Allein unter solchen Bedingungen verlangte ich es nicht.
Jst dis ihre Antwort, Fräulein?
Ja! ich kan nicht anders antworten. Es mag daraus kommen, was will: so werde ich Herrn Solmes nicht nehmen. Es betrübt mich, daß man mich so oft damit quälet. Jch will ihn in Ewigkeit nicht haben.
Sie ging misvergnügt hinunter. Jch konn- te es nicht wehren. Jch war es gantz müde, daß eine Sache auf so mancherley Weise und so oft angebracht ward. Jch wundere mich, daß die Meinigen des Dinges nicht müde werden. Es bleibt immer einerley, und kein Theil will etwas nachgeben.
Jch will hinunter gehen, und diesen Brief hin- legen, denn Elisabeth hat es bemerckt, daß ich geschrieben habe. Sie nahm ein Handtuch, machte es naß, und kam nach ihrer lärmenden unruhigen Art mit dem nassen Ende zu mir: Hier Fräulein! Jch sagte: was wollt ihr. Sie sagte: Fräulein belieben sie nur den einen Finger an der rechten Hand anzusehen.
Es war Dinte an dem Finger. Jch gab ihr nur einen Blick, ohne etwas weiter zu sagen. Aus Furcht aber, daß meine Sachen von neuen möchten durchsucht werden, will ich hier schlies- sen.
Clarissa Harlowe.
Der
E e 4
der Clariſſa.
Allein unter ſolchen Bedingungen verlangte ich es nicht.
Jſt dis ihre Antwort, Fraͤulein?
Ja! ich kan nicht anders antworten. Es mag daraus kommen, was will: ſo werde ich Herrn Solmes nicht nehmen. Es betruͤbt mich, daß man mich ſo oft damit quaͤlet. Jch will ihn in Ewigkeit nicht haben.
Sie ging misvergnuͤgt hinunter. Jch konn- te es nicht wehren. Jch war es gantz muͤde, daß eine Sache auf ſo mancherley Weiſe und ſo oft angebracht ward. Jch wundere mich, daß die Meinigen des Dinges nicht muͤde werden. Es bleibt immer einerley, und kein Theil will etwas nachgeben.
Jch will hinunter gehen, und dieſen Brief hin- legen, denn Eliſabeth hat es bemerckt, daß ich geſchrieben habe. Sie nahm ein Handtuch, machte es naß, und kam nach ihrer laͤrmenden unruhigen Art mit dem naſſen Ende zu mir: Hier Fraͤulein! Jch ſagte: was wollt ihr. Sie ſagte: Fraͤulein belieben ſie nur den einen Finger an der rechten Hand anzuſehen.
Es war Dinte an dem Finger. Jch gab ihr nur einen Blick, ohne etwas weiter zu ſagen. Aus Furcht aber, daß meine Sachen von neuen moͤchten durchſucht werden, will ich hier ſchlieſ- ſen.
Clariſſa Harlowe.
Der
E e 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0445"n="439"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#g">der Clariſſa</hi>.</hi></fw><lb/>
Allein unter ſolchen Bedingungen verlangte ich<lb/>
es nicht.</p><lb/><p>Jſt dis ihre Antwort, Fraͤulein?</p><lb/><p>Ja! ich kan nicht anders antworten. Es<lb/>
mag daraus kommen, was will: ſo werde ich<lb/>
Herrn <hirendition="#fr">Solmes</hi> nicht nehmen. Es betruͤbt mich,<lb/>
daß man mich ſo oft damit quaͤlet. Jch will<lb/>
ihn in Ewigkeit nicht haben.</p><lb/><p>Sie ging misvergnuͤgt hinunter. Jch konn-<lb/>
te es nicht wehren. Jch war es gantz muͤde,<lb/>
daß eine Sache auf ſo mancherley Weiſe und ſo<lb/>
oft angebracht ward. Jch wundere mich, daß<lb/>
die Meinigen des Dinges nicht muͤde werden.<lb/>
Es bleibt immer einerley, und kein Theil will<lb/>
etwas nachgeben.</p><lb/><p>Jch will hinunter gehen, und dieſen Brief hin-<lb/>
legen, denn <hirendition="#fr">Eliſabeth</hi> hat es bemerckt, daß ich<lb/>
geſchrieben habe. Sie nahm ein Handtuch,<lb/>
machte es naß, und kam nach ihrer laͤrmenden<lb/>
unruhigen Art mit dem naſſen Ende zu mir:<lb/><hirendition="#fr">Hier Fraͤulein!</hi> Jch ſagte: was wollt ihr. Sie<lb/>ſagte: <hirendition="#fr">Fraͤulein belieben ſie nur den einen<lb/>
Finger an der rechten Hand anzuſehen.</hi></p><lb/><p>Es war Dinte an dem Finger. Jch gab ihr<lb/>
nur einen Blick, ohne etwas weiter zu ſagen.<lb/>
Aus Furcht aber, daß meine Sachen von neuen<lb/>
moͤchten durchſucht werden, will ich hier ſchlieſ-<lb/>ſen.</p><lb/><closer><salute><hirendition="#et"><hirendition="#fr">Clariſſa Harlowe.</hi></hi></salute></closer></div><lb/><fwplace="bottom"type="sig">E e 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">Der</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[439/0445]
der Clariſſa.
Allein unter ſolchen Bedingungen verlangte ich
es nicht.
Jſt dis ihre Antwort, Fraͤulein?
Ja! ich kan nicht anders antworten. Es
mag daraus kommen, was will: ſo werde ich
Herrn Solmes nicht nehmen. Es betruͤbt mich,
daß man mich ſo oft damit quaͤlet. Jch will
ihn in Ewigkeit nicht haben.
Sie ging misvergnuͤgt hinunter. Jch konn-
te es nicht wehren. Jch war es gantz muͤde,
daß eine Sache auf ſo mancherley Weiſe und ſo
oft angebracht ward. Jch wundere mich, daß
die Meinigen des Dinges nicht muͤde werden.
Es bleibt immer einerley, und kein Theil will
etwas nachgeben.
Jch will hinunter gehen, und dieſen Brief hin-
legen, denn Eliſabeth hat es bemerckt, daß ich
geſchrieben habe. Sie nahm ein Handtuch,
machte es naß, und kam nach ihrer laͤrmenden
unruhigen Art mit dem naſſen Ende zu mir:
Hier Fraͤulein! Jch ſagte: was wollt ihr. Sie
ſagte: Fraͤulein belieben ſie nur den einen
Finger an der rechten Hand anzuſehen.
Es war Dinte an dem Finger. Jch gab ihr
nur einen Blick, ohne etwas weiter zu ſagen.
Aus Furcht aber, daß meine Sachen von neuen
moͤchten durchſucht werden, will ich hier ſchlieſ-
ſen.
Clariſſa Harlowe.
Der
E e 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/445>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.