Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Geschichte
"heyrathen. Jch hoffe, ich sey bisher nicht so
"unnütz in meines Vaters Hause gewesen, daß - -

"Erzähle mir deine Verdienste nicht, Clär-
"chen.
Du bist ein gutes Kind gewesen, und
"hast mir die Haushaltungs-Sorgen abgenom-
"men: mache mir aber jetzt nicht mehrere Sorgen,
"als du mir jemals abgenommen hast. Die Ehre,
"die dir deine Geschicklich keit in der Haushaltung
"erworben hat, hat deine Mühe reichlich bezahlet.
"Allein es wird nun die Hülfe, die ich von dir
"haben kan, bald ihr Ende erreichen. Denn
"wenn du heyrathest, so ist dis ihr natürliches
"und zugleich ein uns allen angenehmes Ende,
"falls nemlich deine Heyrath nach unserm Sinn
"ist: denn deine eigene Haushaltung wird deine
"Aufsicht erfodern. Schlägst du aber diese Par-
"they aus, so ist deine Hülffe doch am Ende,
"aber nicht auf die natürliche Weise. Du verstehst
"mich wohl, mein Kind!" Jch weinte. Sie
fuhr fort: "ich habe mich schon nach einer Haus-
"hälterin umgesehen. Jch hätte gern deine ehr-
"liche Frau Norton gehabt: aber ich glaube
"daß du selbst wünschen wirst, diese brave Frau
"bey dir zu haben. Jst das dein Wunsch, so
"will ich dir gern hierin gefällig seyn.

"Allein warum liebste Mutter, warum stößt
"man die jüngere Schwester in einen Stand,
"in den ich überall zu treten nicht Lust habe."

"Jch glaube, du wilst mich fragen, warum
"man bey Herrn Solmes Antrag nicht auf dei-
"ne Schwester dencke."

"Ja,

Die Geſchichte
„heyrathen. Jch hoffe, ich ſey bisher nicht ſo
„unnuͤtz in meines Vaters Hauſe geweſen, daß ‒ ‒

„Erzaͤhle mir deine Verdienſte nicht, Claͤr-
„chen.
Du biſt ein gutes Kind geweſen, und
„haſt mir die Haushaltungs-Sorgen abgenom-
„men: mache mir aber jetzt nicht mehrere Sorgen,
„als du mir jemals abgenommen haſt. Die Ehre,
„die dir deine Geſchicklich keit in der Haushaltung
„erworben hat, hat deine Muͤhe reichlich bezahlet.
„Allein es wird nun die Huͤlfe, die ich von dir
„haben kan, bald ihr Ende erreichen. Denn
„wenn du heyratheſt, ſo iſt dis ihr natuͤrliches
„und zugleich ein uns allen angenehmes Ende,
„falls nemlich deine Heyrath nach unſerm Sinn
„iſt: denn deine eigene Haushaltung wird deine
„Aufſicht erfodern. Schlaͤgſt du aber dieſe Par-
„they aus, ſo iſt deine Huͤlffe doch am Ende,
„aber nicht auf die natuͤrliche Weiſe. Du verſtehſt
„mich wohl, mein Kind!„ Jch weinte. Sie
fuhr fort: „ich habe mich ſchon nach einer Haus-
„haͤlterin umgeſehen. Jch haͤtte gern deine ehr-
„liche Frau Norton gehabt: aber ich glaube
„daß du ſelbſt wuͤnſchen wirſt, dieſe brave Frau
„bey dir zu haben. Jſt das dein Wunſch, ſo
„will ich dir gern hierin gefaͤllig ſeyn.

„Allein warum liebſte Mutter, warum ſtoͤßt
„man die juͤngere Schweſter in einen Stand,
„in den ich uͤberall zu treten nicht Luſt habe.„

„Jch glaube, du wilſt mich fragen, warum
„man bey Herrn Solmes Antrag nicht auf dei-
„ne Schweſter dencke.„

„Ja,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0196" n="176"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Die Ge&#x017F;chichte</hi></hi></fw><lb/>
&#x201E;heyrathen. Jch hoffe, ich &#x017F;ey bisher nicht &#x017F;o<lb/>
&#x201E;unnu&#x0364;tz in meines Vaters Hau&#x017F;e gewe&#x017F;en, daß &#x2012; &#x2012;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Erza&#x0364;hle mir deine Verdien&#x017F;te nicht, <hi rendition="#fr">Cla&#x0364;r-<lb/>
&#x201E;chen.</hi> Du bi&#x017F;t ein gutes Kind gewe&#x017F;en, und<lb/>
&#x201E;ha&#x017F;t mir die Haushaltungs-Sorgen abgenom-<lb/>
&#x201E;men: mache mir aber jetzt nicht mehrere Sorgen,<lb/>
&#x201E;als du mir jemals abgenommen ha&#x017F;t. Die Ehre,<lb/>
&#x201E;die dir deine Ge&#x017F;chicklich keit in der Haushaltung<lb/>
&#x201E;erworben hat, hat deine Mu&#x0364;he reichlich bezahlet.<lb/>
&#x201E;Allein es wird nun die Hu&#x0364;lfe, die ich von dir<lb/>
&#x201E;haben kan, bald ihr Ende erreichen. Denn<lb/>
&#x201E;wenn du heyrathe&#x017F;t, &#x017F;o i&#x017F;t dis ihr natu&#x0364;rliches<lb/>
&#x201E;und zugleich ein uns allen angenehmes Ende,<lb/>
&#x201E;falls nemlich deine Heyrath nach un&#x017F;erm Sinn<lb/>
&#x201E;i&#x017F;t: denn deine eigene Haushaltung wird deine<lb/>
&#x201E;Auf&#x017F;icht erfodern. Schla&#x0364;g&#x017F;t du aber die&#x017F;e Par-<lb/>
&#x201E;they aus, &#x017F;o i&#x017F;t deine Hu&#x0364;lffe doch am Ende,<lb/>
&#x201E;aber nicht auf die natu&#x0364;rliche Wei&#x017F;e. Du ver&#x017F;teh&#x017F;t<lb/>
&#x201E;mich wohl, mein Kind!&#x201E; Jch weinte. Sie<lb/>
fuhr fort: &#x201E;ich habe mich &#x017F;chon nach einer Haus-<lb/>
&#x201E;ha&#x0364;lterin umge&#x017F;ehen. Jch ha&#x0364;tte gern deine ehr-<lb/>
&#x201E;liche Frau <hi rendition="#fr">Norton</hi> gehabt: aber ich glaube<lb/>
&#x201E;daß du &#x017F;elb&#x017F;t wu&#x0364;n&#x017F;chen wir&#x017F;t, die&#x017F;e brave Frau<lb/>
&#x201E;bey dir zu haben. J&#x017F;t das dein Wun&#x017F;ch, &#x017F;o<lb/>
&#x201E;will ich dir gern hierin gefa&#x0364;llig &#x017F;eyn.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Allein warum lieb&#x017F;te Mutter, warum &#x017F;to&#x0364;ßt<lb/>
&#x201E;man die ju&#x0364;ngere Schwe&#x017F;ter in einen Stand,<lb/>
&#x201E;in den ich u&#x0364;berall zu treten nicht Lu&#x017F;t habe.&#x201E;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jch glaube, du wil&#x017F;t mich fragen, warum<lb/>
&#x201E;man bey Herrn <hi rendition="#fr">Solmes</hi> Antrag nicht auf dei-<lb/>
&#x201E;ne Schwe&#x017F;ter dencke.&#x201E;</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">&#x201E;Ja,</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[176/0196] Die Geſchichte „heyrathen. Jch hoffe, ich ſey bisher nicht ſo „unnuͤtz in meines Vaters Hauſe geweſen, daß ‒ ‒ „Erzaͤhle mir deine Verdienſte nicht, Claͤr- „chen. Du biſt ein gutes Kind geweſen, und „haſt mir die Haushaltungs-Sorgen abgenom- „men: mache mir aber jetzt nicht mehrere Sorgen, „als du mir jemals abgenommen haſt. Die Ehre, „die dir deine Geſchicklich keit in der Haushaltung „erworben hat, hat deine Muͤhe reichlich bezahlet. „Allein es wird nun die Huͤlfe, die ich von dir „haben kan, bald ihr Ende erreichen. Denn „wenn du heyratheſt, ſo iſt dis ihr natuͤrliches „und zugleich ein uns allen angenehmes Ende, „falls nemlich deine Heyrath nach unſerm Sinn „iſt: denn deine eigene Haushaltung wird deine „Aufſicht erfodern. Schlaͤgſt du aber dieſe Par- „they aus, ſo iſt deine Huͤlffe doch am Ende, „aber nicht auf die natuͤrliche Weiſe. Du verſtehſt „mich wohl, mein Kind!„ Jch weinte. Sie fuhr fort: „ich habe mich ſchon nach einer Haus- „haͤlterin umgeſehen. Jch haͤtte gern deine ehr- „liche Frau Norton gehabt: aber ich glaube „daß du ſelbſt wuͤnſchen wirſt, dieſe brave Frau „bey dir zu haben. Jſt das dein Wunſch, ſo „will ich dir gern hierin gefaͤllig ſeyn. „Allein warum liebſte Mutter, warum ſtoͤßt „man die juͤngere Schweſter in einen Stand, „in den ich uͤberall zu treten nicht Luſt habe.„ „Jch glaube, du wilſt mich fragen, warum „man bey Herrn Solmes Antrag nicht auf dei- „ne Schweſter dencke.„ „Ja,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/196
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/196>, abgerufen am 22.11.2024.