Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite
7

Mir ist, als müßte ich mein Gehirn auseinander nehmen und wieder neu zusammensetzen. Die Art, wie es bisher funktioniert hat, die mir geläufigen und gewohnten Gedankengänge nützen mir nichts mehr -- ich möchte sie ausschalten, ausrangieren, bis ich imstande bin, mich in all diesen neuen sicherer zu bewegen.

Einen halben Tag habe ich gebraucht, um das auf den Jour folgende Nachtgespräch aus meinen Notizen wieder zusammenzustellen und noch einmal durchzudenken. Wenn ich dann alles hier eingetragen habe, will ich den Philosophen bitten, es noch einmal nachzulesen. Auch was dazwischen konversationsweise gesprochen wurde, habe ich mir angemerkt, in der Absicht, das Ganze später für meinen Roman zu verwenden.

Da liegt nun eine Schwierigkeit, über deren Lösung ich mir noch nicht klar bin: kann ich dem Leser, der vielleicht nur persönliche Erlebnisse und Schicksale erwartet oder wünscht -- zumuten, sich mit mir in diese seltsame und umfangreiche Gedankenwelt zu vertiefen? --

7

Mir ist, als müßte ich mein Gehirn auseinander nehmen und wieder neu zusammensetzen. Die Art, wie es bisher funktioniert hat, die mir geläufigen und gewohnten Gedankengänge nützen mir nichts mehr — ich möchte sie ausschalten, ausrangieren, bis ich imstande bin, mich in all diesen neuen sicherer zu bewegen.

Einen halben Tag habe ich gebraucht, um das auf den Jour folgende Nachtgespräch aus meinen Notizen wieder zusammenzustellen und noch einmal durchzudenken. Wenn ich dann alles hier eingetragen habe, will ich den Philosophen bitten, es noch einmal nachzulesen. Auch was dazwischen konversationsweise gesprochen wurde, habe ich mir angemerkt, in der Absicht, das Ganze später für meinen Roman zu verwenden.

Da liegt nun eine Schwierigkeit, über deren Lösung ich mir noch nicht klar bin: kann ich dem Leser, der vielleicht nur persönliche Erlebnisse und Schicksale erwartet oder wünscht — zumuten, sich mit mir in diese seltsame und umfangreiche Gedankenwelt zu vertiefen? —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0070" n="66"/>
      <div n="1">
        <head>7</head>
        <p>Mir ist, als müßte ich mein Gehirn auseinander nehmen und wieder neu zusammensetzen. Die Art, wie es bisher funktioniert hat, die mir geläufigen und gewohnten Gedankengänge nützen mir nichts mehr &#x2014; ich möchte sie ausschalten, ausrangieren, bis ich imstande bin, mich in all diesen neuen sicherer zu bewegen.</p>
        <p>Einen halben Tag habe ich gebraucht, um das auf den Jour folgende Nachtgespräch aus meinen Notizen wieder zusammenzustellen und noch einmal durchzudenken. Wenn ich dann alles hier eingetragen habe, will ich den Philosophen bitten, es noch einmal nachzulesen. Auch was dazwischen konversationsweise gesprochen wurde, habe ich mir angemerkt, in der Absicht, das Ganze später für meinen Roman zu verwenden.</p>
        <p>Da liegt nun eine Schwierigkeit, über deren Lösung ich mir noch nicht klar bin: kann ich dem Leser, der vielleicht nur persönliche Erlebnisse und Schicksale erwartet oder wünscht &#x2014; zumuten, sich mit mir in diese seltsame und umfangreiche Gedankenwelt zu vertiefen? &#x2014;
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[66/0070] 7 Mir ist, als müßte ich mein Gehirn auseinander nehmen und wieder neu zusammensetzen. Die Art, wie es bisher funktioniert hat, die mir geläufigen und gewohnten Gedankengänge nützen mir nichts mehr — ich möchte sie ausschalten, ausrangieren, bis ich imstande bin, mich in all diesen neuen sicherer zu bewegen. Einen halben Tag habe ich gebraucht, um das auf den Jour folgende Nachtgespräch aus meinen Notizen wieder zusammenzustellen und noch einmal durchzudenken. Wenn ich dann alles hier eingetragen habe, will ich den Philosophen bitten, es noch einmal nachzulesen. Auch was dazwischen konversationsweise gesprochen wurde, habe ich mir angemerkt, in der Absicht, das Ganze später für meinen Roman zu verwenden. Da liegt nun eine Schwierigkeit, über deren Lösung ich mir noch nicht klar bin: kann ich dem Leser, der vielleicht nur persönliche Erlebnisse und Schicksale erwartet oder wünscht — zumuten, sich mit mir in diese seltsame und umfangreiche Gedankenwelt zu vertiefen? —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/70
Zitationshilfe: Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/70>, abgerufen am 04.12.2024.