Es sind noch viele andere anstößige Stellen in Jhrem sehr frey geschriebenen Brieffe: wir müs- sen sie aus Jhrem erbitternten Gemüth herlei- ten. Jch freue mich, daß Jhnen das Wort einge- fallen ist, sonst würde ich keinen Nahmen zu der Sache haben finden können. Jch würde gewiß keine Urfache gehabt haben, einen gelindern Nah- men dafür zu suchen.
Jch habe sie noch hertzlich lieb. Ob Sie gleich meines Bruders Tochter sind, so scheue ich mich doch nicht zu sagen, daß Sie die schönste Fräulein sind, die ich jemahls gesehen habe. Allein auf mein Gewissen! ich glaube, Sie sollten Jhren Eltern geborchen, und mir und meinem Bruder Hans gefällig seyn: denn Sie wissen wohl, daß uns nichts als ihr Bestes am Hertzen liegt; Jhr Bestes, so wie es mit unserem Besten und mit un- serer Ehre bestehen kann. Was müssen wir von einem solchen Gliede der Familie dencken, daß das gemeine Beste nicht befördern helffen will? und das zwischen den Gliedern Partheyen und Streit anzurichten sucht? GOtt behüt uns in Gnaden! sage ich dazu. Sie sehen, daß ich für das gemei- ne Beste bin. Was kann ich für Vortheil davon haben, es gehe auch wie es gehe? Brauche ich oder verlange ich von jemand etwas für mich? Oder thut es mein Bruder Hans?
Ach aber Sie können keine Liebe zu Herrn Solmes fassen! Jch antworte: Sie wissen selbst
nicht
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der Clariſſa.
Es ſind noch viele andere anſtoͤßige Stellen in Jhrem ſehr frey geſchriebenen Brieffe: wir muͤſ- ſen ſie aus Jhrem erbitternten Gemuͤth herlei- ten. Jch freue mich, daß Jhnen das Wort einge- fallen iſt, ſonſt wuͤrde ich keinen Nahmen zu der Sache haben finden koͤnnen. Jch wuͤrde gewiß keine Urfache gehabt haben, einen gelindern Nah- men dafuͤr zu ſuchen.
Jch habe ſie noch hertzlich lieb. Ob Sie gleich meines Bruders Tochter ſind, ſo ſcheue ich mich doch nicht zu ſagen, daß Sie die ſchoͤnſte Fraͤulein ſind, die ich jemahls geſehen habe. Allein auf mein Gewiſſen! ich glaube, Sie ſollten Jhren Eltern geborchen, und mir und meinem Bruder Hans gefaͤllig ſeyn: denn Sie wiſſen wohl, daß uns nichts als ihr Beſtes am Hertzen liegt; Jhr Beſtes, ſo wie es mit unſerem Beſten und mit un- ſerer Ehre beſtehen kann. Was muͤſſen wir von einem ſolchen Gliede der Familie dencken, daß das gemeine Beſte nicht befoͤrdern helffen will? und das zwiſchen den Gliedern Partheyen und Streit anzurichten ſucht? GOtt behuͤt uns in Gnaden! ſage ich dazu. Sie ſehen, daß ich fuͤr das gemei- ne Beſte bin. Was kann ich fuͤr Vortheil davon haben, es gehe auch wie es gehe? Brauche ich oder verlange ich von jemand etwas fuͤr mich? Oder thut es mein Bruder Hans?
Ach aber Sie koͤnnen keine Liebe zu Herrn Solmes faſſen! Jch antworte: Sie wiſſen ſelbſt
nicht
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der Clariſſa.
Es ſind noch viele andere anſtoͤßige Stellen in
Jhrem ſehr frey geſchriebenen Brieffe: wir muͤſ-
ſen ſie aus Jhrem erbitternten Gemuͤth herlei-
ten. Jch freue mich, daß Jhnen das Wort einge-
fallen iſt, ſonſt wuͤrde ich keinen Nahmen zu der
Sache haben finden koͤnnen. Jch wuͤrde gewiß
keine Urfache gehabt haben, einen gelindern Nah-
men dafuͤr zu ſuchen.
Jch habe ſie noch hertzlich lieb. Ob Sie
gleich meines Bruders Tochter ſind, ſo ſcheue ich
mich doch nicht zu ſagen, daß Sie die ſchoͤnſte
Fraͤulein ſind, die ich jemahls geſehen habe. Allein
auf mein Gewiſſen! ich glaube, Sie ſollten Jhren
Eltern geborchen, und mir und meinem Bruder
Hans gefaͤllig ſeyn: denn Sie wiſſen wohl, daß
uns nichts als ihr Beſtes am Hertzen liegt; Jhr
Beſtes, ſo wie es mit unſerem Beſten und mit un-
ſerer Ehre beſtehen kann. Was muͤſſen wir von
einem ſolchen Gliede der Familie dencken, daß das
gemeine Beſte nicht befoͤrdern helffen will? und
das zwiſchen den Gliedern Partheyen und Streit
anzurichten ſucht? GOtt behuͤt uns in Gnaden!
ſage ich dazu. Sie ſehen, daß ich fuͤr das gemei-
ne Beſte bin. Was kann ich fuͤr Vortheil davon
haben, es gehe auch wie es gehe? Brauche ich
oder verlange ich von jemand etwas fuͤr mich?
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/393>, abgerufen am 27.11.2024.
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