Künste geraubt ist! das aber ist gantz unerträglich, wenn eben der, welcher an allen diesen die Schuld hat, sich noch über ihn aufhalten will.
Er brachte mancherley zu seiner Entschuldigung vor: allein (wie ich ihm sagte) keine solche Ent- schuldigung, die eine Tochter berechtigen konnte das anzuhören, oder eine Manns-Person, die sich um die Tochter bewürbe, das zu reden, was ich von ihm anhören mußte.
Als er sahe, das ich im Ernst ungehalten war, bat er um Verzeyhung: wiewohl seine Bitte nicht von der demüthigsten Art war. Um aber die un- angenehme Unterredung abzubrechen kam er auf die beyden Briefe der Lady Elisabeth Lawrance und der Fräulein Montague, und las mir einige Stellen daraus vor. Allein warum zeigete er sie mir nicht gestern Abend? War er besorgt, daß sie mir allzu vieles Vergnügen verursachen würden?
Die Lady Elisabeth drucket sich gegen mich auf die verbindlichste Art aus. Sie wünschet ihm eine solche Aenderung an, die mir Muth geben könne, ihn glücklich zu machen. Sie läßt ihre Empfeh- lung an mich machen, und wünschete ein so aus- nehmendes und ruhmvolles Frauenzimmer (dieses sind ihre eigene Worte) bald als ihre Base zu sehen. Sie will es sich für eine Ehre schätzen, wenn sie Gelegenheit hat, mir einige Gefälligkeit zu erzeigen. Sie hoffet, ich würde den glücklichen Tag unserer nähern Verbindung nicht allzulange aufschieben: denn dieses werde sie und der Lord M. nebst der Lady Sarah für das sicherste Merckmahl der Bes-
serung
Q 5
Kuͤnſte geraubt iſt! das aber iſt gantz unertraͤglich, wenn eben der, welcher an allen dieſen die Schuld hat, ſich noch uͤber ihn aufhalten will.
Er brachte mancherley zu ſeiner Entſchuldigung vor: allein (wie ich ihm ſagte) keine ſolche Ent- ſchuldigung, die eine Tochter berechtigen konnte das anzuhoͤren, oder eine Manns-Perſon, die ſich um die Tochter bewuͤrbe, das zu reden, was ich von ihm anhoͤren mußte.
Als er ſahe, das ich im Ernſt ungehalten war, bat er um Verzeyhung: wiewohl ſeine Bitte nicht von der demuͤthigſten Art war. Um aber die un- angenehme Unterredung abzubrechen kam er auf die beyden Briefe der Lady Eliſabeth Lawrance und der Fraͤulein Montague, und las mir einige Stellen daraus vor. Allein warum zeigete er ſie mir nicht geſtern Abend? War er beſorgt, daß ſie mir allzu vieles Vergnuͤgen verurſachen wuͤrden?
Die Lady Eliſabeth drucket ſich gegen mich auf die verbindlichſte Art aus. Sie wuͤnſchet ihm eine ſolche Aenderung an, die mir Muth geben koͤnne, ihn gluͤcklich zu machen. Sie laͤßt ihre Empfeh- lung an mich machen, und wuͤnſchete ein ſo aus- nehmendes und ruhmvolles Frauenzimmer (dieſes ſind ihre eigene Worte) bald als ihre Baſe zu ſehen. Sie will es ſich fuͤr eine Ehre ſchaͤtzen, wenn ſie Gelegenheit hat, mir einige Gefaͤlligkeit zu erzeigen. Sie hoffet, ich wuͤrde den gluͤcklichen Tag unſerer naͤhern Verbindung nicht allzulange aufſchieben: denn dieſes werde ſie und der Lord M. nebſt der Lady Sarah fuͤr das ſicherſte Merckmahl der Beſ-
ſerung
Q 5
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Kuͤnſte geraubt iſt! das aber iſt gantz unertraͤglich,
wenn eben der, welcher an allen dieſen die Schuld
hat, ſich noch uͤber ihn aufhalten will.
Er brachte mancherley zu ſeiner Entſchuldigung
vor: allein (wie ich ihm ſagte) keine ſolche Ent-
ſchuldigung, die eine Tochter berechtigen konnte das
anzuhoͤren, oder eine Manns-Perſon, die ſich um
die Tochter bewuͤrbe, das zu reden, was ich von
ihm anhoͤren mußte.
Als er ſahe, das ich im Ernſt ungehalten war,
bat er um Verzeyhung: wiewohl ſeine Bitte nicht
von der demuͤthigſten Art war. Um aber die un-
angenehme Unterredung abzubrechen kam er auf die
beyden Briefe der Lady Eliſabeth Lawrance
und der Fraͤulein Montague, und las mir einige
Stellen daraus vor. Allein warum zeigete er ſie
mir nicht geſtern Abend? War er beſorgt, daß ſie
mir allzu vieles Vergnuͤgen verurſachen wuͤrden?
Die Lady Eliſabeth drucket ſich gegen mich auf
die verbindlichſte Art aus. Sie wuͤnſchet ihm eine
ſolche Aenderung an, die mir Muth geben koͤnne,
ihn gluͤcklich zu machen. Sie laͤßt ihre Empfeh-
lung an mich machen, und wuͤnſchete ein ſo aus-
nehmendes und ruhmvolles Frauenzimmer (dieſes
ſind ihre eigene Worte) bald als ihre Baſe zu ſehen.
Sie will es ſich fuͤr eine Ehre ſchaͤtzen, wenn ſie
Gelegenheit hat, mir einige Gefaͤlligkeit zu erzeigen.
Sie hoffet, ich wuͤrde den gluͤcklichen Tag unſerer
naͤhern Verbindung nicht allzulange aufſchieben:
denn dieſes werde ſie und der Lord M. nebſt der
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ſerung
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/263>, abgerufen am 22.12.2024.
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