widerholen möchte, ohnmöglich gantz ungeahn- det lassen.
Jch kenne keine rechtschaffenere Frau in Eng- land, als meine Mutter ist. Und mein Va- ter ist auch gar nicht der Mann, für den Sie ihn bisweilen ansehen. Wenn ich ein eintziges Stück ausnehme, so weiß ich keine Familie, die ihre Pflichten so genau zu erfüllen sucht, als die Häupter unserer Familie: nemlich dieses eintzige nehme ich aus, daß sie den Armen we- niger Gutes thun, als sie könnten. Jst es ih- nen denn zu verdencken, daß sie eine untadel- hafte Lebens-Art von einem Manne verlangen, dessen Gesuch, sich mit ihnen zu verschwiegern, sie abschlagen oder bewilligen können: ein Recht, das ich ihnen nie streitig machen werde!
Erlauben Sie noch ein paar Worte, ehe mei- ne Feder mit andern Dingen beschäfftiget ist. Es betrifft Jhr Betragen gegen Herrn Hick- mann. Jst es artig, daß Sie sich an einem unschuldigen wegen des Verdrusses rächen, der gantz von einer andern Seite herkommt, und noch dazu vielleicht verschuldet ist? doch ich könnte ihm einen Trost geben, und zwingen Sie mich ja nicht, es zu thun! kein Frauenzimmer wird einer Manns-Person übel begegnen, wel- che es schlechterdings unter die Verworfenen setzt. Man kan hoffen, daß ein solches Frauenzim- mer es sich vorbehält, das vergangene wieder gut zu machen, wenn es lange genug hart ge- wesen ist, und ihr Anbeter Geduid genug ge-
über
J 3
der Clariſſa.
widerholen moͤchte, ohnmoͤglich gantz ungeahn- det laſſen.
Jch kenne keine rechtſchaffenere Frau in Eng- land, als meine Mutter iſt. Und mein Va- ter iſt auch gar nicht der Mann, fuͤr den Sie ihn bisweilen anſehen. Wenn ich ein eintziges Stuͤck ausnehme, ſo weiß ich keine Familie, die ihre Pflichten ſo genau zu erfuͤllen ſucht, als die Haͤupter unſerer Familie: nemlich dieſes eintzige nehme ich aus, daß ſie den Armen we- niger Gutes thun, als ſie koͤnnten. Jſt es ih- nen denn zu verdencken, daß ſie eine untadel- hafte Lebens-Art von einem Manne verlangen, deſſen Geſuch, ſich mit ihnen zu verſchwiegern, ſie abſchlagen oder bewilligen koͤnnen: ein Recht, das ich ihnen nie ſtreitig machen werde!
Erlauben Sie noch ein paar Worte, ehe mei- ne Feder mit andern Dingen beſchaͤfftiget iſt. Es betrifft Jhr Betragen gegen Herrn Hick- mann. Jſt es artig, daß Sie ſich an einem unſchuldigen wegen des Verdruſſes raͤchen, der gantz von einer andern Seite herkommt, und noch dazu vielleicht verſchuldet iſt? doch ich koͤnnte ihm einen Troſt geben, und zwingen Sie mich ja nicht, es zu thun! kein Frauenzimmer wird einer Manns-Perſon uͤbel begegnen, wel- che es ſchlechterdings unter die Verworfenen ſetzt. Man kan hoffen, daß ein ſolches Frauenzim- mer es ſich vorbehaͤlt, das vergangene wieder gut zu machen, wenn es lange genug hart ge- weſen iſt, und ihr Anbeter Geduid genug ge-
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der Clariſſa.
widerholen moͤchte, ohnmoͤglich gantz ungeahn-
det laſſen.
Jch kenne keine rechtſchaffenere Frau in Eng-
land, als meine Mutter iſt. Und mein Va-
ter iſt auch gar nicht der Mann, fuͤr den Sie
ihn bisweilen anſehen. Wenn ich ein eintziges
Stuͤck ausnehme, ſo weiß ich keine Familie,
die ihre Pflichten ſo genau zu erfuͤllen ſucht, als
die Haͤupter unſerer Familie: nemlich dieſes
eintzige nehme ich aus, daß ſie den Armen we-
niger Gutes thun, als ſie koͤnnten. Jſt es ih-
nen denn zu verdencken, daß ſie eine untadel-
hafte Lebens-Art von einem Manne verlangen,
deſſen Geſuch, ſich mit ihnen zu verſchwiegern,
ſie abſchlagen oder bewilligen koͤnnen: ein Recht,
das ich ihnen nie ſtreitig machen werde!
Erlauben Sie noch ein paar Worte, ehe mei-
ne Feder mit andern Dingen beſchaͤfftiget iſt.
Es betrifft Jhr Betragen gegen Herrn Hick-
mann. Jſt es artig, daß Sie ſich an einem
unſchuldigen wegen des Verdruſſes raͤchen, der
gantz von einer andern Seite herkommt, und
noch dazu vielleicht verſchuldet iſt? doch ich
koͤnnte ihm einen Troſt geben, und zwingen Sie
mich ja nicht, es zu thun! kein Frauenzimmer
wird einer Manns-Perſon uͤbel begegnen, wel-
che es ſchlechterdings unter die Verworfenen ſetzt.
Man kan hoffen, daß ein ſolches Frauenzim-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/139>, abgerufen am 16.02.2025.
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