Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

(Jahwistisch ist wohl noch eine stärkere Nuance für semitisch, -- ich habe diesen Ausdruck zum erstenmal gehört.) Und nun hat er eine Theorie aufgestellt, nach welcher die Juden unbedingt auch kosmische Kräfte besitzen müssen, und behauptet, daß sie zu retten wären, wenn man ihnen zur Blutleuchte verhelfe. Dazu aber sei die Konzentrierung und Ansiedlung des ganzen Volkes in Palästina, als an seinem Ausgangspunkt, notwendig.

Als nun Hallwig bei seiner Rückkehr von alledem erfuhr, war er durchaus nicht einverstanden, sondern beschuldigte Hofmann, daß er durch Anwendung der kosmischen Geheimnisse die Sache der Juden und des Zionismus unterstützen wolle, und somit das Heidentum Wahnmochings an den jahwistischen Moloch in eigner Person verraten und ausgeliefert habe. Ja, er könne gar nichts anderes damit beabsichtigen, als auf eigene Hand gewissermaßen eine Filiale des angestrebten kosmischen Reiches zu gründen -- nein, keine Filiale, sondern ein direktes Gegenreich -- und sich zum Oberpriester desselben zu machen.

Ob wenigstens hierin Hallwig nicht doch zu weit gegangen ist? Es ist wohl kaum anzunehmen, daß Hofmann das wirklich wünschte, wo er doch eine angesehene und auskömmliche Stellung an der hiesigen Universität inne hat, -- eher noch, daß der schlaue Rabbi ihm seine eigenen ehrgeizigen Pläne untergeschoben hat.

(Jahwistisch ist wohl noch eine stärkere Nuance für semitisch, — ich habe diesen Ausdruck zum erstenmal gehört.) Und nun hat er eine Theorie aufgestellt, nach welcher die Juden unbedingt auch kosmische Kräfte besitzen müssen, und behauptet, daß sie zu retten wären, wenn man ihnen zur Blutleuchte verhelfe. Dazu aber sei die Konzentrierung und Ansiedlung des ganzen Volkes in Palästina, als an seinem Ausgangspunkt, notwendig.

Als nun Hallwig bei seiner Rückkehr von alledem erfuhr, war er durchaus nicht einverstanden, sondern beschuldigte Hofmann, daß er durch Anwendung der kosmischen Geheimnisse die Sache der Juden und des Zionismus unterstützen wolle, und somit das Heidentum Wahnmochings an den jahwistischen Moloch in eigner Person verraten und ausgeliefert habe. Ja, er könne gar nichts anderes damit beabsichtigen, als auf eigene Hand gewissermaßen eine Filiale des angestrebten kosmischen Reiches zu gründen — nein, keine Filiale, sondern ein direktes Gegenreich — und sich zum Oberpriester desselben zu machen.

Ob wenigstens hierin Hallwig nicht doch zu weit gegangen ist? Es ist wohl kaum anzunehmen, daß Hofmann das wirklich wünschte, wo er doch eine angesehene und auskömmliche Stellung an der hiesigen Universität inne hat, — eher noch, daß der schlaue Rabbi ihm seine eigenen ehrgeizigen Pläne untergeschoben hat.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <div type="letter" n="2">
            <p><pb facs="#f0183" n="179"/>
(Jahwistisch ist wohl noch eine stärkere Nuance für semitisch, &#x2014; ich habe diesen Ausdruck zum erstenmal gehört.) Und nun hat er eine Theorie aufgestellt, nach welcher die Juden unbedingt auch kosmische Kräfte besitzen müssen, und behauptet, daß sie zu retten wären, wenn man ihnen zur Blutleuchte verhelfe. Dazu aber sei die Konzentrierung und Ansiedlung des ganzen Volkes in Palästina, als an seinem Ausgangspunkt, notwendig.</p>
            <p>Als nun Hallwig bei seiner Rückkehr von alledem erfuhr, war er durchaus nicht einverstanden, sondern beschuldigte Hofmann, daß er durch Anwendung der kosmischen Geheimnisse die Sache der Juden und des Zionismus unterstützen wolle, und somit das Heidentum Wahnmochings an den jahwistischen Moloch in eigner Person verraten und ausgeliefert habe. Ja, er könne gar nichts anderes damit beabsichtigen, als auf eigene Hand gewissermaßen eine Filiale des angestrebten kosmischen Reiches zu gründen &#x2014; nein, keine Filiale, sondern ein direktes Gegenreich &#x2014; und sich zum Oberpriester desselben zu machen.</p>
            <p>Ob wenigstens hierin Hallwig nicht doch zu weit gegangen ist? Es ist wohl kaum anzunehmen, daß Hofmann das wirklich wünschte, wo er doch eine angesehene und auskömmliche Stellung an der hiesigen Universität inne hat, &#x2014; eher noch, daß der schlaue Rabbi ihm seine eigenen ehrgeizigen Pläne untergeschoben hat.</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0183] (Jahwistisch ist wohl noch eine stärkere Nuance für semitisch, — ich habe diesen Ausdruck zum erstenmal gehört.) Und nun hat er eine Theorie aufgestellt, nach welcher die Juden unbedingt auch kosmische Kräfte besitzen müssen, und behauptet, daß sie zu retten wären, wenn man ihnen zur Blutleuchte verhelfe. Dazu aber sei die Konzentrierung und Ansiedlung des ganzen Volkes in Palästina, als an seinem Ausgangspunkt, notwendig. Als nun Hallwig bei seiner Rückkehr von alledem erfuhr, war er durchaus nicht einverstanden, sondern beschuldigte Hofmann, daß er durch Anwendung der kosmischen Geheimnisse die Sache der Juden und des Zionismus unterstützen wolle, und somit das Heidentum Wahnmochings an den jahwistischen Moloch in eigner Person verraten und ausgeliefert habe. Ja, er könne gar nichts anderes damit beabsichtigen, als auf eigene Hand gewissermaßen eine Filiale des angestrebten kosmischen Reiches zu gründen — nein, keine Filiale, sondern ein direktes Gegenreich — und sich zum Oberpriester desselben zu machen. Ob wenigstens hierin Hallwig nicht doch zu weit gegangen ist? Es ist wohl kaum anzunehmen, daß Hofmann das wirklich wünschte, wo er doch eine angesehene und auskömmliche Stellung an der hiesigen Universität inne hat, — eher noch, daß der schlaue Rabbi ihm seine eigenen ehrgeizigen Pläne untergeschoben hat.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/183
Zitationshilfe: Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/183>, abgerufen am 04.12.2024.