anzunehmen.
Jetzt, meine reizende Freundin, sagt' er zuwei- len zu seiner Gemahlin, jetzt vermag ich mich ihnen mehr zu enthüllen, weil ich weiß, daß sie meine Lieb- kosungen itzt mehr als Anfangs einer wahren und vereh-
rungs-
d. fl. Mensch. F
kommſt, ſo wird dich doch die Gerechtigkeit des Himmels eher oder ſpaͤter in meine Haͤn- de liefern, alsdann verſprech’ ich dir, die ge- hoͤrige und ſchnellſte Strafe … wofern du nicht bald in dich gehſt und mir ſogleich mei- ne Tochter wieder giebſt.
Chriſtine war uͤber dieſen Brief aͤußerſt geruͤhrt, doch faßte ſie ſich bald wieder, indem ſie bedachte, wie ſehr ſich ihr Vaͤter, in Anſehung Victorins und der uͤbrigen irrte, und nach einigen vergoſſenen Thraͤ- nen ſuchte ſie Troſt in den Armen ihres Gemahls.
Es waͤre unnoͤthig noch viel von dem Leben zu ſagen, welches ſie einige Jahr hindurch in dieſem rei- zenden Aufenthalte fuͤhrte. Jedermann betete ſie an, ſo wohl ihrer Guͤte wegen — denn nichts macht guͤtiger als das Ungluͤck — als auch des Anſehns halber, das ihr Gemal ihr mittheilte. Sie bekam drey Kinder, zwey Knaben und eine Tochter; ſie ſtillte ſolche ſelbſt, erzog ſie, und fand in ihren Lieb- koſungen ein neues Gluͤck. Sie waren alle ſehr ar- tig. Und dann gab es keine zaͤrtlichere Mutter ge- gen ihre Kinder, und keine durch ſie gluͤcklichere, als eine Frau, die von ihrem Manne angebetet wird. Victorin aͤnderte ſeine Geſinungen nicht, ſondern ſchien von Tag zu Tag mehr Zaͤrtlichkeit anzunehmen.
Jetzt, meine reizende Freundin, ſagt’ er zuwei- len zu ſeiner Gemahlin, jetzt vermag ich mich ihnen mehr zu enthuͤllen, weil ich weiß, daß ſie meine Lieb- koſungen itzt mehr als Anfangs einer wahren und vereh-
rungs-
d. fl. Menſch. F
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kommſt, ſo wird dich doch die Gerechtigkeit
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de liefern, alsdann verſprech’ ich dir, die ge-
hoͤrige und ſchnellſte Strafe … wofern du
nicht bald in dich gehſt und mir ſogleich mei-
ne Tochter wieder giebſt.
Chriſtine war uͤber dieſen Brief aͤußerſt geruͤhrt,
doch faßte ſie ſich bald wieder, indem ſie bedachte,
wie ſehr ſich ihr Vaͤter, in Anſehung Victorins und
der uͤbrigen irrte, und nach einigen vergoſſenen Thraͤ-
nen ſuchte ſie Troſt in den Armen ihres Gemahls.
Es waͤre unnoͤthig noch viel von dem Leben zu
ſagen, welches ſie einige Jahr hindurch in dieſem rei-
zenden Aufenthalte fuͤhrte. Jedermann betete ſie an,
ſo wohl ihrer Guͤte wegen — denn nichts macht
guͤtiger als das Ungluͤck — als auch des Anſehns
halber, das ihr Gemal ihr mittheilte. Sie bekam
drey Kinder, zwey Knaben und eine Tochter; ſie
ſtillte ſolche ſelbſt, erzog ſie, und fand in ihren Lieb-
koſungen ein neues Gluͤck. Sie waren alle ſehr ar-
tig. Und dann gab es keine zaͤrtlichere Mutter ge-
gen ihre Kinder, und keine durch ſie gluͤcklichere, als
eine Frau, die von ihrem Manne angebetet wird.
Victorin aͤnderte ſeine Geſinungen nicht, ſondern ſchien
von Tag zu Tag mehr Zaͤrtlichkeit anzunehmen.
Jetzt, meine reizende Freundin, ſagt’ er zuwei-
len zu ſeiner Gemahlin, jetzt vermag ich mich ihnen
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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/89>, abgerufen am 23.11.2024.
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