so verächtlich und hochmüthig abwieß, als der be- leidigende Theil sie unternahm, unterstand sich mein Bruder, in die Thür zu treten, da jener kam, als wolte er ihm den Eingang verwehren. Als er sich nun nach mir erkundigte, fragte er ihn: was er bey seiner Schwester zu thun hätte.
Mein Bruder sagt: Lovelace habe ausgese- hen als wollte er ihn gleich heraus fodern, und ha- be geantwortet: er wäre bereit einem Cavalier auf alle Fragen zu antworten. Er wünschte aber, daß Herr Jacob Harlowe/ der seit einiger Zeit so trotzig gethan, sich erinnern möchte, daß er nicht mehr auf der Universität wäre.
Der redliche Doctor Levin/ der mich mit sei- nem Besuch bisweilen zu beehren pflegt, hatte mich eben in meiner eigenen Stube verlassen, und ging nach der Thür. Er hörete ihren Wort-Wechsel, und brachte sie aus einander, da sie beyderseits schon an den Degen gegriffen hatten. Er sagte hierauf Herrn Lovelace/ wo ich zu finden wäre; dieser sprang vor meinen Bruder vorbey mich auf- zusuchen. Sein Ausdruck war: er sey ihm ent- gangen, da er als ein gehetztes wildes Schwein im Nachsetzen eben anbeissen wollen.
Dis setzte uns alle in Bestürtzuug. Mein Vater gab Herrn Lovelace zu verstehen, und ich muste auf seinen Befehl ihm deutlicher sagen: er wünsche um Friede im Hause zu erhalten, daß er seine Besuche einstellen möchte.
Herr Lovelace ist nicht der Mann, der von seinem Vorhaben leicht abstehen wird, insonder-
heit
Die Geſchichte
ſo veraͤchtlich und hochmuͤthig abwieß, als der be- leidigende Theil ſie unternahm, unterſtand ſich mein Bruder, in die Thuͤr zu treten, da jener kam, als wolte er ihm den Eingang verwehren. Als er ſich nun nach mir erkundigte, fragte er ihn: was er bey ſeiner Schweſter zu thun haͤtte.
Mein Bruder ſagt: Lovelace habe ausgeſe- hen als wollte er ihn gleich heraus fodern, und ha- be geantwortet: er waͤre bereit einem Cavalier auf alle Fragen zu antworten. Er wuͤnſchte aber, daß Herr Jacob Harlowe/ der ſeit einiger Zeit ſo trotzig gethan, ſich erinnern moͤchte, daß er nicht mehr auf der Univerſitaͤt waͤre.
Der redliche Doctor Levin/ der mich mit ſei- nem Beſuch bisweilen zu beehren pflegt, hatte mich eben in meiner eigenen Stube verlaſſen, und ging nach der Thuͤr. Er hoͤrete ihren Wort-Wechſel, und brachte ſie aus einander, da ſie beyderſeits ſchon an den Degen gegriffen hatten. Er ſagte hierauf Herrn Lovelace/ wo ich zu finden waͤre; dieſer ſprang vor meinen Bruder vorbey mich auf- zuſuchen. Sein Ausdruck war: er ſey ihm ent- gangen, da er als ein gehetztes wildes Schwein im Nachſetzen eben anbeiſſen wollen.
Dis ſetzte uns alle in Beſtuͤrtzuug. Mein Vater gab Herrn Lovelace zu verſtehen, und ich muſte auf ſeinen Befehl ihm deutlicher ſagen: er wuͤnſche um Friede im Hauſe zu erhalten, daß er ſeine Beſuche einſtellen moͤchte.
Herr Lovelace iſt nicht der Mann, der von ſeinem Vorhaben leicht abſtehen wird, inſonder-
heit
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Die Geſchichte
ſo veraͤchtlich und hochmuͤthig abwieß, als der be-
leidigende Theil ſie unternahm, unterſtand ſich
mein Bruder, in die Thuͤr zu treten, da jener kam,
als wolte er ihm den Eingang verwehren. Als er
ſich nun nach mir erkundigte, fragte er ihn: was
er bey ſeiner Schweſter zu thun haͤtte.
Mein Bruder ſagt: Lovelace habe ausgeſe-
hen als wollte er ihn gleich heraus fodern, und ha-
be geantwortet: er waͤre bereit einem Cavalier
auf alle Fragen zu antworten. Er wuͤnſchte aber,
daß Herr Jacob Harlowe/ der ſeit einiger Zeit
ſo trotzig gethan, ſich erinnern moͤchte, daß er nicht
mehr auf der Univerſitaͤt waͤre.
Der redliche Doctor Levin/ der mich mit ſei-
nem Beſuch bisweilen zu beehren pflegt, hatte mich
eben in meiner eigenen Stube verlaſſen, und ging
nach der Thuͤr. Er hoͤrete ihren Wort-Wechſel,
und brachte ſie aus einander, da ſie beyderſeits
ſchon an den Degen gegriffen hatten. Er ſagte
hierauf Herrn Lovelace/ wo ich zu finden waͤre;
dieſer ſprang vor meinen Bruder vorbey mich auf-
zuſuchen. Sein Ausdruck war: er ſey ihm ent-
gangen, da er als ein gehetztes wildes Schwein im
Nachſetzen eben anbeiſſen wollen.
Dis ſetzte uns alle in Beſtuͤrtzuug. Mein
Vater gab Herrn Lovelace zu verſtehen, und ich
muſte auf ſeinen Befehl ihm deutlicher ſagen: er
wuͤnſche um Friede im Hauſe zu erhalten, daß er
ſeine Beſuche einſtellen moͤchte.
Herr Lovelace iſt nicht der Mann, der von
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/60>, abgerufen am 23.11.2024.
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