Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.wird, schon lange ein Punkt gewesen, über den man sich nicht einigen konnte. Hallwig und Delius wollten nur Götter und Mysterien so geehrt wissen, nicht aber einen sterblichen Dichter, selbst wenn er noch so würdig sei, bei Festen oder kultlichen Handlungen voranzuschreiten, -- es dürfe sich dennoch keiner vermessen, in Wahnmoching der Erste sein zu wollen. Und auch das soll Hofmann heimlich angestrebt haben, wenn auch nicht für sich, sondern eben für den Meister. -- Wer recht, wer unrecht hat, was in diesem Labyrinth von Konflikten billig oder unbillig ist, -- wer wollte das ergründen? Man hat ja auch, wie mir der Philosoph einmal sagte, in Wahnmoching von jeher das Licht der Vernunft verschmäht und ein mystisches Dunkel vorgezogen. Die Beunruhigung der Gemüter ist aufs höchste gestiegen. Bleich und verstört sieht man den Professor umhergehen, verängstigt, aber immer noch mit dem fanatischen Blick die Jadwiga, finster den Rabbi und wehklagend die Kappadozierin. Hallwig selbst bleibt wie immer unsichtbar, aber ich begegnete verschiedentlich Delius auf dem Wege nach seiner Wohnung, die jenseits der kosmischen Wiese liegt. Er hüllte sich dicht in seinen Mantel, der immer mehr einer Toga gleicht, und ging verschlossen seiner Wege, als ob er zu einer Verschwörung eilte. Man sagt, daß die beiden jetzt eine wird, schon lange ein Punkt gewesen, über den man sich nicht einigen konnte. Hallwig und Delius wollten nur Götter und Mysterien so geehrt wissen, nicht aber einen sterblichen Dichter, selbst wenn er noch so würdig sei, bei Festen oder kultlichen Handlungen voranzuschreiten, — es dürfe sich dennoch keiner vermessen, in Wahnmoching der Erste sein zu wollen. Und auch das soll Hofmann heimlich angestrebt haben, wenn auch nicht für sich, sondern eben für den Meister. — Wer recht, wer unrecht hat, was in diesem Labyrinth von Konflikten billig oder unbillig ist, — wer wollte das ergründen? Man hat ja auch, wie mir der Philosoph einmal sagte, in Wahnmoching von jeher das Licht der Vernunft verschmäht und ein mystisches Dunkel vorgezogen. Die Beunruhigung der Gemüter ist aufs höchste gestiegen. Bleich und verstört sieht man den Professor umhergehen, verängstigt, aber immer noch mit dem fanatischen Blick die Jadwiga, finster den Rabbi und wehklagend die Kappadozierin. Hallwig selbst bleibt wie immer unsichtbar, aber ich begegnete verschiedentlich Delius auf dem Wege nach seiner Wohnung, die jenseits der kosmischen Wiese liegt. Er hüllte sich dicht in seinen Mantel, der immer mehr einer Toga gleicht, und ging verschlossen seiner Wege, als ob er zu einer Verschwörung eilte. Man sagt, daß die beiden jetzt eine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0186" n="182"/> wird, schon lange ein Punkt gewesen, über den man sich nicht einigen konnte. Hallwig und Delius wollten nur Götter und Mysterien so geehrt wissen, nicht aber einen sterblichen Dichter, selbst wenn er noch so würdig sei, bei Festen oder kultlichen Handlungen voranzuschreiten, — es dürfe sich dennoch keiner vermessen, in Wahnmoching der Erste sein zu wollen. Und auch das soll Hofmann heimlich angestrebt haben, wenn auch nicht für sich, sondern eben für den Meister.</p> <p>— Wer recht, wer unrecht hat, was in diesem Labyrinth von Konflikten billig oder unbillig ist, — wer wollte das ergründen? Man hat ja auch, wie mir der Philosoph einmal sagte, in Wahnmoching von jeher das Licht der Vernunft verschmäht und ein mystisches Dunkel vorgezogen.</p> <p>Die Beunruhigung der Gemüter ist aufs höchste gestiegen. Bleich und verstört sieht man den Professor umhergehen, verängstigt, aber immer noch mit dem fanatischen Blick die Jadwiga, finster den Rabbi und wehklagend die Kappadozierin. Hallwig selbst bleibt wie immer unsichtbar, aber ich begegnete verschiedentlich Delius auf dem Wege nach seiner Wohnung, die jenseits der kosmischen Wiese liegt. Er hüllte sich dicht in seinen Mantel, der immer mehr einer Toga gleicht, und ging verschlossen seiner Wege, als ob er zu einer Verschwörung eilte. Man sagt, daß die beiden jetzt eine </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [182/0186]
wird, schon lange ein Punkt gewesen, über den man sich nicht einigen konnte. Hallwig und Delius wollten nur Götter und Mysterien so geehrt wissen, nicht aber einen sterblichen Dichter, selbst wenn er noch so würdig sei, bei Festen oder kultlichen Handlungen voranzuschreiten, — es dürfe sich dennoch keiner vermessen, in Wahnmoching der Erste sein zu wollen. Und auch das soll Hofmann heimlich angestrebt haben, wenn auch nicht für sich, sondern eben für den Meister.
— Wer recht, wer unrecht hat, was in diesem Labyrinth von Konflikten billig oder unbillig ist, — wer wollte das ergründen? Man hat ja auch, wie mir der Philosoph einmal sagte, in Wahnmoching von jeher das Licht der Vernunft verschmäht und ein mystisches Dunkel vorgezogen.
Die Beunruhigung der Gemüter ist aufs höchste gestiegen. Bleich und verstört sieht man den Professor umhergehen, verängstigt, aber immer noch mit dem fanatischen Blick die Jadwiga, finster den Rabbi und wehklagend die Kappadozierin. Hallwig selbst bleibt wie immer unsichtbar, aber ich begegnete verschiedentlich Delius auf dem Wege nach seiner Wohnung, die jenseits der kosmischen Wiese liegt. Er hüllte sich dicht in seinen Mantel, der immer mehr einer Toga gleicht, und ging verschlossen seiner Wege, als ob er zu einer Verschwörung eilte. Man sagt, daß die beiden jetzt eine
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