mehreres thun, als stilleschweigen, als der alber- ne Mensch mit den Versprechungen angestiegen kam, die sie in gantz andern Umständen von ihm ge- fodert hatten? Allein ich habe Jhnen sonst schon gesagt: Jhr Ansehen befiehlt jedermann Ehrerbie- tung; Die Leute fürchten sich vor Jhnen. Sie haben seiner auch nicht geschonet.
Jch wiederhole es noch einmahl: Sie haben ei- ne sehr mißliche Person zu spielen: und Jhr Ge- müth ist so artig, daß es sich zu dieser Person gar nicht schickt. Je mehr der Liebhaber erhöhet wird, desto niedriger wird seine Geliebte. Er hat ohne- hin von Natur einen hochmüthigen und halsstar- rigen Sinn. Jch fürchte, Sie haben keinen an- dern Weg vor sich, als daß Sie ihn bey seinem Hochmuth, oder wie er es nennet, bey seiner Ehre zu fassen suchen, und etwas weniger fremde gegen ihn thun. Dergleichen Wünsche, daß Sie sich nicht zu der gesetzten Stunde möchten eingefunden haben, müssen Sie sich in seiner Gegenwart nicht entfahren lassen. Was hilft es Jhnen, Wünsche von geschehenen Dingen auszusprechen? ihm aber sind diese Wünsche unerträglich. Sie haben gar keinen Grund, zu hoffen, daß ihm dergleichen Re- den nicht empfindlich seyn sollten.
Mich verdrießet es indessen bis auf den Grund meines hochmüthigen Hertzens, daß eine Manns- Person sich eines solchen Sieges über ein so unver- gleichliches Frauenzimmer rühmen soll.
Jn den Muth und Hertzhaftigkeit, die Sie be- weisen, habe ich mich recht verliebt. Ein so nach-
geben-
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mehreres thun, als ſtilleſchweigen, als der alber- ne Menſch mit den Verſprechungen angeſtiegen kam, die ſie in gantz andern Umſtaͤnden von ihm ge- fodert hatten? Allein ich habe Jhnen ſonſt ſchon geſagt: Jhr Anſehen befiehlt jedermann Ehrerbie- tung; Die Leute fuͤrchten ſich vor Jhnen. Sie haben ſeiner auch nicht geſchonet.
Jch wiederhole es noch einmahl: Sie haben ei- ne ſehr mißliche Perſon zu ſpielen: und Jhr Ge- muͤth iſt ſo artig, daß es ſich zu dieſer Perſon gar nicht ſchickt. Je mehr der Liebhaber erhoͤhet wird, deſto niedriger wird ſeine Geliebte. Er hat ohne- hin von Natur einen hochmuͤthigen und halsſtar- rigen Sinn. Jch fuͤrchte, Sie haben keinen an- dern Weg vor ſich, als daß Sie ihn bey ſeinem Hochmuth, oder wie er es nennet, bey ſeiner Ehre zu faſſen ſuchen, und etwas weniger fremde gegen ihn thun. Dergleichen Wuͤnſche, daß Sie ſich nicht zu der geſetzten Stunde moͤchten eingefunden haben, muͤſſen Sie ſich in ſeiner Gegenwart nicht entfahren laſſen. Was hilft es Jhnen, Wuͤnſche von geſchehenen Dingen auszuſprechen? ihm aber ſind dieſe Wuͤnſche unertraͤglich. Sie haben gar keinen Grund, zu hoffen, daß ihm dergleichen Re- den nicht empfindlich ſeyn ſollten.
Mich verdrießet es indeſſen bis auf den Grund meines hochmuͤthigen Hertzens, daß eine Manns- Perſon ſich eines ſolchen Sieges uͤber ein ſo unver- gleichliches Frauenzimmer ruͤhmen ſoll.
Jn den Muth und Hertzhaftigkeit, die Sie be- weiſen, habe ich mich recht verliebt. Ein ſo nach-
geben-
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mehreres thun, als ſtilleſchweigen, als der alber-
ne Menſch mit den Verſprechungen angeſtiegen
kam, die ſie in gantz andern Umſtaͤnden von ihm ge-
fodert hatten? Allein ich habe Jhnen ſonſt ſchon
geſagt: Jhr Anſehen befiehlt jedermann Ehrerbie-
tung; Die Leute fuͤrchten ſich vor Jhnen. Sie
haben ſeiner auch nicht geſchonet.
Jch wiederhole es noch einmahl: Sie haben ei-
ne ſehr mißliche Perſon zu ſpielen: und Jhr Ge-
muͤth iſt ſo artig, daß es ſich zu dieſer Perſon gar
nicht ſchickt. Je mehr der Liebhaber erhoͤhet wird,
deſto niedriger wird ſeine Geliebte. Er hat ohne-
hin von Natur einen hochmuͤthigen und halsſtar-
rigen Sinn. Jch fuͤrchte, Sie haben keinen an-
dern Weg vor ſich, als daß Sie ihn bey ſeinem
Hochmuth, oder wie er es nennet, bey ſeiner Ehre
zu faſſen ſuchen, und etwas weniger fremde gegen
ihn thun. Dergleichen Wuͤnſche, daß Sie ſich
nicht zu der geſetzten Stunde moͤchten eingefunden
haben, muͤſſen Sie ſich in ſeiner Gegenwart nicht
entfahren laſſen. Was hilft es Jhnen, Wuͤnſche
von geſchehenen Dingen auszuſprechen? ihm aber
ſind dieſe Wuͤnſche unertraͤglich. Sie haben gar
keinen Grund, zu hoffen, daß ihm dergleichen Re-
den nicht empfindlich ſeyn ſollten.
Mich verdrießet es indeſſen bis auf den Grund
meines hochmuͤthigen Hertzens, daß eine Manns-
Perſon ſich eines ſolchen Sieges uͤber ein ſo unver-
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Jn den Muth und Hertzhaftigkeit, die Sie be-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/199>, abgerufen am 22.12.2024.
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