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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.

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und unser Vermögen mit einer Person theilen,
(unser Vermögen theilen wir nicht einmahl mit der
Maitresse, sondern sie wird so klug seyn, und drey
Vierthel für sich nehmen) die von niedrigem
Stande und Erziehung ist, und uns nichs zuge-
bracht hat? Mit einer Person, von der wir wei-
ter nichts zu gewarten haben, als die liederlichen
Vergnügungen, deren man sich nicht ohne Schan-
de rühmen kann, und an die man nie gedenken
kann, ohne sich und die verächtliche Wohlthäterin
zu beschämen?

Je älter wir werden, je mehr verlieret sich die
Raserey unserer wilden Jahre. Wir bekommen
andere Absichten, die unsere Lust zu dem herum-
schwärmenden Leben vermindern, und uns den
Ehestand von Tage zu Tage angenehmer machen.

Wenn wir Kinder haben, und glauben, daß
es unsre eigenen Kinder sind, und unsere Güter
nicht für unser liederliches Leben hingegeben sind:
so werden wir zu spät bedauren, daß wir uns durch
unsere so hoch gepriesene Freyheit die Hände selbst
gebunden, und uns des angenehmen Rechts bege-
ben haben, unsern Nachkommen das Unsrige zu
hinterlassen. Denn unsere Güter fallen an unsere
Anverwandten, nach denen wir nichts fragen, sie
mögen nahe oder weitläuftige Anverwandten seyn,
und die uns vielleicht wegen unserer liederlichen
Lebensart verachtet haben, wenn sie selbst tugend-
haft sind.

Wenn wir auch mit unserer Verlassenschaft
nach eigenem Belieben schalten und walten können,

so
J 5



und unſer Vermoͤgen mit einer Perſon theilen,
(unſer Vermoͤgen theilen wir nicht einmahl mit der
Maitreſſe, ſondern ſie wird ſo klug ſeyn, und drey
Vierthel fuͤr ſich nehmen) die von niedrigem
Stande und Erziehung iſt, und uns nichs zuge-
bracht hat? Mit einer Perſon, von der wir wei-
ter nichts zu gewarten haben, als die liederlichen
Vergnuͤgungen, deren man ſich nicht ohne Schan-
de ruͤhmen kann, und an die man nie gedenken
kann, ohne ſich und die veraͤchtliche Wohlthaͤterin
zu beſchaͤmen?

Je aͤlter wir werden, je mehr verlieret ſich die
Raſerey unſerer wilden Jahre. Wir bekommen
andere Abſichten, die unſere Luſt zu dem herum-
ſchwaͤrmenden Leben vermindern, und uns den
Eheſtand von Tage zu Tage angenehmer machen.

Wenn wir Kinder haben, und glauben, daß
es unſre eigenen Kinder ſind, und unſere Guͤter
nicht fuͤr unſer liederliches Leben hingegeben ſind:
ſo werden wir zu ſpaͤt bedauren, daß wir uns durch
unſere ſo hoch geprieſene Freyheit die Haͤnde ſelbſt
gebunden, und uns des angenehmen Rechts bege-
ben haben, unſern Nachkommen das Unſrige zu
hinterlaſſen. Denn unſere Guͤter fallen an unſere
Anverwandten, nach denen wir nichts fragen, ſie
moͤgen nahe oder weitlaͤuftige Anverwandten ſeyn,
und die uns vielleicht wegen unſerer liederlichen
Lebensart verachtet haben, wenn ſie ſelbſt tugend-
haft ſind.

Wenn wir auch mit unſerer Verlaſſenſchaft
nach eigenem Belieben ſchalten und walten koͤnnen,

ſo
J 5
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[137/0143] und unſer Vermoͤgen mit einer Perſon theilen, (unſer Vermoͤgen theilen wir nicht einmahl mit der Maitreſſe, ſondern ſie wird ſo klug ſeyn, und drey Vierthel fuͤr ſich nehmen) die von niedrigem Stande und Erziehung iſt, und uns nichs zuge- bracht hat? Mit einer Perſon, von der wir wei- ter nichts zu gewarten haben, als die liederlichen Vergnuͤgungen, deren man ſich nicht ohne Schan- de ruͤhmen kann, und an die man nie gedenken kann, ohne ſich und die veraͤchtliche Wohlthaͤterin zu beſchaͤmen? Je aͤlter wir werden, je mehr verlieret ſich die Raſerey unſerer wilden Jahre. Wir bekommen andere Abſichten, die unſere Luſt zu dem herum- ſchwaͤrmenden Leben vermindern, und uns den Eheſtand von Tage zu Tage angenehmer machen. Wenn wir Kinder haben, und glauben, daß es unſre eigenen Kinder ſind, und unſere Guͤter nicht fuͤr unſer liederliches Leben hingegeben ſind: ſo werden wir zu ſpaͤt bedauren, daß wir uns durch unſere ſo hoch geprieſene Freyheit die Haͤnde ſelbſt gebunden, und uns des angenehmen Rechts bege- ben haben, unſern Nachkommen das Unſrige zu hinterlaſſen. Denn unſere Guͤter fallen an unſere Anverwandten, nach denen wir nichts fragen, ſie moͤgen nahe oder weitlaͤuftige Anverwandten ſeyn, und die uns vielleicht wegen unſerer liederlichen Lebensart verachtet haben, wenn ſie ſelbſt tugend- haft ſind. Wenn wir auch mit unſerer Verlaſſenſchaft nach eigenem Belieben ſchalten und walten koͤnnen, ſo J 5

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/143>, abgerufen am 21.11.2024.