wanten so wohl angeschrieben zu seyn, daß ich ihnen schriftlich von allem was ich in der Sache vornehme und von allen Anträgen Nach- richt geben will, so bald sie sich von mir ent- fernen. Die Meinigen wissen, daß ich Recht habe mit meinem großväterlichen Vermächtniß auf eine solche Weise zu schalten und zu walten, die ihnen an- genehm oder unangenehm seyn kann, ob ich es gleich der Familie nicht gantz entziehen kann. Wenn sich die erste Hitze geleget hat, so werden sie zum wenig- sten in dieser Absicht sich nicht gar zu unvernünftig gegen mich betragen; so bald sie wissen, daß ich in keiner Verbindung mit ihnen stehe.
Er fing an meine richtigen Schlüsse zu bewun- dern. Mein Versprechen war alles was er nur hof- fen oder wünschen konnte. Es war mehr, als er sich würde unterstanden haben zu bitten. Was für eine Glückseeligkeit, wenn man sich auf das Wort eines edelmüthigen Frauenzimmers verlassen darf? Wenn er gleich zu Anfang ein Frauenzimmer von solchem Gemüthe angetroffen hätte, so würde er nie von der Bahn der strengesten Tugend abgewichen seyn. Jedoch auch das Unglück möchte zu seinem Besten verhänget seyn: denn er würde sonst nie zu dem Glück gelanget seyn, auf welches er jetzt hoffen dürfte, weil ihm seine Anverwanten stets angelegen hätten, sich zu verheyrathen, ehe er mich noch ge- kannt hätte. Da er nicht völlig so schlimm seye, als ihn einige Leute machten, so habe er vielleicht mehr Ruhm von seiner Besserung, als wenn er nie schlimm gewesen wäre.
Jch
wanten ſo wohl angeſchrieben zu ſeyn, daß ich ihnen ſchriftlich von allem was ich in der Sache vornehme und von allen Antraͤgen Nach- richt geben will, ſo bald ſie ſich von mir ent- fernen. Die Meinigen wiſſen, daß ich Recht habe mit meinem großvaͤterlichen Vermaͤchtniß auf eine ſolche Weiſe zu ſchalten und zu walten, die ihnen an- genehm oder unangenehm ſeyn kann, ob ich es gleich der Familie nicht gantz entziehen kann. Wenn ſich die erſte Hitze geleget hat, ſo werden ſie zum wenig- ſten in dieſer Abſicht ſich nicht gar zu unvernuͤnftig gegen mich betragen; ſo bald ſie wiſſen, daß ich in keiner Verbindung mit ihnen ſtehe.
Er fing an meine richtigen Schluͤſſe zu bewun- dern. Mein Verſprechen war alles was er nur hof- fen oder wuͤnſchen konnte. Es war mehr, als er ſich wuͤrde unterſtanden haben zu bitten. Was fuͤr eine Gluͤckſeeligkeit, wenn man ſich auf das Wort eines edelmuͤthigen Frauenzimmers verlaſſen darf? Wenn er gleich zu Anfang ein Frauenzimmer von ſolchem Gemuͤthe angetroffen haͤtte, ſo wuͤrde er nie von der Bahn der ſtrengeſten Tugend abgewichen ſeyn. Jedoch auch das Ungluͤck moͤchte zu ſeinem Beſten verhaͤnget ſeyn: denn er wuͤrde ſonſt nie zu dem Gluͤck gelanget ſeyn, auf welches er jetzt hoffen duͤrfte, weil ihm ſeine Anverwanten ſtets angelegen haͤtten, ſich zu verheyrathen, ehe er mich noch ge- kannt haͤtte. Da er nicht voͤllig ſo ſchlimm ſeye, als ihn einige Leute machten, ſo habe er vielleicht mehr Ruhm von ſeiner Beſſerung, als wenn er nie ſchlimm geweſen waͤre.
Jch
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wanten ſo wohl angeſchrieben zu ſeyn, daß ich
ihnen ſchriftlich von allem was ich in der
Sache vornehme und von allen Antraͤgen Nach-
richt geben will, ſo bald ſie ſich von mir ent-
fernen. Die Meinigen wiſſen, daß ich Recht habe
mit meinem großvaͤterlichen Vermaͤchtniß auf eine
ſolche Weiſe zu ſchalten und zu walten, die ihnen an-
genehm oder unangenehm ſeyn kann, ob ich es gleich
der Familie nicht gantz entziehen kann. Wenn ſich
die erſte Hitze geleget hat, ſo werden ſie zum wenig-
ſten in dieſer Abſicht ſich nicht gar zu unvernuͤnftig
gegen mich betragen; ſo bald ſie wiſſen, daß ich in
keiner Verbindung mit ihnen ſtehe.
Er fing an meine richtigen Schluͤſſe zu bewun-
dern. Mein Verſprechen war alles was er nur hof-
fen oder wuͤnſchen konnte. Es war mehr, als er ſich
wuͤrde unterſtanden haben zu bitten. Was fuͤr eine
Gluͤckſeeligkeit, wenn man ſich auf das Wort eines
edelmuͤthigen Frauenzimmers verlaſſen darf?
Wenn er gleich zu Anfang ein Frauenzimmer von
ſolchem Gemuͤthe angetroffen haͤtte, ſo wuͤrde er nie
von der Bahn der ſtrengeſten Tugend abgewichen
ſeyn. Jedoch auch das Ungluͤck moͤchte zu ſeinem
Beſten verhaͤnget ſeyn: denn er wuͤrde ſonſt nie zu
dem Gluͤck gelanget ſeyn, auf welches er jetzt hoffen
duͤrfte, weil ihm ſeine Anverwanten ſtets angelegen
haͤtten, ſich zu verheyrathen, ehe er mich noch ge-
kannt haͤtte. Da er nicht voͤllig ſo ſchlimm ſeye, als
ihn einige Leute machten, ſo habe er vielleicht mehr
Ruhm von ſeiner Beſſerung, als wenn er nie
ſchlimm geweſen waͤre.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/270>, abgerufen am 22.12.2024.
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