Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite


Jch weiß gegen ihre Reise nach London nicht
das geringste einzuwenden. Sie werden dort gleich-
sam in dem Mittel-Punct von England seyn, und
Gelegenheit haben, von jedermann zu hören und an
jedermann zu schreiben. Dort werden Sie seine
Treue auf die Probe stellen können, ob er z. E. sein
Wort hält, und Sie allein läßt.

Allein weiter erhalten Sie doch nichts dadurch:
Sie müssen ihn doch endlich heyrathen. Sie mö-
gen versuchen (oder Sie haben vielmehr versucht)
was bey Jhren Freunden auszurichten sey: nun
bitte ich Sie, den ersten Augenblick, da Jhre Freun-
de Jhre Anträge verwerfen, unterwerfen Sie sich
dem Joche, und machen Sie es so gut als Sie
können. Jch halte ihn für einen Barbaren, wenn
er Sie zwinget, selbst davon zu reden: allein ich
glaube, Sie werden etwas nachgeben müssen, denn
es ist ihm unerträglich verachtet zu werden.

Dieses waren bey einem ehemahligen Besuch sei-
ne Reden, die ihre Absicht auf mich haben mochten:
"wenn ein Frauenzimmer gewillet ist, eine Manns-
"Person jemahls durch ein Ja zu erfreuen; so
"sollte es billig um sein selbst willen der Welt zei-
"gen, daß es seinen Anbeter allen andern vorziehet."

Soll ich ihnen noch einen andern Spruch seines
tugendhaften Mundes melden, der in der Sprache
dieser freyen jungen Herren und mit ausgestreckter
Hand vorgebracht ward? "Der Teuffel sollte ihn
"hohlen, wenn er die grösseste Printzeßin von der
"Welt heyrathen wollte, und nur noch einen Ge-
"dancken übrig hätte, daß sie sich einen Augenblick

"be-


Jch weiß gegen ihre Reiſe nach London nicht
das geringſte einzuwenden. Sie werden dort gleich-
ſam in dem Mittel-Punct von England ſeyn, und
Gelegenheit haben, von jedermann zu hoͤren und an
jedermann zu ſchreiben. Dort werden Sie ſeine
Treue auf die Probe ſtellen koͤnnen, ob er z. E. ſein
Wort haͤlt, und Sie allein laͤßt.

Allein weiter erhalten Sie doch nichts dadurch:
Sie muͤſſen ihn doch endlich heyrathen. Sie moͤ-
gen verſuchen (oder Sie haben vielmehr verſucht)
was bey Jhren Freunden auszurichten ſey: nun
bitte ich Sie, den erſten Augenblick, da Jhre Freun-
de Jhre Antraͤge verwerfen, unterwerfen Sie ſich
dem Joche, und machen Sie es ſo gut als Sie
koͤnnen. Jch halte ihn fuͤr einen Barbaren, wenn
er Sie zwinget, ſelbſt davon zu reden: allein ich
glaube, Sie werden etwas nachgeben muͤſſen, denn
es iſt ihm unertraͤglich verachtet zu werden.

Dieſes waren bey einem ehemahligen Beſuch ſei-
ne Reden, die ihre Abſicht auf mich haben mochten:
„wenn ein Frauenzimmer gewillet iſt, eine Manns-
„Perſon jemahls durch ein Ja zu erfreuen; ſo
„ſollte es billig um ſein ſelbſt willen der Welt zei-
„gen, daß es ſeinen Anbeter allen andern vorziehet.„

Soll ich ihnen noch einen andern Spruch ſeines
tugendhaften Mundes melden, der in der Sprache
dieſer freyen jungen Herren und mit ausgeſtreckter
Hand vorgebracht ward? „Der Teuffel ſollte ihn
„hohlen, wenn er die groͤſſeſte Printzeßin von der
„Welt heyrathen wollte, und nur noch einen Ge-
„dancken uͤbrig haͤtte, daß ſie ſich einen Augenblick

„be-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0297" n="283"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Jch weiß gegen ihre Rei&#x017F;e nach <hi rendition="#fr">London</hi> nicht<lb/>
das gering&#x017F;te einzuwenden. Sie werden dort gleich-<lb/>
&#x017F;am in dem Mittel-Punct von England &#x017F;eyn, und<lb/>
Gelegenheit haben, von jedermann zu ho&#x0364;ren und an<lb/>
jedermann zu &#x017F;chreiben. Dort werden Sie &#x017F;eine<lb/>
Treue auf die Probe &#x017F;tellen ko&#x0364;nnen, ob er z. E. &#x017F;ein<lb/>
Wort ha&#x0364;lt, und Sie allein la&#x0364;ßt.</p><lb/>
          <p>Allein weiter erhalten Sie doch nichts dadurch:<lb/>
Sie mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en ihn doch endlich heyrathen. Sie mo&#x0364;-<lb/>
gen ver&#x017F;uchen (oder Sie haben vielmehr ver&#x017F;ucht)<lb/>
was bey Jhren Freunden auszurichten &#x017F;ey: nun<lb/>
bitte ich Sie, den er&#x017F;ten Augenblick, da Jhre Freun-<lb/>
de Jhre Antra&#x0364;ge verwerfen, unterwerfen Sie &#x017F;ich<lb/>
dem Joche, und machen Sie es &#x017F;o gut als Sie<lb/>
ko&#x0364;nnen. Jch halte ihn fu&#x0364;r einen Barbaren, wenn<lb/>
er Sie zwinget, &#x017F;elb&#x017F;t davon zu reden: allein ich<lb/>
glaube, Sie werden etwas nachgeben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, denn<lb/>
es i&#x017F;t ihm unertra&#x0364;glich verachtet zu werden.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;es waren bey einem ehemahligen Be&#x017F;uch &#x017F;ei-<lb/>
ne Reden, die ihre Ab&#x017F;icht auf mich haben mochten:<lb/>
&#x201E;wenn ein Frauenzimmer gewillet i&#x017F;t, eine Manns-<lb/>
&#x201E;Per&#x017F;on jemahls durch ein Ja zu erfreuen; &#x017F;o<lb/>
&#x201E;&#x017F;ollte es billig um &#x017F;ein &#x017F;elb&#x017F;t willen der Welt zei-<lb/>
&#x201E;gen, daß es &#x017F;einen Anbeter allen andern vorziehet.&#x201E;</p><lb/>
          <p>Soll ich ihnen noch einen andern Spruch &#x017F;eines<lb/>
tugendhaften Mundes melden, der in der Sprache<lb/>
die&#x017F;er freyen jungen Herren und mit ausge&#x017F;treckter<lb/>
Hand vorgebracht ward? &#x201E;Der Teuffel &#x017F;ollte ihn<lb/>
&#x201E;hohlen, wenn er die gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;te Printzeßin von der<lb/>
&#x201E;Welt heyrathen wollte, und nur noch einen Ge-<lb/>
&#x201E;dancken u&#x0364;brig ha&#x0364;tte, daß &#x017F;ie &#x017F;ich einen Augenblick<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;be-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[283/0297] Jch weiß gegen ihre Reiſe nach London nicht das geringſte einzuwenden. Sie werden dort gleich- ſam in dem Mittel-Punct von England ſeyn, und Gelegenheit haben, von jedermann zu hoͤren und an jedermann zu ſchreiben. Dort werden Sie ſeine Treue auf die Probe ſtellen koͤnnen, ob er z. E. ſein Wort haͤlt, und Sie allein laͤßt. Allein weiter erhalten Sie doch nichts dadurch: Sie muͤſſen ihn doch endlich heyrathen. Sie moͤ- gen verſuchen (oder Sie haben vielmehr verſucht) was bey Jhren Freunden auszurichten ſey: nun bitte ich Sie, den erſten Augenblick, da Jhre Freun- de Jhre Antraͤge verwerfen, unterwerfen Sie ſich dem Joche, und machen Sie es ſo gut als Sie koͤnnen. Jch halte ihn fuͤr einen Barbaren, wenn er Sie zwinget, ſelbſt davon zu reden: allein ich glaube, Sie werden etwas nachgeben muͤſſen, denn es iſt ihm unertraͤglich verachtet zu werden. Dieſes waren bey einem ehemahligen Beſuch ſei- ne Reden, die ihre Abſicht auf mich haben mochten: „wenn ein Frauenzimmer gewillet iſt, eine Manns- „Perſon jemahls durch ein Ja zu erfreuen; ſo „ſollte es billig um ſein ſelbſt willen der Welt zei- „gen, daß es ſeinen Anbeter allen andern vorziehet.„ Soll ich ihnen noch einen andern Spruch ſeines tugendhaften Mundes melden, der in der Sprache dieſer freyen jungen Herren und mit ausgeſtreckter Hand vorgebracht ward? „Der Teuffel ſollte ihn „hohlen, wenn er die groͤſſeſte Printzeßin von der „Welt heyrathen wollte, und nur noch einen Ge- „dancken uͤbrig haͤtte, daß ſie ſich einen Augenblick „be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/297
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/297>, abgerufen am 22.12.2024.