Hat die Fräulein Howe Geld für sich, so kann ich machen, daß ihre Mutter es von ihr bor- get. Du wirst mir doch keine Schelmerey verden- cken, dadurch ich mir Gelegenheit verschaffe, frey- gebig zu seyn. Du kennest mich: ich würde mei- ner Geliebten gern Gefälligkeiten erzeigen, wenn es auch die Helfte meiner Güter kosten sollte. Mein Onckle hat mehr, als ich begehre. Ein Mädchen, nicht Geld, ist mein Abgott. Nach dem Gelde frage ich nichts, als nur in so fern es mir zu dem Mädchen hilft, und macht, daß ich niemanden verpflichtet seyn darf.
Damit man uns nicht ausspühren könnte, mußte ich dem jungen unerfahrnen Kinde um ihret und um meinet willen, ein Addresse in ihre lieben Hände geben, darunter die Jhrigen ihre Kleider schicken könnten, wenn sie etwan gesinnet seyn sollten, die- se kleine Billigkeit zu beweisen.
Thun sie das, so fürchte ich, daß eine Versöh- nung möglich ist. Alsdenn muß ich auf eine neue List sinnen, dieses zu hintertreiben, und Unglück zu verhüten. Denn das suche ich immer zu ver- hüten, wie Joseph Lehmann saget.
Du wirst glauben, daß ich ein arger Kerl bin. Sind nicht alle liederliche Leute arge Kerls? Bist du bey deiner kleinen Kraft nicht einer der ärgsten? Wenn du alles thust, was in deinem Kopfe und in deinem Hertzen ist, so bist du ärger als ich: denn ich thue weniger, als in meinem Kopfe ist.
Jch schlug vor, und sie gab ihr gnädiges Ja dazu, daß ihre Kleider, und was ihre Anverwan-
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Hat die Fraͤulein Howe Geld fuͤr ſich, ſo kann ich machen, daß ihre Mutter es von ihr bor- get. Du wirſt mir doch keine Schelmerey verden- cken, dadurch ich mir Gelegenheit verſchaffe, frey- gebig zu ſeyn. Du kenneſt mich: ich wuͤrde mei- ner Geliebten gern Gefaͤlligkeiten erzeigen, wenn es auch die Helfte meiner Guͤter koſten ſollte. Mein Onckle hat mehr, als ich begehre. Ein Maͤdchen, nicht Geld, iſt mein Abgott. Nach dem Gelde frage ich nichts, als nur in ſo fern es mir zu dem Maͤdchen hilft, und macht, daß ich niemanden verpflichtet ſeyn darf.
Damit man uns nicht ausſpuͤhren koͤnnte, mußte ich dem jungen unerfahrnen Kinde um ihret und um meinet willen, ein Addreſſe in ihre lieben Haͤnde geben, darunter die Jhrigen ihre Kleider ſchicken koͤnnten, wenn ſie etwan geſinnet ſeyn ſollten, die- ſe kleine Billigkeit zu beweiſen.
Thun ſie das, ſo fuͤrchte ich, daß eine Verſoͤh- nung moͤglich iſt. Alsdenn muß ich auf eine neue Liſt ſinnen, dieſes zu hintertreiben, und Ungluͤck zu verhuͤten. Denn das ſuche ich immer zu ver- huͤten, wie Joſeph Lehmann ſaget.
Du wirſt glauben, daß ich ein arger Kerl bin. Sind nicht alle liederliche Leute arge Kerls? Biſt du bey deiner kleinen Kraft nicht einer der aͤrgſten? Wenn du alles thuſt, was in deinem Kopfe und in deinem Hertzen iſt, ſo biſt du aͤrger als ich: denn ich thue weniger, als in meinem Kopfe iſt.
Jch ſchlug vor, und ſie gab ihr gnaͤdiges Ja dazu, daß ihre Kleider, und was ihre Anverwan-
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Hat die Fraͤulein Howe Geld fuͤr ſich, ſo
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ner Geliebten gern Gefaͤlligkeiten erzeigen, wenn es
auch die Helfte meiner Guͤter koſten ſollte. Mein
Onckle hat mehr, als ich begehre. Ein Maͤdchen,
nicht Geld, iſt mein Abgott. Nach dem Gelde
frage ich nichts, als nur in ſo fern es mir zu dem
Maͤdchen hilft, und macht, daß ich niemanden
verpflichtet ſeyn darf.
Damit man uns nicht ausſpuͤhren koͤnnte, mußte
ich dem jungen unerfahrnen Kinde um ihret und
um meinet willen, ein Addreſſe in ihre lieben Haͤnde
geben, darunter die Jhrigen ihre Kleider ſchicken
koͤnnten, wenn ſie etwan geſinnet ſeyn ſollten, die-
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Thun ſie das, ſo fuͤrchte ich, daß eine Verſoͤh-
nung moͤglich iſt. Alsdenn muß ich auf eine neue
Liſt ſinnen, dieſes zu hintertreiben, und Ungluͤck
zu verhuͤten. Denn das ſuche ich immer zu ver-
huͤten, wie Joſeph Lehmann ſaget.
Du wirſt glauben, daß ich ein arger Kerl bin.
Sind nicht alle liederliche Leute arge Kerls? Biſt
du bey deiner kleinen Kraft nicht einer der aͤrgſten?
Wenn du alles thuſt, was in deinem Kopfe und
in deinem Hertzen iſt, ſo biſt du aͤrger als ich:
denn ich thue weniger, als in meinem Kopfe iſt.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/151>, abgerufen am 22.12.2024.
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