lich wäre, da Sie sich so gern die Freyheit neh- men, andern zu widersprechen.
Ob ich gleich nicht wollte, daß Sie ein Hoff- Schmeichler würden, so wünsche ich doch auch nicht, daß Sie sich zu der Parthey der Misver- gnügten schlagen sollen. Jch erinnere mich noch immer dessen, was mein alter Freund Archibald Hutcheson sagte; denn ich habe mir es gleich aufgeschrieben und es ist ein sehr weiser Gedan- cke: (mich dünckt, es war der Secretair Craggs, zu dem er es sagte) "ich glaube von der Regie- "rung, daß sie jedes mahl ein Recht an mein Ja "hat, wenn ich ihr meine Stimme mit gutem Ge- "wissen geben kann. Denn das Unterhaus soll "es der Regierung nie ohne Noth schwer machen. "Es ist mir jedesmahl leid gewesen, wenn ich ihr "meine Stimme nicht habe geben konnen; und "ich hätte aus Liebe zu meinem Vater-Lande im- "mer gewünschet, daß die Absicht der Regierung "von der Art gewesen wäre, daß ich sie mit gutem "Gewissen hätte befördern helfen können."
Er hat noch einen andern merckwürdigen Spruch gehabt. Er lautete also: "es ist eben so "wenig glaublich, daß die beständig Unrecht ha- "ben, die sich der Regierung widersetzen, als daß "die Regierung immer Unrecht haben sollte. Wer "deswegen der einen Parthey beständig zuwider "ist, der verräth eine geheime und böse Absicht, "die er sich scheuet zu offenbahren."
Sind diese Gedancken nicht gut? Sind sie werth verachtet zu werden? Und warum verach-
ten
lich waͤre, da Sie ſich ſo gern die Freyheit neh- men, andern zu widerſprechen.
Ob ich gleich nicht wollte, daß Sie ein Hoff- Schmeichler wuͤrden, ſo wuͤnſche ich doch auch nicht, daß Sie ſich zu der Parthey der Misver- gnuͤgten ſchlagen ſollen. Jch erinnere mich noch immer deſſen, was mein alter Freund Archibald Hutcheſon ſagte; denn ich habe mir es gleich aufgeſchrieben und es iſt ein ſehr weiſer Gedan- cke: (mich duͤnckt, es war der Secretair Craggs, zu dem er es ſagte) „ich glaube von der Regie- „rung, daß ſie jedes mahl ein Recht an mein Ja „hat, wenn ich ihr meine Stimme mit gutem Ge- „wiſſen geben kann. Denn das Unterhaus ſoll „es der Regierung nie ohne Noth ſchwer machen. „Es iſt mir jedesmahl leid geweſen, wenn ich ihr „meine Stimme nicht habe geben konnen; und „ich haͤtte aus Liebe zu meinem Vater-Lande im- „mer gewuͤnſchet, daß die Abſicht der Regierung „von der Art geweſen waͤre, daß ich ſie mit gutem „Gewiſſen haͤtte befoͤrdern helfen koͤnnen.„
Er hat noch einen andern merckwuͤrdigen Spruch gehabt. Er lautete alſo: „es iſt eben ſo „wenig glaublich, daß die beſtaͤndig Unrecht ha- „ben, die ſich der Regierung widerſetzen, als daß „die Regierung immer Unrecht haben ſollte. Wer „deswegen der einen Parthey beſtaͤndig zuwider „iſt, der verraͤth eine geheime und boͤſe Abſicht, „die er ſich ſcheuet zu offenbahren.„
Sind dieſe Gedancken nicht gut? Sind ſie werth verachtet zu werden? Und warum verach-
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lich waͤre, da Sie ſich ſo gern die Freyheit neh-
men, andern zu widerſprechen.
Ob ich gleich nicht wollte, daß Sie ein Hoff-
Schmeichler wuͤrden, ſo wuͤnſche ich doch auch
nicht, daß Sie ſich zu der Parthey der Misver-
gnuͤgten ſchlagen ſollen. Jch erinnere mich noch
immer deſſen, was mein alter Freund Archibald
Hutcheſon ſagte; denn ich habe mir es gleich
aufgeſchrieben und es iſt ein ſehr weiſer Gedan-
cke: (mich duͤnckt, es war der Secretair Craggs,
zu dem er es ſagte) „ich glaube von der Regie-
„rung, daß ſie jedes mahl ein Recht an mein Ja
„hat, wenn ich ihr meine Stimme mit gutem Ge-
„wiſſen geben kann. Denn das Unterhaus ſoll
„es der Regierung nie ohne Noth ſchwer machen.
„Es iſt mir jedesmahl leid geweſen, wenn ich ihr
„meine Stimme nicht habe geben konnen; und
„ich haͤtte aus Liebe zu meinem Vater-Lande im-
„mer gewuͤnſchet, daß die Abſicht der Regierung
„von der Art geweſen waͤre, daß ich ſie mit gutem
„Gewiſſen haͤtte befoͤrdern helfen koͤnnen.„
Er hat noch einen andern merckwuͤrdigen
Spruch gehabt. Er lautete alſo: „es iſt eben ſo
„wenig glaublich, daß die beſtaͤndig Unrecht ha-
„ben, die ſich der Regierung widerſetzen, als daß
„die Regierung immer Unrecht haben ſollte. Wer
„deswegen der einen Parthey beſtaͤndig zuwider
„iſt, der verraͤth eine geheime und boͤſe Abſicht,
„die er ſich ſcheuet zu offenbahren.„
Sind dieſe Gedancken nicht gut? Sind ſie
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/300>, abgerufen am 22.11.2024.
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