zum Vorschein kommen, und sich in ihren Augen, ja in jedem Zuge ihres Gesichtes zeigen.
Jch will gantz getrost bey der Sache seyn, und mich weder für Tod noch für Kranckheit fürchten. Jch will mich stellen, als wüßte ich gewiß, daß alles in ein paar Stunden vorüber seyn werde: weil ich sonst von dieser Artzeney eine sehr geschwinde Wür- kung verspüret habe, als ich auf der Jagd vom Pferde gefallen war, und eine inwendige Verletzung bekommen hatte. Jch werde glauben, daß diese Kranckheit ein Ueberbleibsel von jenem Fall sey. Wenn sie siehet, daß ich weniger aus der Unpäßlich- keit mache, als die, welche um mich sind, so wird sie glauben, daß ich keine Absicht dabey habe.
Mich dünckt, du fängst nunmehr an eine bessere Meynung von meinem Anschlage zu be- kommen. Jch wußte das schon zum voraus. Ein anderes mahl erwarte gleich etwas wunder- bares und verbanne alle Zweifel.
Und nun, Belford, wenn es ihr nicht nahe gehet, daß ich mir eine Ader gesprenget habe, welches doch bey einem so hitzigen Geblüte, als man bey mir ver- muthet, sehr gefährlich seyn kann; sonderlich wenn ich auf eine gelassene Weise meine bisherige Unruhe für die Ursache dieser Unpäßlichkeit ausgebe, und dadurch ein deutliches Zeichen meiner Liebe, die Ge- genliebe verdienet, gebe - - - -
Und was willst du denn thun, Schelm?
Jch will wenigere Gewissens Bisse empfinden, wenn ich Gewalt gebrauchen muß, denn die kann kein Mitleiden verdienen, die selbst kein Mit- leiden empfindet.
Wie
zum Vorſchein kommen, und ſich in ihren Augen, ja in jedem Zuge ihres Geſichtes zeigen.
Jch will gantz getroſt bey der Sache ſeyn, und mich weder fuͤr Tod noch fuͤr Kranckheit fuͤrchten. Jch will mich ſtellen, als wuͤßte ich gewiß, daß alles in ein paar Stunden voruͤber ſeyn werde: weil ich ſonſt von dieſer Artzeney eine ſehr geſchwinde Wuͤr- kung verſpuͤret habe, als ich auf der Jagd vom Pferde gefallen war, und eine inwendige Verletzung bekommen hatte. Jch werde glauben, daß dieſe Kranckheit ein Ueberbleibſel von jenem Fall ſey. Wenn ſie ſiehet, daß ich weniger aus der Unpaͤßlich- keit mache, als die, welche um mich ſind, ſo wird ſie glauben, daß ich keine Abſicht dabey habe.
Mich duͤnckt, du faͤngſt nunmehr an eine beſſere Meynung von meinem Anſchlage zu be- kommen. Jch wußte das ſchon zum voraus. Ein anderes mahl erwarte gleich etwas wunder- bares und verbanne alle Zweifel.
Und nun, Belford, wenn es ihr nicht nahe gehet, daß ich mir eine Ader geſprenget habe, welches doch bey einem ſo hitzigen Gebluͤte, als man bey mir ver- muthet, ſehr gefaͤhrlich ſeyn kann; ſonderlich wenn ich auf eine gelaſſene Weiſe meine bisherige Unruhe fuͤr die Urſache dieſer Unpaͤßlichkeit ausgebe, und dadurch ein deutliches Zeichen meiner Liebe, die Ge- genliebe verdienet, gebe ‒ ‒ ‒ ‒
Und was willſt du denn thun, Schelm?
Jch will wenigere Gewiſſens Biſſe empfinden, wenn ich Gewalt gebrauchen muß, denn die kann kein Mitleiden verdienen, die ſelbſt kein Mit- leiden empfindet.
Wie
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[314/0320]
zum Vorſchein kommen, und ſich in ihren Augen,
ja in jedem Zuge ihres Geſichtes zeigen.
Jch will gantz getroſt bey der Sache ſeyn, und
mich weder fuͤr Tod noch fuͤr Kranckheit fuͤrchten.
Jch will mich ſtellen, als wuͤßte ich gewiß, daß alles
in ein paar Stunden voruͤber ſeyn werde: weil ich
ſonſt von dieſer Artzeney eine ſehr geſchwinde Wuͤr-
kung verſpuͤret habe, als ich auf der Jagd vom
Pferde gefallen war, und eine inwendige Verletzung
bekommen hatte. Jch werde glauben, daß dieſe
Kranckheit ein Ueberbleibſel von jenem Fall ſey.
Wenn ſie ſiehet, daß ich weniger aus der Unpaͤßlich-
keit mache, als die, welche um mich ſind, ſo wird ſie
glauben, daß ich keine Abſicht dabey habe.
Mich duͤnckt, du faͤngſt nunmehr an eine
beſſere Meynung von meinem Anſchlage zu be-
kommen. Jch wußte das ſchon zum voraus.
Ein anderes mahl erwarte gleich etwas wunder-
bares und verbanne alle Zweifel.
Und nun, Belford, wenn es ihr nicht nahe gehet,
daß ich mir eine Ader geſprenget habe, welches doch
bey einem ſo hitzigen Gebluͤte, als man bey mir ver-
muthet, ſehr gefaͤhrlich ſeyn kann; ſonderlich wenn
ich auf eine gelaſſene Weiſe meine bisherige Unruhe
fuͤr die Urſache dieſer Unpaͤßlichkeit ausgebe, und
dadurch ein deutliches Zeichen meiner Liebe, die Ge-
genliebe verdienet, gebe ‒ ‒ ‒ ‒
Und was willſt du denn thun, Schelm?
Jch will wenigere Gewiſſens Biſſe empfinden,
wenn ich Gewalt gebrauchen muß, denn die kann
kein Mitleiden verdienen, die ſelbſt kein Mit-
leiden empfindet.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/320>, abgerufen am 25.11.2024.
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