Gedancken sagen darf/ so weiß ich nicht/ warum ein Mann nicht so gut seyn sollte als der andere: und warum ein tugend- hafter Mann nicht so gut ist/ als ein Bö- sewicht.
"Gut! Elisabeth," (sagte ich seufzend) "alle "deine unverschämten Reden sind vergebens. Jch "sehe aber wohl, daß ich dazu bestimmet bin, "unglücklich gemacht zu werden. Jch will es "noch einmahl wagen, zu bitten."
Jch war des naseweisen Mädchens eben so überdrüßig, als meiner selbst. Jch ging daher in mein Closet/ und schrieb, ungeachtet des Ver- bots, ein paar Zeilen an meinen Onckle Har- lowe/ um ihn zu bitten, daß er einen Aufschub meiner Abreise auswürcken möchte. Jch habe dabey den Zweck, meine versprochene Unterre- dung mit Herrn Lovelace aufzuschieben, wenn mein Onckle etwas ausrichten kan. Denn mein Hertz giebt es mir je mehr und mehr, daß ich ihn nicht sprechen soll. Jch weiß nicht, woher meine Furcht rühret.
Auf die Ueberschrifft des Brieffes setzte ich die Worte: Jch bitte sie/ würdigen sie die- sen Brief einer Durchlesung. Der Brief selbst lautete also:
"Theurester Onckle
Dienstag Nachmittags.
"Nehmen Sie noch diese eintzige Bitte von
mir
Die Geſchichte
Gedancken ſagen darf/ ſo weiß ich nicht/ warum ein Mann nicht ſo gut ſeyn ſollte als der andere: und warum ein tugend- hafter Mann nicht ſo gut iſt/ als ein Boͤ- ſewicht.
„Gut! Eliſabeth,„ (ſagte ich ſeufzend) „alle „deine unverſchaͤmten Reden ſind vergebens. Jch „ſehe aber wohl, daß ich dazu beſtimmet bin, „ungluͤcklich gemacht zu werden. Jch will es „noch einmahl wagen, zu bitten.„
Jch war des naſeweiſen Maͤdchens eben ſo uͤberdruͤßig, als meiner ſelbſt. Jch ging daher in mein Cloſet/ und ſchrieb, ungeachtet des Ver- bots, ein paar Zeilen an meinen Onckle Har- lowe/ um ihn zu bitten, daß er einen Aufſchub meiner Abreiſe auswuͤrcken moͤchte. Jch habe dabey den Zweck, meine verſprochene Unterre- dung mit Herrn Lovelace aufzuſchieben, wenn mein Onckle etwas ausrichten kan. Denn mein Hertz giebt es mir je mehr und mehr, daß ich ihn nicht ſprechen ſoll. Jch weiß nicht, woher meine Furcht ruͤhret.
Auf die Ueberſchrifft des Brieffes ſetzte ich die Worte: Jch bitte ſie/ wuͤrdigen ſie die- ſen Brief einer Durchleſung. Der Brief ſelbſt lautete alſo:
„Theureſter Onckle
Dienſtag Nachmittags.
„Nehmen Sie noch dieſe eintzige Bitte von
mir
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Die Geſchichte
Gedancken ſagen darf/ ſo weiß ich nicht/
warum ein Mann nicht ſo gut ſeyn ſollte
als der andere: und warum ein tugend-
hafter Mann nicht ſo gut iſt/ als ein Boͤ-
ſewicht.
„Gut! Eliſabeth,„ (ſagte ich ſeufzend) „alle
„deine unverſchaͤmten Reden ſind vergebens. Jch
„ſehe aber wohl, daß ich dazu beſtimmet bin,
„ungluͤcklich gemacht zu werden. Jch will es
„noch einmahl wagen, zu bitten.„
Jch war des naſeweiſen Maͤdchens eben ſo
uͤberdruͤßig, als meiner ſelbſt. Jch ging daher
in mein Cloſet/ und ſchrieb, ungeachtet des Ver-
bots, ein paar Zeilen an meinen Onckle Har-
lowe/ um ihn zu bitten, daß er einen Aufſchub
meiner Abreiſe auswuͤrcken moͤchte. Jch habe
dabey den Zweck, meine verſprochene Unterre-
dung mit Herrn Lovelace aufzuſchieben, wenn
mein Onckle etwas ausrichten kan. Denn mein
Hertz giebt es mir je mehr und mehr, daß ich
ihn nicht ſprechen ſoll. Jch weiß nicht, woher
meine Furcht ruͤhret.
Auf die Ueberſchrifft des Brieffes ſetzte ich
die Worte: Jch bitte ſie/ wuͤrdigen ſie die-
ſen Brief einer Durchleſung. Der Brief
ſelbſt lautete alſo:
„Theureſter Onckle
Dienſtag Nachmittags.
„Nehmen Sie noch dieſe eintzige Bitte von
mir
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/194>, abgerufen am 26.11.2024.
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