dung glücklich genug verbergen kann; so bildet er sich doch auf seine Gestalt, Geschicklich keit und selbst auf seine Kleidung nicht wenig ein; wiewohl er die letztere so ungezwungen zu wählen weiß, daß er fast gar nicht darauf zu dencken scheint. Was aber jene anlangt, so würde ich es mir nicht ver- geben können, wenn ich durch meine Bewunde- rung veranlassete, daß er sich in den Dingennoch besser gefiele, aus denen er jetzt allzu viel zu machen scheint.
Darff ich Sie nun fragen: ob ich Jhre Erwar- tung erfüllet habe? Jst es noch nicht geschehen, so will ich Sie völlig zu vergnügen suchen, wenn ich aufgeräumter seyn werde. Denn mich dünckt, daß alle meine Gedancken etwas schweres und lah- mes haben, daß meine Schreib-Art kriechend ist, und alle Lebhaftigkeit der Einbildungs-Kraft ver- schwindet. Jch habe kaum die Lust, noch etwas zu schreiben, als nur dieses, daß alles was ich noch bin und habe meiner lieben Fräulein Howe zu Diensten stehet.
Cl, Harlowe
P. S. Die unverschämte Elisabeth hat mich von neuen dadurch aufgebracht, daß sie mir fol- genden Ausdruck des eckelhaften Solmes erzähle- "te: er wäre wegen des spröden Mädchens ausser "Sorgen, und es sollte ihm dieser Sieg nicht viel "Mühe kosten. Wenn ich ihm zum voraus noch "so abgeneigt wäre, so könnte er sich doch auf "meine Tugend verlassen, und es sollte ihm eine "rechte Freude seyn zu sehen, wie es so artig
"lassen
Die Geſchichte
dung gluͤcklich genug verbergen kann; ſo bildet er ſich doch auf ſeine Geſtalt, Geſchicklich keit und ſelbſt auf ſeine Kleidung nicht wenig ein; wiewohl er die letztere ſo ungezwungen zu waͤhlen weiß, daß er faſt gar nicht darauf zu dencken ſcheint. Was aber jene anlangt, ſo wuͤrde ich es mir nicht ver- geben koͤnnen, wenn ich durch meine Bewunde- rung veranlaſſete, daß er ſich in den Dingennoch beſſer gefiele, aus denen er jetzt allzu viel zu machen ſcheint.
Darff ich Sie nun fragen: ob ich Jhre Erwar- tung erfuͤllet habe? Jſt es noch nicht geſchehen, ſo will ich Sie voͤllig zu vergnuͤgen ſuchen, wenn ich aufgeraͤumter ſeyn werde. Denn mich duͤnckt, daß alle meine Gedancken etwas ſchweres und lah- mes haben, daß meine Schreib-Art kriechend iſt, und alle Lebhaftigkeit der Einbildungs-Kraft ver- ſchwindet. Jch habe kaum die Luſt, noch etwas zu ſchreiben, als nur dieſes, daß alles was ich noch bin und habe meiner lieben Fraͤulein Howe zu Dienſten ſtehet.
Cl, Harlowe
P. S. Die unverſchaͤmte Eliſabeth hat mich von neuen dadurch aufgebracht, daß ſie mir fol- genden Ausdruck des eckelhaften Solmes erzaͤhle- „te: er waͤre wegen des ſproͤden Maͤdchens auſſer „Sorgen, und es ſollte ihm dieſer Sieg nicht viel „Muͤhe koſten. Wenn ich ihm zum voraus noch „ſo abgeneigt waͤre, ſo koͤnnte er ſich doch auf „meine Tugend verlaſſen, und es ſollte ihm eine „rechte Freude ſeyn zu ſehen, wie es ſo artig
„laſſen
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Die Geſchichte
dung gluͤcklich genug verbergen kann; ſo bildet er
ſich doch auf ſeine Geſtalt, Geſchicklich keit und ſelbſt
auf ſeine Kleidung nicht wenig ein; wiewohl er
die letztere ſo ungezwungen zu waͤhlen weiß, daß er
faſt gar nicht darauf zu dencken ſcheint. Was
aber jene anlangt, ſo wuͤrde ich es mir nicht ver-
geben koͤnnen, wenn ich durch meine Bewunde-
rung veranlaſſete, daß er ſich in den Dingennoch
beſſer gefiele, aus denen er jetzt allzu viel zu machen
ſcheint.
Darff ich Sie nun fragen: ob ich Jhre Erwar-
tung erfuͤllet habe? Jſt es noch nicht geſchehen,
ſo will ich Sie voͤllig zu vergnuͤgen ſuchen, wenn
ich aufgeraͤumter ſeyn werde. Denn mich duͤnckt,
daß alle meine Gedancken etwas ſchweres und lah-
mes haben, daß meine Schreib-Art kriechend iſt,
und alle Lebhaftigkeit der Einbildungs-Kraft ver-
ſchwindet. Jch habe kaum die Luſt, noch etwas
zu ſchreiben, als nur dieſes, daß alles was ich
noch bin und habe meiner lieben Fraͤulein Howe
zu Dienſten ſtehet.
Cl, Harlowe
P. S. Die unverſchaͤmte Eliſabeth hat mich
von neuen dadurch aufgebracht, daß ſie mir fol-
genden Ausdruck des eckelhaften Solmes erzaͤhle-
„te: er waͤre wegen des ſproͤden Maͤdchens auſſer
„Sorgen, und es ſollte ihm dieſer Sieg nicht viel
„Muͤhe koſten. Wenn ich ihm zum voraus noch
„ſo abgeneigt waͤre, ſo koͤnnte er ſich doch auf
„meine Tugend verlaſſen, und es ſollte ihm eine
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/484>, abgerufen am 24.11.2024.
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