zu lehrreich zu seyn schiene, unsern Brief-Wechsel, sondern bewunderte auch meine Beständigkeit in der Freundschaft. Weil er sie ungemein hoch schä- tzet, und von Herrn Lovelace eine sehr schlechte Meinung hat, so glaubt er, daß mein Rath und Nachrichten Jhnen bisweilen nützlich seyn können: deswegen, sagt er, sollte es ihm sehr leid thun, wenn Sie meiner Zuschriften entbehren müsten.
Die Haupt-Sache von dem, was Herr Hick- mann sagte, gefiel mir wohl; und das war gewiß sein Glück: denn sonst würde mir das sehr misfällig gewesen seyn, was er sich unterstand von billigen zu sagen. Jch habe ihm noch nie erlaubt, diese Sprache gegen mich zu gebrauchen. Sie sehen, mein Schatz, wie die Manns-Leute sind: giebt man ihnen die Erlaubniß uns einige angenehme Dienste zu thun, so unterstehen sie sich gleich, unsere Hand- lungen zu billigen, gerade als wenn sie ein Recht hätten, sie auch bisweilen zu misbilligen.
Jch habe meiner Mutter gesagt, daß Sie eine Versöhnung mit den Jhrigen hertzlich wünschten, und von Herrn Lovelace vollkommen frey wären.
Sie antwortete: bedencke wohl, meine Tochter, was der Endzweck dieses Vorgebens seyn kann. - - Wegen einer Aussöhnung meint sie so viel Nach- richt zu haben, daß sie ohnmöglich seyn würde, wenn Sie nicht ohne einige Bedingungen zu ma- chen nach Jhres Vaters Haus zurück kehren. Sie hält dieses vor billig, und meint, daß man hieraus am sichersten schliessen könne, daß Sie in keiner Ver- bindung mit Herrn Lovelace stehe. Sie stehen
hieraus
U 5
zu lehrreich zu ſeyn ſchiene, unſern Brief-Wechſel, ſondern bewunderte auch meine Beſtaͤndigkeit in der Freundſchaft. Weil er ſie ungemein hoch ſchaͤ- tzet, und von Herrn Lovelace eine ſehr ſchlechte Meinung hat, ſo glaubt er, daß mein Rath und Nachrichten Jhnen bisweilen nuͤtzlich ſeyn koͤnnen: deswegen, ſagt er, ſollte es ihm ſehr leid thun, wenn Sie meiner Zuſchriften entbehren muͤſten.
Die Haupt-Sache von dem, was Herr Hick- mann ſagte, gefiel mir wohl; und das war gewiß ſein Gluͤck: denn ſonſt wuͤrde mir das ſehr misfaͤllig geweſen ſeyn, was er ſich unterſtand von billigen zu ſagen. Jch habe ihm noch nie erlaubt, dieſe Sprache gegen mich zu gebrauchen. Sie ſehen, mein Schatz, wie die Manns-Leute ſind: giebt man ihnen die Erlaubniß uns einige angenehme Dienſte zu thun, ſo unterſtehen ſie ſich gleich, unſere Hand- lungen zu billigen, gerade als wenn ſie ein Recht haͤtten, ſie auch bisweilen zu misbilligen.
Jch habe meiner Mutter geſagt, daß Sie eine Verſoͤhnung mit den Jhrigen hertzlich wuͤnſchten, und von Herrn Lovelace vollkommen frey waͤren.
Sie antwortete: bedencke wohl, meine Tochter, was der Endzweck dieſes Vorgebens ſeyn kann. ‒ ‒ Wegen einer Ausſoͤhnung meint ſie ſo viel Nach- richt zu haben, daß ſie ohnmoͤglich ſeyn wuͤrde, wenn Sie nicht ohne einige Bedingungen zu ma- chen nach Jhres Vaters Haus zuruͤck kehren. Sie haͤlt dieſes vor billig, und meint, daß man hieraus am ſicherſten ſchlieſſen koͤnne, daß Sie in keiner Ver- bindung mit Herrn Lovelace ſtehe. Sie ſtehen
hieraus
U 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0327"n="313"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
zu lehrreich zu ſeyn ſchiene, unſern Brief-Wechſel,<lb/>ſondern bewunderte auch meine Beſtaͤndigkeit in<lb/>
der Freundſchaft. Weil er ſie ungemein hoch ſchaͤ-<lb/>
tzet, und von Herrn <hirendition="#fr">Lovelace</hi> eine ſehr ſchlechte<lb/>
Meinung hat, ſo glaubt er, daß mein Rath und<lb/>
Nachrichten Jhnen bisweilen nuͤtzlich ſeyn koͤnnen:<lb/>
deswegen, ſagt er, ſollte es ihm ſehr leid thun, wenn<lb/>
Sie meiner Zuſchriften entbehren muͤſten.</p><lb/><p>Die Haupt-Sache von dem, was Herr <hirendition="#fr">Hick-<lb/>
mann</hi>ſagte, gefiel mir wohl; und das war gewiß<lb/>ſein Gluͤck: denn ſonſt wuͤrde mir das ſehr misfaͤllig<lb/>
geweſen ſeyn, was er ſich unterſtand von <hirendition="#fr">billigen</hi><lb/>
zu ſagen. Jch habe ihm noch nie erlaubt, dieſe<lb/>
Sprache gegen mich zu gebrauchen. Sie ſehen,<lb/>
mein Schatz, wie die Manns-Leute ſind: giebt man<lb/>
ihnen die Erlaubniß uns einige angenehme Dienſte<lb/>
zu thun, ſo unterſtehen ſie ſich gleich, unſere Hand-<lb/>
lungen zu <hirendition="#fr">billigen,</hi> gerade als wenn ſie ein<lb/>
Recht haͤtten, ſie auch bisweilen zu misbilligen.</p><lb/><p>Jch habe meiner Mutter geſagt, daß Sie eine<lb/>
Verſoͤhnung mit den Jhrigen hertzlich wuͤnſchten,<lb/>
und von Herrn <hirendition="#fr">Lovelace</hi> vollkommen frey waͤren.</p><lb/><p>Sie antwortete: bedencke wohl, meine Tochter,<lb/>
was der Endzweck dieſes Vorgebens ſeyn kann. ‒‒<lb/>
Wegen einer Ausſoͤhnung meint ſie ſo viel Nach-<lb/>
richt zu haben, daß ſie ohnmoͤglich ſeyn wuͤrde,<lb/>
wenn Sie nicht ohne einige Bedingungen zu ma-<lb/>
chen nach Jhres Vaters Haus zuruͤck kehren. Sie<lb/>
haͤlt dieſes vor billig, und meint, daß man hieraus<lb/>
am ſicherſten ſchlieſſen koͤnne, daß Sie in keiner Ver-<lb/>
bindung mit Herrn <hirendition="#fr">Lovelace</hi>ſtehe. Sie ſtehen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">U 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">hieraus</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[313/0327]
zu lehrreich zu ſeyn ſchiene, unſern Brief-Wechſel,
ſondern bewunderte auch meine Beſtaͤndigkeit in
der Freundſchaft. Weil er ſie ungemein hoch ſchaͤ-
tzet, und von Herrn Lovelace eine ſehr ſchlechte
Meinung hat, ſo glaubt er, daß mein Rath und
Nachrichten Jhnen bisweilen nuͤtzlich ſeyn koͤnnen:
deswegen, ſagt er, ſollte es ihm ſehr leid thun, wenn
Sie meiner Zuſchriften entbehren muͤſten.
Die Haupt-Sache von dem, was Herr Hick-
mann ſagte, gefiel mir wohl; und das war gewiß
ſein Gluͤck: denn ſonſt wuͤrde mir das ſehr misfaͤllig
geweſen ſeyn, was er ſich unterſtand von billigen
zu ſagen. Jch habe ihm noch nie erlaubt, dieſe
Sprache gegen mich zu gebrauchen. Sie ſehen,
mein Schatz, wie die Manns-Leute ſind: giebt man
ihnen die Erlaubniß uns einige angenehme Dienſte
zu thun, ſo unterſtehen ſie ſich gleich, unſere Hand-
lungen zu billigen, gerade als wenn ſie ein
Recht haͤtten, ſie auch bisweilen zu misbilligen.
Jch habe meiner Mutter geſagt, daß Sie eine
Verſoͤhnung mit den Jhrigen hertzlich wuͤnſchten,
und von Herrn Lovelace vollkommen frey waͤren.
Sie antwortete: bedencke wohl, meine Tochter,
was der Endzweck dieſes Vorgebens ſeyn kann. ‒ ‒
Wegen einer Ausſoͤhnung meint ſie ſo viel Nach-
richt zu haben, daß ſie ohnmoͤglich ſeyn wuͤrde,
wenn Sie nicht ohne einige Bedingungen zu ma-
chen nach Jhres Vaters Haus zuruͤck kehren. Sie
haͤlt dieſes vor billig, und meint, daß man hieraus
am ſicherſten ſchlieſſen koͤnne, daß Sie in keiner Ver-
bindung mit Herrn Lovelace ſtehe. Sie ſtehen
hieraus
U 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/327>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.