Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite


Kerl, du wirst mir nicht wollen Lehren geben, die
du vielleicht von einem alten Schulmeister erschnap-
pet hast: du wirst deinem Oberhaupte nicht ungehor-
sam werden. Kanst du Narre dencken, daß ich
das liebe Mädchen umsonst hieher gebracht haben
will.

Dieses ist der Entwurf meiner Anschläge. Steht,
Kerls! Tantara - - ra - - ra! Schwenckt die Fah-
nen. Fechtet vor euren König.



Der fünf und sechszigste Brief
von
Herrn Lovelace an Herrn Johann Belfors.

Bin in der Kirche gewesen, Bruder! meine
Sachen herrlich gemacht! fromm, abscheulich
fromm gewesen! Nun ist mein Kind mit mir zu frie-
den, denn ich gab genau auf die Predigt Achtung,
und betete fleißig mit. Jch lies die Augen nicht her-
umschweiffen: ich konnte sie auch nicht herumschweif-
fen lassen, weil das liebenswürdigste Bild in der Kir-
che mir gegen über saß.

Das liebe Kind! Wie andächtig! Wie liebens-
würdig war es in seiner Andacht! Es hat mir be-
kennen müssen, daß es für mich gebetet hat. Ein
Gebet, das aus einem so reinen Hertzen kommt,
kann ohnmöglich unerhöret bleiben.

Es hat warhaftig der öffentliche Gottes-Dienst
seine unleugbaren Schönheiten und Vortreflichkeiten.

Der
H h 4


Kerl, du wirſt mir nicht wollen Lehren geben, die
du vielleicht von einem alten Schulmeiſter erſchnap-
pet haſt: du wirſt deinem Oberhaupte nicht ungehor-
ſam werden. Kanſt du Narre dencken, daß ich
das liebe Maͤdchen umſonſt hieher gebracht haben
will.

Dieſes iſt der Entwurf meiner Anſchlaͤge. Steht,
Kerls! Tantara ‒ ‒ ra ‒ ‒ ra! Schwenckt die Fah-
nen. Fechtet vor euren Koͤnig.



Der fuͤnf und ſechszigſte Brief
von
Herrn Lovelace an Herrn Johann Belfors.

Bin in der Kirche geweſen, Bruder! meine
Sachen herrlich gemacht! fromm, abſcheulich
fromm geweſen! Nun iſt mein Kind mit mir zu frie-
den, denn ich gab genau auf die Predigt Achtung,
und betete fleißig mit. Jch lies die Augen nicht her-
umſchweiffen: ich konnte ſie auch nicht herumſchweif-
fen laſſen, weil das liebenswuͤrdigſte Bild in der Kir-
che mir gegen uͤber ſaß.

Das liebe Kind! Wie andaͤchtig! Wie liebens-
wuͤrdig war es in ſeiner Andacht! Es hat mir be-
kennen muͤſſen, daß es fuͤr mich gebetet hat. Ein
Gebet, das aus einem ſo reinen Hertzen kommt,
kann ohnmoͤglich unerhoͤret bleiben.

Es hat warhaftig der oͤffentliche Gottes-Dienſt
ſeine unleugbaren Schoͤnheiten und Vortreflichkeiten.

Der
H h 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div>
          <pb facs="#f0501" n="487"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Kerl, du wir&#x017F;t mir nicht wollen Lehren geben, die<lb/>
du vielleicht von einem alten Schulmei&#x017F;ter er&#x017F;chnap-<lb/>
pet ha&#x017F;t: du wir&#x017F;t deinem Oberhaupte nicht ungehor-<lb/>
&#x017F;am werden. Kan&#x017F;t du Narre dencken, daß ich<lb/>
das liebe Ma&#x0364;dchen um&#x017F;on&#x017F;t hieher gebracht haben<lb/>
will.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;es i&#x017F;t der Entwurf meiner An&#x017F;chla&#x0364;ge. Steht,<lb/>
Kerls! <hi rendition="#fr">Tantara &#x2012; &#x2012; ra &#x2012; &#x2012; ra!</hi> Schwenckt die Fah-<lb/>
nen. Fechtet vor euren Ko&#x0364;nig.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#fr">Der fu&#x0364;nf und &#x017F;echszig&#x017F;te Brief</hi><lb/>
von<lb/><hi rendition="#fr">Herrn Lovelace an Herrn Johann Belfors.</hi></head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Sonntags.</hi> </dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">B</hi>in in der Kirche gewe&#x017F;en, Bruder! meine<lb/>
Sachen herrlich gemacht! fromm, ab&#x017F;cheulich<lb/>
fromm gewe&#x017F;en! Nun i&#x017F;t mein Kind mit mir zu frie-<lb/>
den, denn ich gab genau auf die Predigt Achtung,<lb/>
und betete fleißig mit. Jch lies die Augen nicht her-<lb/>
um&#x017F;chweiffen: ich konnte &#x017F;ie auch nicht herum&#x017F;chweif-<lb/>
fen la&#x017F;&#x017F;en, weil das liebenswu&#x0364;rdig&#x017F;te Bild in der Kir-<lb/>
che mir gegen u&#x0364;ber &#x017F;aß.</p><lb/>
          <p>Das liebe Kind! Wie anda&#x0364;chtig! Wie liebens-<lb/>
wu&#x0364;rdig war es in &#x017F;einer Andacht! Es hat mir be-<lb/>
kennen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, daß es fu&#x0364;r mich gebetet hat. Ein<lb/>
Gebet, das aus einem &#x017F;o reinen Hertzen kommt,<lb/>
kann ohnmo&#x0364;glich unerho&#x0364;ret bleiben.</p><lb/>
          <p>Es hat warhaftig der o&#x0364;ffentliche Gottes-Dien&#x017F;t<lb/>
&#x017F;eine unleugbaren Scho&#x0364;nheiten und Vortreflichkeiten.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H h 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[487/0501] Kerl, du wirſt mir nicht wollen Lehren geben, die du vielleicht von einem alten Schulmeiſter erſchnap- pet haſt: du wirſt deinem Oberhaupte nicht ungehor- ſam werden. Kanſt du Narre dencken, daß ich das liebe Maͤdchen umſonſt hieher gebracht haben will. Dieſes iſt der Entwurf meiner Anſchlaͤge. Steht, Kerls! Tantara ‒ ‒ ra ‒ ‒ ra! Schwenckt die Fah- nen. Fechtet vor euren Koͤnig. Der fuͤnf und ſechszigſte Brief von Herrn Lovelace an Herrn Johann Belfors. Sonntags. Bin in der Kirche geweſen, Bruder! meine Sachen herrlich gemacht! fromm, abſcheulich fromm geweſen! Nun iſt mein Kind mit mir zu frie- den, denn ich gab genau auf die Predigt Achtung, und betete fleißig mit. Jch lies die Augen nicht her- umſchweiffen: ich konnte ſie auch nicht herumſchweif- fen laſſen, weil das liebenswuͤrdigſte Bild in der Kir- che mir gegen uͤber ſaß. Das liebe Kind! Wie andaͤchtig! Wie liebens- wuͤrdig war es in ſeiner Andacht! Es hat mir be- kennen muͤſſen, daß es fuͤr mich gebetet hat. Ein Gebet, das aus einem ſo reinen Hertzen kommt, kann ohnmoͤglich unerhoͤret bleiben. Es hat warhaftig der oͤffentliche Gottes-Dienſt ſeine unleugbaren Schoͤnheiten und Vortreflichkeiten. Der H h 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/501
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/501>, abgerufen am 22.12.2024.