Jch hoffe, daß mein Sonnenschein sie endlich so betriegen soll, daß sie den Mantel ableget. Jch thue recht: denn die Fräulein Howe gebraucht eine Zollbetriegerin gegen mich. Wir warten nun mit Schmertzen auf meines Onckels Brief.
Fast hätte ich vergessen, dir zu melden, daß ich durch einen besondern Umstand in große Un- ruhe gesetzet bin. Ein wohlgekleideter Mann hat sich gestern nach mir und meiner Liebsten er- kundiget. Er hat die Dorcas nach eines Kauf- manns Hause hohlen lassen, und ihr allerhand Fragen vorgeleget, insonderheit diese: ob wir getrauet wären, da wir doch beyde in einem Hau- se wohneten?
Mein Kind ist hierüber voller Sorgen. Jch konnte mich nicht enthalten, ihr hiebey zu Ge- müthe zu führen, wie nützlich es uns jetzt sey, daß wir uns für verheyrathet ausgegeben hätten. Es sey vermuthlich, daß ihr Bruder diesen Mann abgeschicket habe: vielleicht würden wir weiter nichts von seinen Anschlägen hören, wenn er erst glaubte, daß wir verheyrathet wären. Es hatte das Ansehen, als wenn der Mann gern den Tag wissen wollte, an dem wir getrauet wären: al- lein Dorcas wollte weiter nichts sagen, als, daß wir wirklich getrauet wären, und sie war desto mehr geheim, weil er ihr nicht sagen wollte, in welcher Absicht er sich so genau erkundigte.
Der
Jch hoffe, daß mein Sonnenſchein ſie endlich ſo betriegen ſoll, daß ſie den Mantel ableget. Jch thue recht: denn die Fraͤulein Howe gebraucht eine Zollbetriegerin gegen mich. Wir warten nun mit Schmertzen auf meines Onckels Brief.
Faſt haͤtte ich vergeſſen, dir zu melden, daß ich durch einen beſondern Umſtand in große Un- ruhe geſetzet bin. Ein wohlgekleideter Mann hat ſich geſtern nach mir und meiner Liebſten er- kundiget. Er hat die Dorcas nach eines Kauf- manns Hauſe hohlen laſſen, und ihr allerhand Fragen vorgeleget, inſonderheit dieſe: ob wir getrauet waͤren, da wir doch beyde in einem Hau- ſe wohneten?
Mein Kind iſt hieruͤber voller Sorgen. Jch konnte mich nicht enthalten, ihr hiebey zu Ge- muͤthe zu fuͤhren, wie nuͤtzlich es uns jetzt ſey, daß wir uns fuͤr verheyrathet ausgegeben haͤtten. Es ſey vermuthlich, daß ihr Bruder dieſen Mann abgeſchicket habe: vielleicht wuͤrden wir weiter nichts von ſeinen Anſchlaͤgen hoͤren, wenn er erſt glaubte, daß wir verheyrathet waͤren. Es hatte das Anſehen, als wenn der Mann gern den Tag wiſſen wollte, an dem wir getrauet waͤren: al- lein Dorcas wollte weiter nichts ſagen, als, daß wir wirklich getrauet waͤren, und ſie war deſto mehr geheim, weil er ihr nicht ſagen wollte, in welcher Abſicht er ſich ſo genau erkundigte.
Der
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0289"n="283"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
Jch hoffe, daß mein Sonnenſchein ſie endlich ſo<lb/>
betriegen ſoll, daß ſie den Mantel ableget. Jch<lb/>
thue recht: denn die Fraͤulein <hirendition="#fr">Howe</hi> gebraucht<lb/>
eine Zollbetriegerin gegen mich. Wir warten<lb/>
nun mit Schmertzen auf meines Onckels Brief.</p><lb/><p>Faſt haͤtte ich vergeſſen, dir zu melden, daß<lb/>
ich durch einen beſondern Umſtand in große Un-<lb/>
ruhe geſetzet bin. Ein wohlgekleideter Mann<lb/>
hat ſich geſtern nach mir und meiner Liebſten er-<lb/>
kundiget. Er hat die <hirendition="#fr">Dorcas</hi> nach eines Kauf-<lb/>
manns Hauſe hohlen laſſen, und ihr allerhand<lb/>
Fragen vorgeleget, inſonderheit dieſe: ob wir<lb/>
getrauet waͤren, da wir doch beyde in einem Hau-<lb/>ſe wohneten?</p><lb/><p>Mein Kind iſt hieruͤber voller Sorgen. Jch<lb/>
konnte mich nicht enthalten, ihr hiebey zu Ge-<lb/>
muͤthe zu fuͤhren, wie nuͤtzlich es uns jetzt ſey,<lb/>
daß wir uns fuͤr verheyrathet ausgegeben haͤtten.<lb/>
Es ſey vermuthlich, daß ihr Bruder dieſen Mann<lb/>
abgeſchicket habe: vielleicht wuͤrden wir weiter<lb/>
nichts von ſeinen Anſchlaͤgen hoͤren, wenn er erſt<lb/>
glaubte, daß wir verheyrathet waͤren. Es hatte<lb/>
das Anſehen, als wenn der Mann gern den Tag<lb/>
wiſſen wollte, an dem wir getrauet waͤren: al-<lb/>
lein <hirendition="#fr">Dorcas</hi> wollte weiter nichts ſagen, als, daß<lb/>
wir wirklich getrauet waͤren, und ſie war deſto<lb/>
mehr geheim, weil er ihr nicht ſagen wollte, in<lb/>
welcher Abſicht er ſich ſo genau erkundigte.</p></div><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">Der</hi></fw><lb/></div></body></text></TEI>
[283/0289]
Jch hoffe, daß mein Sonnenſchein ſie endlich ſo
betriegen ſoll, daß ſie den Mantel ableget. Jch
thue recht: denn die Fraͤulein Howe gebraucht
eine Zollbetriegerin gegen mich. Wir warten
nun mit Schmertzen auf meines Onckels Brief.
Faſt haͤtte ich vergeſſen, dir zu melden, daß
ich durch einen beſondern Umſtand in große Un-
ruhe geſetzet bin. Ein wohlgekleideter Mann
hat ſich geſtern nach mir und meiner Liebſten er-
kundiget. Er hat die Dorcas nach eines Kauf-
manns Hauſe hohlen laſſen, und ihr allerhand
Fragen vorgeleget, inſonderheit dieſe: ob wir
getrauet waͤren, da wir doch beyde in einem Hau-
ſe wohneten?
Mein Kind iſt hieruͤber voller Sorgen. Jch
konnte mich nicht enthalten, ihr hiebey zu Ge-
muͤthe zu fuͤhren, wie nuͤtzlich es uns jetzt ſey,
daß wir uns fuͤr verheyrathet ausgegeben haͤtten.
Es ſey vermuthlich, daß ihr Bruder dieſen Mann
abgeſchicket habe: vielleicht wuͤrden wir weiter
nichts von ſeinen Anſchlaͤgen hoͤren, wenn er erſt
glaubte, daß wir verheyrathet waͤren. Es hatte
das Anſehen, als wenn der Mann gern den Tag
wiſſen wollte, an dem wir getrauet waͤren: al-
lein Dorcas wollte weiter nichts ſagen, als, daß
wir wirklich getrauet waͤren, und ſie war deſto
mehr geheim, weil er ihr nicht ſagen wollte, in
welcher Abſicht er ſich ſo genau erkundigte.
Der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/289>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.