Vergeben sie mir Fräulein! Jch habe nur noch ein Wort zu reden. Sagen sie nicht selbst, daß ich mein Leben gewaget habe, sie aus ihrer Scla- verey zu befreyen? Und unterstehe ich mich den Lohn dafür anders als Bittweise zu verlangen? Denn haben sie mir nicht die Bedingung, die har- te Bedingung vorgeschrieben, die ich aber dennoch heilig halten will: daß ich nur eine entfernte Hoff- nung haben soll: und daß sie die Freyheit haben wollen, Ja oder Nein zu meiner Bitte sagen zu dürfen?
(Sehen Sie, mein Schatz, wie sich meine Um- stände in allen Stücken verschlimmert haben. Stehet es nun noch bey mir, Jhtem Rath zu fol- gen, wenn ich gleich einsehe, daß ich ihm folgen sollte?)
Haben sie sich nicht so gar erkläret, daß sie mir auf ewig absagen wollen, wenn ihre Freunde die- se grausahme Absagung als eine Bedingung ihrer Aussöhnung fodern?
Allein, Fräulein, ich will den Ruhm allein und ungetheilt haben, daß ich sie von einem harten Zwang erlöset habe. Jch will mich dieser That rühmen, wenn ich sie auch verlieren sollte, wie ver- muthlich geschehen wird, da sie jetzt mit mir so übel zufrieden sind, und gewiß geschehen wird, wenn ihre Freunde auf die Bedingungen dringen, die sie einzugehen willig sind. Daß sie über sich selbst zu befehlen haben, daß ist mein Werck und mein Ruhm: daß sage ich nochmahls. Und ich bitte sie um ihr Hertz und Zuneigung, als eine
völ-
Vergeben ſie mir Fraͤulein! Jch habe nur noch ein Wort zu reden. Sagen ſie nicht ſelbſt, daß ich mein Leben gewaget habe, ſie aus ihrer Scla- verey zu befreyen? Und unterſtehe ich mich den Lohn dafuͤr anders als Bittweiſe zu verlangen? Denn haben ſie mir nicht die Bedingung, die har- te Bedingung vorgeſchrieben, die ich aber dennoch heilig halten will: daß ich nur eine entfernte Hoff- nung haben ſoll: und daß ſie die Freyheit haben wollen, Ja oder Nein zu meiner Bitte ſagen zu duͤrfen?
(Sehen Sie, mein Schatz, wie ſich meine Um- ſtaͤnde in allen Stuͤcken verſchlimmert haben. Stehet es nun noch bey mir, Jhtem Rath zu fol- gen, wenn ich gleich einſehe, daß ich ihm folgen ſollte?)
Haben ſie ſich nicht ſo gar erklaͤret, daß ſie mir auf ewig abſagen wollen, wenn ihre Freunde die- ſe grauſahme Abſagung als eine Bedingung ihrer Ausſoͤhnung fodern?
Allein, Fraͤulein, ich will den Ruhm allein und ungetheilt haben, daß ich ſie von einem harten Zwang erloͤſet habe. Jch will mich dieſer That ruͤhmen, wenn ich ſie auch verlieren ſollte, wie ver- muthlich geſchehen wird, da ſie jetzt mit mir ſo uͤbel zufrieden ſind, und gewiß geſchehen wird, wenn ihre Freunde auf die Bedingungen dringen, die ſie einzugehen willig ſind. Daß ſie uͤber ſich ſelbſt zu befehlen haben, daß iſt mein Werck und mein Ruhm: daß ſage ich nochmahls. Und ich bitte ſie um ihr Hertz und Zuneigung, als eine
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Vergeben ſie mir Fraͤulein! Jch habe nur noch
ein Wort zu reden. Sagen ſie nicht ſelbſt, daß
ich mein Leben gewaget habe, ſie aus ihrer Scla-
verey zu befreyen? Und unterſtehe ich mich den
Lohn dafuͤr anders als Bittweiſe zu verlangen?
Denn haben ſie mir nicht die Bedingung, die har-
te Bedingung vorgeſchrieben, die ich aber dennoch
heilig halten will: daß ich nur eine entfernte Hoff-
nung haben ſoll: und daß ſie die Freyheit haben
wollen, Ja oder Nein zu meiner Bitte ſagen zu
duͤrfen?
(Sehen Sie, mein Schatz, wie ſich meine Um-
ſtaͤnde in allen Stuͤcken verſchlimmert haben.
Stehet es nun noch bey mir, Jhtem Rath zu fol-
gen, wenn ich gleich einſehe, daß ich ihm folgen
ſollte?)
Haben ſie ſich nicht ſo gar erklaͤret, daß ſie mir
auf ewig abſagen wollen, wenn ihre Freunde die-
ſe grauſahme Abſagung als eine Bedingung ihrer
Ausſoͤhnung fodern?
Allein, Fraͤulein, ich will den Ruhm allein und
ungetheilt haben, daß ich ſie von einem harten
Zwang erloͤſet habe. Jch will mich dieſer That
ruͤhmen, wenn ich ſie auch verlieren ſollte, wie ver-
muthlich geſchehen wird, da ſie jetzt mit mir ſo
uͤbel zufrieden ſind, und gewiß geſchehen wird,
wenn ihre Freunde auf die Bedingungen dringen,
die ſie einzugehen willig ſind. Daß ſie uͤber ſich
ſelbſt zu befehlen haben, daß iſt mein Werck und
mein Ruhm: daß ſage ich nochmahls. Und ich
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/77>, abgerufen am 22.12.2024.
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