Alle diese Gemählde sind in Euer Closet gesteckt: dieses soll zugenagelt werden, als wenn es gar nicht zu dem Hause gehörte, da mögen diese schönen Kunststücke verrotten. Denn wer kan diese Kost- barkeiten vor Augen sehen, ohne sich über Euch zu ärgern? Ehemahls pflegten sie allen Fremden ge- zeiget zu werden, damit sie die unverwesliche Ar- beit Eurer Hände, und Eure herrliche (*) Gestalt (die jetzt im Dreck lieget) bewundern möchten. So verliebt waren die Eltern in ihre Tochter, die jetzt von ihnen weggelauffen ist, und dazu so viele und doch so wenige Anstalten gemacht hat.
Mein Bruder hat ein heiliges Gelübde gethan, daß er sich an Eurem Kerl rächen will: und das nicht Eurentwegen, sondern um der Familie willen. Nicht Eurentwegen sage ich: denn wenn er Euch jemahls sehen sollte, so will er Euch nicht anders als einer gemeinen Hure begegnen, und er glaubt, daß Jhr noch endlich in diesen Stand treten werdet.
Mein Onckle Harlowe saget sich auf ewig von Euch los.
Desgleichen mein Onckle Anton.
Desgleichen meine Base Hervey.
Jch entsage Euch auch, Jhr niederträchtiges ver- worfenes Thier, Jhr Schandfleck einer guten Fa- milie, und Jhr Eigenthum des schändlichsten Böse- wichts. Wenn Jhr dieses noch nicht seyd, so wer- det Jhr es doch bald werden.
Weil
(*) Dieses Bild in Lebens-Grösse ist von Herr Highmore gemahlt und bey ihm zu sehen.
Alle dieſe Gemaͤhlde ſind in Euer Cloſet geſteckt: dieſes ſoll zugenagelt werden, als wenn es gar nicht zu dem Hauſe gehoͤrte, da moͤgen dieſe ſchoͤnen Kunſtſtuͤcke verrotten. Denn wer kan dieſe Koſt- barkeiten vor Augen ſehen, ohne ſich uͤber Euch zu aͤrgern? Ehemahls pflegten ſie allen Fremden ge- zeiget zu werden, damit ſie die unverwesliche Ar- beit Eurer Haͤnde, und Eure herrliche (*) Geſtalt (die jetzt im Dreck lieget) bewundern moͤchten. So verliebt waren die Eltern in ihre Tochter, die jetzt von ihnen weggelauffen iſt, und dazu ſo viele und doch ſo wenige Anſtalten gemacht hat.
Mein Bruder hat ein heiliges Geluͤbde gethan, daß er ſich an Eurem Kerl raͤchen will: und das nicht Eurentwegen, ſondern um der Familie willen. Nicht Eurentwegen ſage ich: denn wenn er Euch jemahls ſehen ſollte, ſo will er Euch nicht anders als einer gemeinen Hure begegnen, und er glaubt, daß Jhr noch endlich in dieſen Stand treten werdet.
Mein Onckle Harlowe ſaget ſich auf ewig von Euch los.
Desgleichen mein Onckle Anton.
Desgleichen meine Baſe Hervey.
Jch entſage Euch auch, Jhr niedertraͤchtiges ver- worfenes Thier, Jhr Schandfleck einer guten Fa- milie, und Jhr Eigenthum des ſchaͤndlichſten Boͤſe- wichts. Wenn Jhr dieſes noch nicht ſeyd, ſo wer- det Jhr es doch bald werden.
Weil
(*) Dieſes Bild in Lebens-Groͤſſe iſt von Herr Highmore gemahlt und bey ihm zu ſehen.
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Alle dieſe Gemaͤhlde ſind in Euer Cloſet geſteckt:
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zu dem Hauſe gehoͤrte, da moͤgen dieſe ſchoͤnen
Kunſtſtuͤcke verrotten. Denn wer kan dieſe Koſt-
barkeiten vor Augen ſehen, ohne ſich uͤber Euch zu
aͤrgern? Ehemahls pflegten ſie allen Fremden ge-
zeiget zu werden, damit ſie die unverwesliche Ar-
beit Eurer Haͤnde, und Eure herrliche (*) Geſtalt
(die jetzt im Dreck lieget) bewundern moͤchten.
So verliebt waren die Eltern in ihre Tochter, die
jetzt von ihnen weggelauffen iſt, und dazu ſo viele
und doch ſo wenige Anſtalten gemacht hat.
Mein Bruder hat ein heiliges Geluͤbde gethan,
daß er ſich an Eurem Kerl raͤchen will: und das
nicht Eurentwegen, ſondern um der Familie willen.
Nicht Eurentwegen ſage ich: denn wenn er Euch
jemahls ſehen ſollte, ſo will er Euch nicht anders
als einer gemeinen Hure begegnen, und er glaubt,
daß Jhr noch endlich in dieſen Stand treten werdet.
Mein Onckle Harlowe ſaget ſich auf ewig von
Euch los.
Desgleichen mein Onckle Anton.
Desgleichen meine Baſe Hervey.
Jch entſage Euch auch, Jhr niedertraͤchtiges ver-
worfenes Thier, Jhr Schandfleck einer guten Fa-
milie, und Jhr Eigenthum des ſchaͤndlichſten Boͤſe-
wichts. Wenn Jhr dieſes noch nicht ſeyd, ſo wer-
det Jhr es doch bald werden.
Weil
(*) Dieſes Bild in Lebens-Groͤſſe iſt von Herr
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/416>, abgerufen am 16.06.2024.
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