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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748.

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Die Geschichte
wandte, und durch ihn meinen Vater um Erlaub-
niß ansprach dem Gottesdienst beyzuwohnen.

Jch erhielt aber diese verächtliche Antwort von
ihm: sagt ihr wieder/ daß wir ihr Gesuch
morgen überlegen wollen.
Also soll es mor-
gen
überlegt werden, ob ich heute zur Kirchen
gehen soll! Geduld ist die beste Verantwortung
gegen einen solchen Spott: allein wahrhaftig
durch diese Mittel werden die Meinigen bey ihrer
Clarissa Harlowe nicht viel ausrichten. Jch
glaube, daß dieses nur der Anfang von dem sey,
was ich noch künfftig von meinem Bruder zu er-
warten habe, nachdem ich einmal in seine Hand
verkauft bin.



Nach Uberlegung der Sache hielt ich für rath-
sam, meine Bitte zu wiederholen. Jch that
es: und hier folget die Abschrifft meiner Bitte,
und der mir ertheilten Antwort:

Mein Bruder,

"Jch weiß nicht, wie ich die Antwort verste-
"hen soll, die ihr mir auf meine Bitte, daß ich
"diesen Nachmittag in die Kirche gehen dürffte,
"ertheilet habt. Wenn ihr habt zeigen wollen,
"daß ihr lustig und aufgeräumt wäret, so hoffe
"ich, daß ihr noch jetzund aufgeräumt seyn, und
"mir desto leichter zugestehen werdet, was ich bit-
"te. Jhr wisset, daß ich niemals bey gesun-
"den Tagen die Kirche versäumt habe, ausge-
"nommen die beyden letzten Sonntage, da mir
"angedeutet ward, daß ich wohl thun würde,

"mich

Die Geſchichte
wandte, und durch ihn meinen Vater um Erlaub-
niß anſprach dem Gottesdienſt beyzuwohnen.

Jch erhielt aber dieſe veraͤchtliche Antwort von
ihm: ſagt ihr wieder/ daß wir ihr Geſuch
morgen uͤberlegen wollen.
Alſo ſoll es mor-
gen
uͤberlegt werden, ob ich heute zur Kirchen
gehen ſoll! Geduld iſt die beſte Verantwortung
gegen einen ſolchen Spott: allein wahrhaftig
durch dieſe Mittel werden die Meinigen bey ihrer
Clariſſa Harlowe nicht viel ausrichten. Jch
glaube, daß dieſes nur der Anfang von dem ſey,
was ich noch kuͤnfftig von meinem Bruder zu er-
warten habe, nachdem ich einmal in ſeine Hand
verkauft bin.



Nach Uberlegung der Sache hielt ich fuͤr rath-
ſam, meine Bitte zu wiederholen. Jch that
es: und hier folget die Abſchrifft meiner Bitte,
und der mir ertheilten Antwort:

Mein Bruder,

„Jch weiß nicht, wie ich die Antwort verſte-
„hen ſoll, die ihr mir auf meine Bitte, daß ich
„dieſen Nachmittag in die Kirche gehen duͤrffte,
„ertheilet habt. Wenn ihr habt zeigen wollen,
„daß ihr luſtig und aufgeraͤumt waͤret, ſo hoffe
„ich, daß ihr noch jetzund aufgeraͤumt ſeyn, und
„mir deſto leichter zugeſtehen werdet, was ich bit-
„te. Jhr wiſſet, daß ich niemals bey geſun-
„den Tagen die Kirche verſaͤumt habe, ausge-
„nommen die beyden letzten Sonntage, da mir
„angedeutet ward, daß ich wohl thun wuͤrde,

„mich
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[250/0270] Die Geſchichte wandte, und durch ihn meinen Vater um Erlaub- niß anſprach dem Gottesdienſt beyzuwohnen. Jch erhielt aber dieſe veraͤchtliche Antwort von ihm: ſagt ihr wieder/ daß wir ihr Geſuch morgen uͤberlegen wollen. Alſo ſoll es mor- gen uͤberlegt werden, ob ich heute zur Kirchen gehen ſoll! Geduld iſt die beſte Verantwortung gegen einen ſolchen Spott: allein wahrhaftig durch dieſe Mittel werden die Meinigen bey ihrer Clariſſa Harlowe nicht viel ausrichten. Jch glaube, daß dieſes nur der Anfang von dem ſey, was ich noch kuͤnfftig von meinem Bruder zu er- warten habe, nachdem ich einmal in ſeine Hand verkauft bin. Nach Uberlegung der Sache hielt ich fuͤr rath- ſam, meine Bitte zu wiederholen. Jch that es: und hier folget die Abſchrifft meiner Bitte, und der mir ertheilten Antwort: Mein Bruder, „Jch weiß nicht, wie ich die Antwort verſte- „hen ſoll, die ihr mir auf meine Bitte, daß ich „dieſen Nachmittag in die Kirche gehen duͤrffte, „ertheilet habt. Wenn ihr habt zeigen wollen, „daß ihr luſtig und aufgeraͤumt waͤret, ſo hoffe „ich, daß ihr noch jetzund aufgeraͤumt ſeyn, und „mir deſto leichter zugeſtehen werdet, was ich bit- „te. Jhr wiſſet, daß ich niemals bey geſun- „den Tagen die Kirche verſaͤumt habe, ausge- „nommen die beyden letzten Sonntage, da mir „angedeutet ward, daß ich wohl thun wuͤrde, „mich

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/270>, abgerufen am 22.11.2024.