So schläfrig, unwerthester Herr! hätte ich bald gesagt. Jch sagte aber weiter nichts als: allerdings! mit einem solchen Gesichte, als woll- te ich sagen: wollen sie ungehorsam seyn?
Er bat um Verzeihung! Er sähe nichts, was dagegen einzuwenden wäre. - - Allein ob er den Aufsatz nicht noch einmahl sehen dürfte?
Es ist nicht nöthig! - - Gar nicht nöthig! ich wollte den Aufsatz nur meiner Mutter zeigen. Die ist bey keinem Advocaten gewesen, und verste- het doch auf einen Blick von allen den Rechts- Drehereyen mehr, als die Hälfte der geschwätzigen Tage-Diebe. Allein ich darf es nicht thun, weil sie nicht wissen soll, daß ich noch Briefe mit der Fräulein Harlowe wechsele.
Jch rathe also, lassen Sie die Ehestiftung in das reine schreiben, und sie auf eine rechtskräftige Weise ausfertigen. Weiter ist nichts dabey zu sagen.
Der Schiffer hat mit Kitty geplaudert, und Geld geboten, wenn er Jhren Aufenthalt er- fahren könnte. Wenn er wieder kommt, und ich nicht mehr von ihm heraus bekomme, so will ich ihn durch den tiefsten Fisch-Teich ziehen lassen. Es ist genug, daß er mein Cammermädchen hat bestechen wollen.
Jch schicke diesen Brief so gleich ab: ich geden- cke aber bald wieder zu schreiben, und Jhnen einige Nachrichten zu geben, die mich selbst, meine Mut- ter und Jhren Onckle Anton betreffen. Weil sich Jhre Umstände zu bessern scheinen, so werde ich
suchen
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So ſchlaͤfrig, unwertheſter Herr! haͤtte ich bald geſagt. Jch ſagte aber weiter nichts als: allerdings! mit einem ſolchen Geſichte, als woll- te ich ſagen: wollen ſie ungehorſam ſeyn?
Er bat um Verzeihung! Er ſaͤhe nichts, was dagegen einzuwenden waͤre. ‒ ‒ Allein ob er den Aufſatz nicht noch einmahl ſehen duͤrfte?
Es iſt nicht noͤthig! ‒ ‒ Gar nicht noͤthig! ich wollte den Aufſatz nur meiner Mutter zeigen. Die iſt bey keinem Advocaten geweſen, und verſte- het doch auf einen Blick von allen den Rechts- Drehereyen mehr, als die Haͤlfte der geſchwaͤtzigen Tage-Diebe. Allein ich darf es nicht thun, weil ſie nicht wiſſen ſoll, daß ich noch Briefe mit der Fraͤulein Harlowe wechſele.
Jch rathe alſo, laſſen Sie die Eheſtiftung in das reine ſchreiben, und ſie auf eine rechtskraͤftige Weiſe ausfertigen. Weiter iſt nichts dabey zu ſagen.
Der Schiffer hat mit Kitty geplaudert, und Geld geboten, wenn er Jhren Aufenthalt er- fahren koͤnnte. Wenn er wieder kommt, und ich nicht mehr von ihm heraus bekomme, ſo will ich ihn durch den tiefſten Fiſch-Teich ziehen laſſen. Es iſt genug, daß er mein Cammermaͤdchen hat beſtechen wollen.
Jch ſchicke dieſen Brief ſo gleich ab: ich geden- cke aber bald wieder zu ſchreiben, und Jhnen einige Nachrichten zu geben, die mich ſelbſt, meine Mut- ter und Jhren Onckle Anton betreffen. Weil ſich Jhre Umſtaͤnde zu beſſern ſcheinen, ſo werde ich
ſuchen
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So ſchlaͤfrig, unwertheſter Herr! haͤtte ich
bald geſagt. Jch ſagte aber weiter nichts als:
allerdings! mit einem ſolchen Geſichte, als woll-
te ich ſagen: wollen ſie ungehorſam ſeyn?
Er bat um Verzeihung! Er ſaͤhe nichts, was
dagegen einzuwenden waͤre. ‒ ‒ Allein ob er den
Aufſatz nicht noch einmahl ſehen duͤrfte?
Es iſt nicht noͤthig! ‒ ‒ Gar nicht noͤthig!
ich wollte den Aufſatz nur meiner Mutter zeigen.
Die iſt bey keinem Advocaten geweſen, und verſte-
het doch auf einen Blick von allen den Rechts-
Drehereyen mehr, als die Haͤlfte der geſchwaͤtzigen
Tage-Diebe. Allein ich darf es nicht thun, weil
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Jch rathe alſo, laſſen Sie die Eheſtiftung in
das reine ſchreiben, und ſie auf eine rechtskraͤftige
Weiſe ausfertigen. Weiter iſt nichts dabey zu
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/169>, abgerufen am 24.11.2024.
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