Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite



mals meinete noch jedermann, daß ich in kurtzer
Zeit Hochzeit halten würde.

Jch muß zwar gestehen, daß ich nicht gern
mit dergleichen Leuten zu thun habe, die den Zoll
betriegen. Was thut man dadurch anders, als
daß man die Gesetze seines Landes übertrit, ehrli-
chen Kaufleuten ihre Nahrung nimmt, und die
Einkünfte des Königs schmälert, deren Abgang
vermuthlich durch neue Auflagen ersetzt werden
muß? Jndessen bin ich doch mit Frau Townsend
gut Freund, ob ich gleich noch nicht mit ihr gehan-
delt habe. Sie ist eine verständige Frau, und bey
Gelegenheit ihres Handels östers ausser Landes ge-
wesen: sie weiß von allen, was sie gesehen hat,
sehr gute Nachricht zu geben. Sie hat mich ge-
beten, daß ich sie mit Jhnen bekannt machen möch-
te; denn sie sucht insonderheit mit dergleichen
Frauenzimmer Bekanntschaft, von denen man
glaubt, daß sie sich bald verändern möchten.
Jch hoffe, daß ich diese Frau dahin bringen woll-
te, Jhnen eine Zuflucht in ihrem Hause zu gestatten:
Deptfort soll ein ansehnliches und volckreiches
Dorf seyn, und ich glaube, man würde Sie daselbst
am wenigsten suchen. Die Frau Downsend
kann sich zwar wegen ihrer Handlung nicht viel zu
Deptfort aufhalten: allein sie muß doch eine zu-
verläßige Person in ihrem Hause haben: und Sie
könnten vielleicht bey ihr sicher seyn, bis daß ihr
Vetter Morden ankommt. Jch glaube, Sie
thäten wohl, wenn Sie sogleich an diesen schrieben,
ob ich gleich nicht weiß, was Sie schreiben sollen,

son-



mals meinete noch jedermann, daß ich in kurtzer
Zeit Hochzeit halten wuͤrde.

Jch muß zwar geſtehen, daß ich nicht gern
mit dergleichen Leuten zu thun habe, die den Zoll
betriegen. Was thut man dadurch anders, als
daß man die Geſetze ſeines Landes uͤbertrit, ehrli-
chen Kaufleuten ihre Nahrung nimmt, und die
Einkuͤnfte des Koͤnigs ſchmaͤlert, deren Abgang
vermuthlich durch neue Auflagen erſetzt werden
muß? Jndeſſen bin ich doch mit Frau Townsend
gut Freund, ob ich gleich noch nicht mit ihr gehan-
delt habe. Sie iſt eine verſtaͤndige Frau, und bey
Gelegenheit ihres Handels oͤſters auſſer Landes ge-
weſen: ſie weiß von allen, was ſie geſehen hat,
ſehr gute Nachricht zu geben. Sie hat mich ge-
beten, daß ich ſie mit Jhnen bekannt machen moͤch-
te; denn ſie ſucht inſonderheit mit dergleichen
Frauenzimmer Bekanntſchaft, von denen man
glaubt, daß ſie ſich bald veraͤndern moͤchten.
Jch hoffe, daß ich dieſe Frau dahin bringen woll-
te, Jhnen eine Zuflucht in ihrem Hauſe zu geſtatten:
Deptfort ſoll ein anſehnliches und volckreiches
Dorf ſeyn, und ich glaube, man wuͤrde Sie daſelbſt
am wenigſten ſuchen. Die Frau Downsend
kann ſich zwar wegen ihrer Handlung nicht viel zu
Deptfort aufhalten: allein ſie muß doch eine zu-
verlaͤßige Perſon in ihrem Hauſe haben: und Sie
koͤnnten vielleicht bey ihr ſicher ſeyn, bis daß ihr
Vetter Morden ankommt. Jch glaube, Sie
thaͤten wohl, wenn Sie ſogleich an dieſen ſchrieben,
ob ich gleich nicht weiß, was Sie ſchreiben ſollen,

ſon-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0166" n="160"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
mals meinete noch jedermann, daß ich in kurtzer<lb/>
Zeit Hochzeit halten wu&#x0364;rde.</p><lb/>
          <p>Jch muß zwar ge&#x017F;tehen, daß ich nicht gern<lb/>
mit dergleichen Leuten zu thun habe, die den Zoll<lb/>
betriegen. Was thut man dadurch anders, als<lb/>
daß man die Ge&#x017F;etze &#x017F;eines Landes u&#x0364;bertrit, ehrli-<lb/>
chen Kaufleuten ihre Nahrung nimmt, und die<lb/>
Einku&#x0364;nfte des Ko&#x0364;nigs &#x017F;chma&#x0364;lert, deren Abgang<lb/>
vermuthlich durch neue Auflagen er&#x017F;etzt werden<lb/>
muß? Jnde&#x017F;&#x017F;en bin ich doch mit Frau <hi rendition="#fr">Townsend</hi><lb/>
gut Freund, ob ich gleich noch nicht mit ihr gehan-<lb/>
delt habe. Sie i&#x017F;t eine ver&#x017F;ta&#x0364;ndige Frau, und bey<lb/>
Gelegenheit ihres Handels o&#x0364;&#x017F;ters au&#x017F;&#x017F;er Landes ge-<lb/>
we&#x017F;en: &#x017F;ie weiß von allen, was &#x017F;ie ge&#x017F;ehen hat,<lb/>
&#x017F;ehr gute Nachricht zu geben. Sie hat mich ge-<lb/>
beten, daß ich &#x017F;ie mit Jhnen bekannt machen mo&#x0364;ch-<lb/>
te; denn &#x017F;ie &#x017F;ucht in&#x017F;onderheit mit dergleichen<lb/>
Frauenzimmer Bekannt&#x017F;chaft, von denen man<lb/>
glaubt, daß &#x017F;ie &#x017F;ich bald vera&#x0364;ndern mo&#x0364;chten.<lb/>
Jch hoffe, daß ich die&#x017F;e Frau dahin bringen woll-<lb/>
te, Jhnen eine Zuflucht in ihrem Hau&#x017F;e zu ge&#x017F;tatten:<lb/><hi rendition="#fr">Deptfort</hi> &#x017F;oll ein an&#x017F;ehnliches und volckreiches<lb/>
Dorf &#x017F;eyn, und ich glaube, man wu&#x0364;rde Sie da&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
am wenig&#x017F;ten &#x017F;uchen. Die Frau <hi rendition="#fr">Downsend</hi><lb/>
kann &#x017F;ich zwar wegen ihrer Handlung nicht viel zu<lb/><hi rendition="#fr">Deptfort</hi> aufhalten: allein &#x017F;ie muß doch eine zu-<lb/>
verla&#x0364;ßige Per&#x017F;on in ihrem Hau&#x017F;e haben: und Sie<lb/>
ko&#x0364;nnten vielleicht bey ihr &#x017F;icher &#x017F;eyn, bis daß ihr<lb/>
Vetter <hi rendition="#fr">Morden</hi> ankommt. Jch glaube, Sie<lb/>
tha&#x0364;ten wohl, wenn Sie &#x017F;ogleich an die&#x017F;en &#x017F;chrieben,<lb/>
ob ich gleich nicht weiß, was Sie &#x017F;chreiben &#x017F;ollen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;on-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0166] mals meinete noch jedermann, daß ich in kurtzer Zeit Hochzeit halten wuͤrde. Jch muß zwar geſtehen, daß ich nicht gern mit dergleichen Leuten zu thun habe, die den Zoll betriegen. Was thut man dadurch anders, als daß man die Geſetze ſeines Landes uͤbertrit, ehrli- chen Kaufleuten ihre Nahrung nimmt, und die Einkuͤnfte des Koͤnigs ſchmaͤlert, deren Abgang vermuthlich durch neue Auflagen erſetzt werden muß? Jndeſſen bin ich doch mit Frau Townsend gut Freund, ob ich gleich noch nicht mit ihr gehan- delt habe. Sie iſt eine verſtaͤndige Frau, und bey Gelegenheit ihres Handels oͤſters auſſer Landes ge- weſen: ſie weiß von allen, was ſie geſehen hat, ſehr gute Nachricht zu geben. Sie hat mich ge- beten, daß ich ſie mit Jhnen bekannt machen moͤch- te; denn ſie ſucht inſonderheit mit dergleichen Frauenzimmer Bekanntſchaft, von denen man glaubt, daß ſie ſich bald veraͤndern moͤchten. Jch hoffe, daß ich dieſe Frau dahin bringen woll- te, Jhnen eine Zuflucht in ihrem Hauſe zu geſtatten: Deptfort ſoll ein anſehnliches und volckreiches Dorf ſeyn, und ich glaube, man wuͤrde Sie daſelbſt am wenigſten ſuchen. Die Frau Downsend kann ſich zwar wegen ihrer Handlung nicht viel zu Deptfort aufhalten: allein ſie muß doch eine zu- verlaͤßige Perſon in ihrem Hauſe haben: und Sie koͤnnten vielleicht bey ihr ſicher ſeyn, bis daß ihr Vetter Morden ankommt. Jch glaube, Sie thaͤten wohl, wenn Sie ſogleich an dieſen ſchrieben, ob ich gleich nicht weiß, was Sie ſchreiben ſollen, ſon-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/166
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/166>, abgerufen am 21.11.2024.