Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite



vor Geld curirt werden. O Belford, was für
ein Schelm ist das Hertz des Menschen, er mag
reich oder arm seyn.



Der vier und dreißigste Brief.
von
Fräulein Howe an Fräulein Clarissa
Harlowe.

Eine Antwort auf den 27sten und 32sten Brief.

Jhre Familie ist gantz unversöhnlich. Der alte
Anton hat bey einem abermahligen Besuch
nicht allein meine Mutter in ihrem Widerwillen
gegen unsern Briefwechsel bestärcket, sondern sie
auch beynahe völlig zu einer Harlowin gemacht.

Doch ich muß diese verdrießliche Sache über-
gehen.

Sie verlangen, daß ich dem Herrn Hickmann
artiger begegnen soll. - - Vielleicht mache ich es
bey ihm eben so, als ich bey dem Singen oder Spie-
len zu thun pflege. Wenn ich eine Nothe zu hoch
angefangen habe, so verdrießt es mich, daß ich
wider von vorn anfangen soll, ich überschreye lieber
meine Stimme. Jnzwischen ist doch dieses gewiß,
daß der Mann hiedurch nur höflicher wird; und
Sie haben ehemahls die Anmerckungen gemacht,
daß die Gemüther, die kriechend werden, wenn
man hart mit ihnen umgehet, sich erheben und un-
erträglich werden, so bald man besser mit ihnen um-

gehet.
S 4



vor Geld curirt werden. O Belford, was fuͤr
ein Schelm iſt das Hertz des Menſchen, er mag
reich oder arm ſeyn.



Der vier und dreißigſte Brief.
von
Fraͤulein Howe an Fraͤulein Clariſſa
Harlowe.

Eine Antwort auf den 27ſten und 32ſten Brief.

Jhre Familie iſt gantz unverſoͤhnlich. Der alte
Anton hat bey einem abermahligen Beſuch
nicht allein meine Mutter in ihrem Widerwillen
gegen unſern Briefwechſel beſtaͤrcket, ſondern ſie
auch beynahe voͤllig zu einer Harlowin gemacht.

Doch ich muß dieſe verdrießliche Sache uͤber-
gehen.

Sie verlangen, daß ich dem Herrn Hickmann
artiger begegnen ſoll. ‒ ‒ Vielleicht mache ich es
bey ihm eben ſo, als ich bey dem Singen oder Spie-
len zu thun pflege. Wenn ich eine Nothe zu hoch
angefangen habe, ſo verdrießt es mich, daß ich
wider von vorn anfangen ſoll, ich uͤberſchreye lieber
meine Stimme. Jnzwiſchen iſt doch dieſes gewiß,
daß der Mann hiedurch nur hoͤflicher wird; und
Sie haben ehemahls die Anmerckungen gemacht,
daß die Gemuͤther, die kriechend werden, wenn
man hart mit ihnen umgehet, ſich erheben und un-
ertraͤglich werden, ſo bald man beſſer mit ihnen um-

gehet.
S 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0293" n="279"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
vor Geld curirt werden. O <hi rendition="#fr">Belford,</hi> was fu&#x0364;r<lb/>
ein Schelm i&#x017F;t das Hertz des Men&#x017F;chen, er mag<lb/>
reich oder arm &#x017F;eyn.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#fr">Der vier und dreißig&#x017F;te Brief.</hi><lb/>
von<lb/><hi rendition="#fr">Fra&#x0364;ulein Howe an Fra&#x0364;ulein Clari&#x017F;&#x017F;a<lb/>
Harlowe.</hi><lb/>
Eine Antwort auf den 27&#x017F;ten und 32&#x017F;ten Brief.</head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Dien&#x017F;tags den 18. April.</hi> </dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">J</hi>hre Familie i&#x017F;t gantz unver&#x017F;o&#x0364;hnlich. Der alte<lb/><hi rendition="#fr">Anton</hi> hat bey einem abermahligen Be&#x017F;uch<lb/>
nicht allein meine Mutter in ihrem Widerwillen<lb/>
gegen un&#x017F;ern Briefwech&#x017F;el be&#x017F;ta&#x0364;rcket, &#x017F;ondern &#x017F;ie<lb/>
auch beynahe vo&#x0364;llig zu einer <hi rendition="#fr">Harlowin</hi> gemacht.</p><lb/>
          <p>Doch ich muß die&#x017F;e verdrießliche Sache u&#x0364;ber-<lb/>
gehen.</p><lb/>
          <p>Sie verlangen, daß ich dem Herrn <hi rendition="#fr">Hickmann</hi><lb/>
artiger begegnen &#x017F;oll. &#x2012; &#x2012; Vielleicht mache ich es<lb/>
bey ihm eben &#x017F;o, als ich bey dem Singen oder Spie-<lb/>
len zu thun pflege. Wenn ich eine Nothe zu hoch<lb/>
angefangen habe, &#x017F;o verdrießt es mich, daß ich<lb/>
wider von vorn anfangen &#x017F;oll, ich u&#x0364;ber&#x017F;chreye lieber<lb/>
meine Stimme. Jnzwi&#x017F;chen i&#x017F;t doch die&#x017F;es gewiß,<lb/>
daß der Mann hiedurch nur ho&#x0364;flicher wird; und<lb/>
Sie haben ehemahls die Anmerckungen gemacht,<lb/>
daß die Gemu&#x0364;ther, die kriechend werden, wenn<lb/>
man hart mit ihnen umgehet, &#x017F;ich erheben und un-<lb/>
ertra&#x0364;glich werden, &#x017F;o bald man be&#x017F;&#x017F;er mit ihnen um-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S 4</fw><fw place="bottom" type="catch">gehet.</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[279/0293] vor Geld curirt werden. O Belford, was fuͤr ein Schelm iſt das Hertz des Menſchen, er mag reich oder arm ſeyn. Der vier und dreißigſte Brief. von Fraͤulein Howe an Fraͤulein Clariſſa Harlowe. Eine Antwort auf den 27ſten und 32ſten Brief. Dienſtags den 18. April. Jhre Familie iſt gantz unverſoͤhnlich. Der alte Anton hat bey einem abermahligen Beſuch nicht allein meine Mutter in ihrem Widerwillen gegen unſern Briefwechſel beſtaͤrcket, ſondern ſie auch beynahe voͤllig zu einer Harlowin gemacht. Doch ich muß dieſe verdrießliche Sache uͤber- gehen. Sie verlangen, daß ich dem Herrn Hickmann artiger begegnen ſoll. ‒ ‒ Vielleicht mache ich es bey ihm eben ſo, als ich bey dem Singen oder Spie- len zu thun pflege. Wenn ich eine Nothe zu hoch angefangen habe, ſo verdrießt es mich, daß ich wider von vorn anfangen ſoll, ich uͤberſchreye lieber meine Stimme. Jnzwiſchen iſt doch dieſes gewiß, daß der Mann hiedurch nur hoͤflicher wird; und Sie haben ehemahls die Anmerckungen gemacht, daß die Gemuͤther, die kriechend werden, wenn man hart mit ihnen umgehet, ſich erheben und un- ertraͤglich werden, ſo bald man beſſer mit ihnen um- gehet. S 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/293
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/293>, abgerufen am 22.12.2024.