Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite
der Clarissa.

Und bedencken sie (antwortete ich) wie ich mein
Elend verewigen werde, wenn ich den verhaßten
Solmes heyrathe.

Manches Mädchen hat nie geglaubt, daß es ei-
nen Mann lieben könnte, bey dem es nachher sehr
giücklich gewesen ist. Sehr wenig Frauenzimmer
bleiben bey ihrer ersten Liebe.

Vielleicht kommt es daher, daß man so wenige
glückliche Ehen siehet.

Allein sehr selten machen solche Personen den er-
sten Eindruck bey einem Frauenzimmer, zu denen
man ihnen rathen kann.

Jch fürchte das auch, Frau Base. Jch habe ei-
ne sehr schlechte Meinung von dem ersten Eindruck.
Allein ich habe schon oft gesagt, daß mein gantzes
Verlangen darauf gehet, unverheyrathet zu bleiben.

Das kann aber in der That nicht geschehen,
Fräulein. So lange sie nicht verheyrathet und vor
Herrn Lovelacen völlig gesichert sind, können
ihre Eltern keine ruhige Stunde haben. Jch höre,
sie haben gar den Vorschlag, ihm Bedingungen
zu bewilligen, (so weit soll es zwischen ihnen beyden
gekommen seyn) daß sie keinen andern heyrathen
wollen, wenn sie ihn nicht kriegen.

Jch bekenne es frey, ich weis kein besseres Mit-
tel, auf beyden Seiten Unglück zu vermeiden.
Wenn ich von ihm abgehe, so ist kein anderer in der
Welt, gegen den ich eine Zuneigung fassen kann.
Jch wolte indessen alle meine zeitlichen Güter da-
für geben, daß er eine andere Person heyrathete.
Das ist meine wahre Meinung, ob ihr gleich so un-
gläubig dazu lächelt, Arabelle!

Es
der Clariſſa.

Und bedencken ſie (antwortete ich) wie ich mein
Elend verewigen werde, wenn ich den verhaßten
Solmes heyrathe.

Manches Maͤdchen hat nie geglaubt, daß es ei-
nen Mann lieben koͤnnte, bey dem es nachher ſehr
giuͤcklich geweſen iſt. Sehr wenig Frauenzimmer
bleiben bey ihrer erſten Liebe.

Vielleicht kommt es daher, daß man ſo wenige
gluͤckliche Ehen ſiehet.

Allein ſehr ſelten machen ſolche Perſonen den er-
ſten Eindruck bey einem Frauenzimmer, zu denen
man ihnen rathen kann.

Jch fuͤrchte das auch, Frau Baſe. Jch habe ei-
ne ſehr ſchlechte Meinung von dem erſten Eindruck.
Allein ich habe ſchon oft geſagt, daß mein gantzes
Verlangen darauf gehet, unverheyrathet zu bleibẽ.

Das kann aber in der That nicht geſchehen,
Fraͤulein. So lange ſie nicht verheyrathet und vor
Herrn Lovelacen voͤllig geſichert ſind, koͤnnen
ihre Eltern keine ruhige Stunde haben. Jch hoͤre,
ſie haben gar den Vorſchlag, ihm Bedingungen
zu bewilligen, (ſo weit ſoll es zwiſchen ihnen beyden
gekommen ſeyn) daß ſie keinen andern heyrathen
wollen, wenn ſie ihn nicht kriegen.

Jch bekenne es frey, ich weis kein beſſeres Mit-
tel, auf beyden Seiten Ungluͤck zu vermeiden.
Wenn ich von ihm abgehe, ſo iſt kein anderer in der
Welt, gegen den ich eine Zuneigung faſſen kann.
Jch wolte indeſſen alle meine zeitlichen Guͤter da-
fuͤr geben, daß er eine andere Perſon heyrathete.
Das iſt meine wahre Meinung, ob ihr gleich ſo un-
glaͤubig dazu laͤchelt, Arabelle!

Es
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <pb facs="#f0527" n="507"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">der Clari&#x017F;&#x017F;a.</hi> </hi> </fw><lb/>
        <p>Und bedencken &#x017F;ie (antwortete ich) wie ich mein<lb/>
Elend verewigen werde, wenn ich den verhaßten<lb/><hi rendition="#fr">Solmes</hi> heyrathe.</p><lb/>
        <p>Manches Ma&#x0364;dchen hat nie geglaubt, daß es ei-<lb/>
nen Mann lieben ko&#x0364;nnte, bey dem es nachher &#x017F;ehr<lb/>
giu&#x0364;cklich gewe&#x017F;en i&#x017F;t. Sehr wenig Frauenzimmer<lb/>
bleiben bey ihrer er&#x017F;ten Liebe.</p><lb/>
        <p>Vielleicht kommt es daher, daß man &#x017F;o wenige<lb/>
glu&#x0364;ckliche Ehen &#x017F;iehet.</p><lb/>
        <p>Allein &#x017F;ehr &#x017F;elten machen &#x017F;olche Per&#x017F;onen den er-<lb/>
&#x017F;ten Eindruck bey einem Frauenzimmer, zu denen<lb/>
man ihnen rathen kann.</p><lb/>
        <p>Jch fu&#x0364;rchte das auch, Frau Ba&#x017F;e. Jch habe ei-<lb/>
ne &#x017F;ehr &#x017F;chlechte Meinung von dem er&#x017F;ten Eindruck.<lb/>
Allein ich habe &#x017F;chon oft ge&#x017F;agt, daß mein gantzes<lb/>
Verlangen darauf gehet, unverheyrathet zu bleibe&#x0303;.</p><lb/>
        <p>Das kann aber in der That nicht ge&#x017F;chehen,<lb/>
Fra&#x0364;ulein. So lange &#x017F;ie nicht verheyrathet und vor<lb/>
Herrn L<hi rendition="#fr">ovelacen</hi> vo&#x0364;llig ge&#x017F;ichert &#x017F;ind, ko&#x0364;nnen<lb/>
ihre Eltern keine ruhige Stunde haben. Jch ho&#x0364;re,<lb/>
&#x017F;ie haben gar den Vor&#x017F;chlag, ihm Bedingungen<lb/>
zu bewilligen, (&#x017F;o weit &#x017F;oll es zwi&#x017F;chen ihnen beyden<lb/>
gekommen &#x017F;eyn) daß &#x017F;ie keinen andern heyrathen<lb/>
wollen, wenn &#x017F;ie ihn nicht kriegen.</p><lb/>
        <p>Jch bekenne es frey, ich weis kein be&#x017F;&#x017F;eres Mit-<lb/>
tel, auf beyden Seiten Unglu&#x0364;ck zu vermeiden.<lb/>
Wenn ich von ihm abgehe, &#x017F;o i&#x017F;t kein anderer in der<lb/>
Welt, gegen den ich eine Zuneigung fa&#x017F;&#x017F;en kann.<lb/>
Jch wolte inde&#x017F;&#x017F;en alle meine zeitlichen Gu&#x0364;ter da-<lb/>
fu&#x0364;r geben, daß er eine andere Per&#x017F;on heyrathete.<lb/>
Das i&#x017F;t meine wahre Meinung, ob ihr gleich &#x017F;o un-<lb/>
gla&#x0364;ubig dazu la&#x0364;chelt, <hi rendition="#fr">Arabelle!</hi></p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[507/0527] der Clariſſa. Und bedencken ſie (antwortete ich) wie ich mein Elend verewigen werde, wenn ich den verhaßten Solmes heyrathe. Manches Maͤdchen hat nie geglaubt, daß es ei- nen Mann lieben koͤnnte, bey dem es nachher ſehr giuͤcklich geweſen iſt. Sehr wenig Frauenzimmer bleiben bey ihrer erſten Liebe. Vielleicht kommt es daher, daß man ſo wenige gluͤckliche Ehen ſiehet. Allein ſehr ſelten machen ſolche Perſonen den er- ſten Eindruck bey einem Frauenzimmer, zu denen man ihnen rathen kann. Jch fuͤrchte das auch, Frau Baſe. Jch habe ei- ne ſehr ſchlechte Meinung von dem erſten Eindruck. Allein ich habe ſchon oft geſagt, daß mein gantzes Verlangen darauf gehet, unverheyrathet zu bleibẽ. Das kann aber in der That nicht geſchehen, Fraͤulein. So lange ſie nicht verheyrathet und vor Herrn Lovelacen voͤllig geſichert ſind, koͤnnen ihre Eltern keine ruhige Stunde haben. Jch hoͤre, ſie haben gar den Vorſchlag, ihm Bedingungen zu bewilligen, (ſo weit ſoll es zwiſchen ihnen beyden gekommen ſeyn) daß ſie keinen andern heyrathen wollen, wenn ſie ihn nicht kriegen. Jch bekenne es frey, ich weis kein beſſeres Mit- tel, auf beyden Seiten Ungluͤck zu vermeiden. Wenn ich von ihm abgehe, ſo iſt kein anderer in der Welt, gegen den ich eine Zuneigung faſſen kann. Jch wolte indeſſen alle meine zeitlichen Guͤter da- fuͤr geben, daß er eine andere Perſon heyrathete. Das iſt meine wahre Meinung, ob ihr gleich ſo un- glaͤubig dazu laͤchelt, Arabelle! Es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/527
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/527>, abgerufen am 21.11.2024.