sahe, daß es eine Manns-Person war, und abermahls als ich sahe wer es war. Allein ich hat- te keine Stimme. Wenn ich mich nicht an ei- nen alten Ständer gehalten hätte, so würde ich zu Boden gesuncken seyn.
Sie wissen daß ich ihm bisher nicht erlaubt ha- be, mir so nahe zu kommen, oder frey und be- kannt gegen mich zu thun. Dencken Sie nun selbst, wie groß mein Schrecken gewesen seyn müße, als ich wieder zu mir selbst kam, und mir alles was ich von jederman in unserm Hause ge- gen ihn gehört hatte beyfiel. Jch wuste, daß ich es mit einem Menschen zu thun hätte, der alles wagen könnte, und ich war in einem vom Hause entfernten Ort bey ihm, der nahe bey einem ab- gelegenem Fuß-Steige war. Allein er war so ehrerbietig, daß alle diese Furcht sehr bald ver- schwand, und die Furcht entdeckt und von mei- nem Bruder überfallen zu werden an deren Stel- le kam. Jch konnte leicht zum voraus sehen, was die Folgen hievon seyn würden, wenn auch kein weiteres Unglück daraus entstünde: nehmlich, daß man mich beschuldigen würde, als hätte ich Herrn Lovelace an den Ort hin beschieden, das man mich noch enger einschränckte, meinen Briefwechsel mit Jhnen völlig hinderte, und An- laß nähme noch schärffere Zwangs-Mittel gegen mich zu gebrauchen. Diese Gedancken machten mich sehr misvergnügt über ihn, daß er sich un- terstand mir auf eine so ungebetene Weise seine Aufwartung aufzudringen.
So
Die Geſchichte
ſahe, daß es eine Manns-Perſon war, und abermahls als ich ſahe wer es war. Allein ich hat- te keine Stimme. Wenn ich mich nicht an ei- nen alten Staͤnder gehalten haͤtte, ſo wuͤrde ich zu Boden geſuncken ſeyn.
Sie wiſſen daß ich ihm bisher nicht erlaubt ha- be, mir ſo nahe zu kommen, oder frey und be- kannt gegen mich zu thun. Dencken Sie nun ſelbſt, wie groß mein Schrecken geweſen ſeyn muͤße, als ich wieder zu mir ſelbſt kam, und mir alles was ich von jederman in unſerm Hauſe ge- gen ihn gehoͤrt hatte beyfiel. Jch wuſte, daß ich es mit einem Menſchen zu thun haͤtte, der alles wagen koͤnnte, und ich war in einem vom Hauſe entfernten Ort bey ihm, der nahe bey einem ab- gelegenem Fuß-Steige war. Allein er war ſo ehrerbietig, daß alle dieſe Furcht ſehr bald ver- ſchwand, und die Furcht entdeckt und von mei- nem Bruder uͤberfallen zu werden an deren Stel- le kam. Jch konnte leicht zum voraus ſehen, was die Folgen hievon ſeyn wuͤrden, wenn auch kein weiteres Ungluͤck daraus entſtuͤnde: nehmlich, daß man mich beſchuldigen wuͤrde, als haͤtte ich Herrn Lovelace an den Ort hin beſchieden, das man mich noch enger einſchraͤnckte, meinen Briefwechſel mit Jhnen voͤllig hinderte, und An- laß naͤhme noch ſchaͤrffere Zwangs-Mittel gegen mich zu gebrauchen. Dieſe Gedancken machten mich ſehr misvergnuͤgt uͤber ihn, daß er ſich un- terſtand mir auf eine ſo ungebetene Weiſe ſeine Aufwartung aufzudringen.
So
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Die Geſchichte
ſahe, daß es eine Manns-Perſon war, und
abermahls als ich ſahe wer es war. Allein ich hat-
te keine Stimme. Wenn ich mich nicht an ei-
nen alten Staͤnder gehalten haͤtte, ſo wuͤrde ich
zu Boden geſuncken ſeyn.
Sie wiſſen daß ich ihm bisher nicht erlaubt ha-
be, mir ſo nahe zu kommen, oder frey und be-
kannt gegen mich zu thun. Dencken Sie nun
ſelbſt, wie groß mein Schrecken geweſen ſeyn
muͤße, als ich wieder zu mir ſelbſt kam, und mir
alles was ich von jederman in unſerm Hauſe ge-
gen ihn gehoͤrt hatte beyfiel. Jch wuſte, daß ich
es mit einem Menſchen zu thun haͤtte, der alles
wagen koͤnnte, und ich war in einem vom Hauſe
entfernten Ort bey ihm, der nahe bey einem ab-
gelegenem Fuß-Steige war. Allein er war ſo
ehrerbietig, daß alle dieſe Furcht ſehr bald ver-
ſchwand, und die Furcht entdeckt und von mei-
nem Bruder uͤberfallen zu werden an deren Stel-
le kam. Jch konnte leicht zum voraus ſehen, was
die Folgen hievon ſeyn wuͤrden, wenn auch kein
weiteres Ungluͤck daraus entſtuͤnde: nehmlich,
daß man mich beſchuldigen wuͤrde, als haͤtte ich
Herrn Lovelace an den Ort hin beſchieden, das
man mich noch enger einſchraͤnckte, meinen
Briefwechſel mit Jhnen voͤllig hinderte, und An-
laß naͤhme noch ſchaͤrffere Zwangs-Mittel gegen
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/418>, abgerufen am 27.11.2024.
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